Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
versteckte Keira seine Waffen und verwandelte sich zurück. Ihr blieb nicht viel Zeit, um noch mögliche weitere Verbrecher ausfindig und unschädlich zu machen. Mit einem Fauchen lief sie los.
Als sein Telefon klingelte, hatte Lee sich gerade im Restaurant an einen Tisch gesetzt. Genervt gab er dem Kellner ein Zeichen, ihn allein zu lassen, und nahm das Gespräch an. »Ja?«
»Wir sind in Position. Sollen wir zuschlagen?« Die Stimme klang seltsam hoch und passte überhaupt nicht zu dem Mann, der eine Figur wie ein Catcher hatte. Lee hatte Lopez ausgesucht, weil er wusste, dass er keinerlei Skrupel besaß und seine Aufgaben immer erledigte.
»Wartet, bis es dunkel ist, sofern sie nicht versuchen, vorher wegzufahren. Ich möchte nicht, dass jemand bemerkt, was vor sich geht. Wer ist im Haus?«
»Ein Mann und zwei Frauen. Die Frauen haben wir anhand der Fotos als Marisa Pérèz und Isabel Kerrilyan identifiziert. Der Mann ist uns unbekannt.«
Einer der Wandler oder einfach nur ein Bekannter der Frauen? Es würde interessant sein, das herauszufinden. »Habt ihr noch jemanden in der Nähe gesehen?«
»Nein.«
Was aber nicht hieß, dass auch wirklich niemand da war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Wandler die beiden Menschenfrauen in solch einer Situation ungeschützt lassen würden. Vermutlich war irgendwo auf dem Grundstück jemand unterwegs, der nach Angreifern Ausschau hielt. »Macht euch darauf gefasst, dass ihr dort nicht alleine seid. Ihr werdet sie nicht sehen oder hören, bis sie direkt hinter euch sind.«
»Niemand kann sich an mich heranschleichen, ich bin ein Green Beret.« Lopez sagte es mit der Überzeugung eines Mannes, der kein Problem damit hatte, sich immer das zu holen, was er wollte, und der noch nie jemandem gegenübergestanden hatte, der sich davon nicht einschüchtern ließ.
»Auch kein Tier?« Er hatte Lopez nicht erzählt, dass Wandler existierten, aber er musste ihn zumindest warnen, dass er es nicht mit einfachen Menschen zu tun hatte.
Lopez stieß ein Schnauben aus, das mehr wie das Grunzen eines Schweines klang. »Ich habe einen Jagdschein und bisher noch alles erwischt, das mir vor die Flinte kam.«
»Das will ich auch hoffen. Enttäuschen Sie mich nicht, Lopez.«
Lopez lachte. »Ich bin der Beste in diesem Job, deshalb haben Sie mich auch damit beauftragt.« Irgendeine Stimme kam aus dem Hintergrund, und die Geräusche wurden gedämpfter, so als hätte Lopez seine Hand um das Handy gelegt. Schließlich räusperte er sich. »Ich muss hier eine Sache erledigen, ich melde mich wieder, wenn wir die Leute in unserer Gewalt haben.«
»Was geht da vor?« Als nicht sofort eine Antwort kam, senkte Lee die Stimme. »Denken Sie daran, wer hier die Rechnungen bezahlt, Lopez. Ich dulde nicht, dass Sie einen Fehler machen.«
»Einer meiner Männer meldet sich nicht über Funk, aber das ist kein Problem, wahrscheinlich legt er nur gerade eine Pinkelpause ein. Ich habe hier alles unter Kontrolle.« Damit beendete Lopez das Gespräch.
Nur mit Mühe bezwang Lee den Drang, das Telefon durch das Restaurant zu schleudern. Stattdessen legte er es ruhig auf den Tisch. Seine Finger krampften sich in dem Versuch um die Tischplatte, sich davon abzuhalten, aufzuspringen und selbst nach Nevada zu fahren. Auch wenn Lopez gewisse Fähigkeiten besaß, war es vielleicht doch ein Fehler gewesen, ihm das Kommando anzuvertrauen. Der Mann war eindeutig zu sehr von sich überzeugt und konnte sich nicht vorstellen, von jemandem besiegt zu werden. Und die Berglöwengruppe hatte schon mehrfach eindrucksvoll bewiesen, dass sie alles andere als wehrlos war. Marisa Pérèz stand eindeutig mit ihnen in Verbindung, und Isabel Kerrilyan konnte etwas von den Forschungen ihres Vaters mitbekommen haben, als sie damals einige Tage in Nevada war. Da sie anscheinend immer noch Kontakt zu Pérèz hatte, lag die Vermutung nahe, dass sie von der Existenz der Wandler wusste.
Lee hatte Stammheimers Tochter eine Zeit lang in Los Angeles beobachten lassen, war aber nicht tätig geworden, weil es so aussah, als hätte sie nach dem Tod ihres Vaters einfach nur ihr Leben wieder aufgenommen. Eine Schülerin konnte ihm nicht gefährlich werden – hatte er zumindest bisher gedacht. Vielleicht musste er seine Meinung revidieren. Wenn es Lopez gelang, die beiden Frauen und den unbekannten Mann festzusetzen, würde Lee die Gelegenheit erhalten, Isabel zu befragen – was ein interessantes Gespräch zu werden versprach. Sie war
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