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Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit

Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit

Titel: Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Raven
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stellte sich auf, als sie die Anwesenheit von anderen Lebewesen spürte. Seit Coyle und die beiden Menschenfrauen im Haus verschwunden waren, hatte sie sich die Zeit damit vertrieben, die Umgebung des Grundstücks zu kontrollieren. Es gab keine Zäune wie zur Straße hin, sondern nur eine natürliche Grenze aus Felsen, einem ausgetrockneten Bachlauf und einem Abhang. Jeder konnte sich hier ohne großen Aufwand dem Gebäude nähern – wenn er es geschickt anstellte, sogar ohne gesehen zu werden. Allerdings nur, solange kein Berg­löwenwandler das Grundstück bewachte, denn Keira konnte die Menschen allein durch ihren Geruch aufspüren. Bisher hatte sie noch keine richtige Fährte aufgenommen, aber sie spürte, dass etwas anders war als vorher. Sie duckte sich tiefer hinter die vertrockneten Gräser und sog tief die Luft ein.
    Ihre Nase kräuselte sich, als der unangenehme Geruch sie traf. Da war es. Immer noch geduckt schlich sie in die Richtung, aus der der Wind kam. Die weichen Sohlen ihrer Pfoten verursachten kein Geräusch. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Endlich hatte sie wieder eine sinnvolle Aufgabe, etwas, in dem sie gut war. Etwas, für das sie lebte. Es gab nicht mehr genug Deckung, deshalb entschied Keira, sich von oben einen Überblick zu verschaffen. Mit weiten Sprüngen erklomm sie die Rückseite der Felsen und suchte sich dann eine Spalte, durch die sie die Landschaft unter ihr beobachten konnte. Es dauerte nicht lange, bis sie den Menschen sah, der trotz seiner braun gemusterten Tarnkleidung in der Umgebung auffiel wie ein Berglöwe in der Stadt. Durch ein Fernglas beobachtete er das Haus, auf seinem Rücken trug er ein Gewehr. Verdammt, wenn sie Coyle und die anderen warnen wollte, musste sie einen weiten Umweg laufen. Allerdings konnte es durchaus sein, dass noch mehr Menschen hier waren, und sie es gar nicht schaffen würde, unbemerkt ins Haus zu gelangen.
    Damit blieb nur die Lösung, den Menschen daran zu hindern, dass er tat, was immer er auch vorhatte. Keira bleckte die Zähne. Nach all den Monaten der erzwungenen Untätigkeit konnte sie eine kleine Herausforderung gut brauchen. Außerdem schadete es auch sicher nicht, Finn zu zeigen, was sie konnte, und dass seine Entscheidung, sie bei dem Kampf im Adlerlager zurückzulassen, falsch gewesen war. Die Erinnerung an den Blick ihres Bruders versetzte ihr einen Stich. Entschlossen hob sie den Kopf und schob ihre Gefühle beiseite. Jetzt zählte nur noch die Jagd. Ruhig verließ sie ihren Ausguck und kehrte auf den Boden zurück.
    Die trockenen Gräser streiften ihr Fell, aber sie wusste, dass ein Mensch das Geräusch auf diese Entfernung nicht wahrnehmen konnte. Erst als sie in Hörweite war, pirschte sie sich lautlos heran. Die größte Tugend des Berglöwen war seine Geduld. Unhörbar konnten die Raubkatzen sich einer Beute annähern, einen Zentimeter nach dem anderen, bis sie nah genug waren, um sie in einem Satz anzugreifen. Keiras menschliche Seite war dafür zu ungeduldig, aber sie wusste, dass der Mann sie erst bemerken würde, wenn sie es wollte. Sie hatte überlegt, bis zum Einbruch der Dunkelheit zu warten, um ihre Chancen noch zu erhöhen, doch Coyle würde vorher aufbrechen wollen, und bis dahin musste jede Bedrohung ausgeschaltet sein. Der Gedanke, Coyle könnte verletzt oder vielleicht sogar getötet werden, ließ sie ihre Zähne zusammenbeißen. Auch wenn er eine andere Frau ihr vorgezogen hatte, wollte sie doch nicht, dass ihm etwas geschah.
    Keira näherte sich dem Mann, bis sie direkt hinter ihm kauerte. Auch wenn sie ihn am liebsten für immer beseitigt hätte, wusste sie doch, dass es ihnen nicht helfen würde, wenn der Tote mit den Bisswunden eines Berglöwen entdeckt wurde. Ohne einen Laut von sich zu geben, verwandelte sie sich und griff nach einem großen Stein. Als der Mann sich umdrehte und sie entdeckte, weiteten sich seine Augen. Ohne Vorwarnung schlug sie ihm den Stein gegen die Schläfe. Mit einem erstickten Schrei kippte er um und verlor das Bewusstsein. Keira beugte sich über ihn und kontrollierte, ob er noch lebte. Rasch zog sie ihn in tieferes Gebüsch, fesselte seine Hände und Beine mit den Kabelbindern, die sie in seinem Rucksack fand, und schlang ein Tuch um seinen Mund. Das sollte reichen, falls er aufwachte, bevor sie zum Haus vorgedrungen war. In seiner Westentasche entdeckte sie ein Funkgerät, also musste sie davon ausgehen, dass noch jemand anders in der Nähe war. Mit einem frustrierten Laut

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