Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
nötig sein sollte. Da er hockte, konnte sie nicht genau sagen, wie groß er war, aber er schien Coyles Statur zu haben.
»Hast du genug gesehen?« Seine Stimme war seltsam heiser und vibrierte in ihrem Innern.
Keira beschloss, die Sache hinter sich zu bringen, und verwandelte sich. »Ja, ich denke schon. Warum hast du mich angegriffen?« Sie konnte seinen Blick auf sich spüren, ihre Haut prickelte, während er sich genauso viel Zeit nahm, sie von oben bis unten zu betrachten.
Seine Mundwinkel hoben sich, als seine Augen ihre trafen. »Ich habe dich nicht angegriffen, sondern davon abgehalten, in eine Falle zu laufen. Ein zweiter Mann hat nur darauf gewartet, dass du auftauchst.«
Ihr Ärger brach sich Bahn. »Ich wäre schon mit ihm fertig geworden! Ich habe dich nicht gebeten, dich in meine Angelegenheiten einzumischen, Berglöwenmann.«
Eine Augenbraue hob sich. »Mein Name ist Sawyer, und ich halte es für meine Angelegenheit, wenn du in unserem Gebiet Menschen angreifst.« Sein Halblächeln verschwand, und er beugte sich vor. »Der andere Mann hatte ein Gewehr schussbereit auf die Stelle gerichtet, wo du aufgetaucht wärst. Sofern du kein kugelsicheres Fell hast, wärst du jetzt tot.«
Für einen Moment wusste Keira nicht, was sie sagen sollte. Sie brachte es nicht über sich, diesem … Sawyer recht zu geben oder sich sogar bei ihm zu bedanken. Langsam richtete sie sich auf. »Ich muss los.«
Eine große Hand schloss sich um ihren Arm. »Nicht so schnell. Du hast mir noch nicht erklärt, was du hier tust.«
»Wenn du deine Hand nicht verlieren willst, solltest du sie dort wegnehmen.«
Ein Grinsen blitzte auf, aber Sawyer war klug genug, sie loszulassen. »Okay, ich fasse dich nicht mehr an. Aber die Erklärung brauche ich trotzdem, sonst kann ich dich nicht gehen lassen.«
Keira starrte ihn wütend an. »Du könntest versuchen, mich daran zu hindern, aber du würdest verlieren.«
Sawyer senkte seine Stimme. »Das glaube ich nicht.« Er hob eine Hand, um sie an einer Antwort zu hindern. »Ich dachte, du hast es eilig, also fang endlich an zu reden.«
Da es tatsächlich zu lange dauern würde, den Berglöwenmann zu bekämpfen, und die Menschen in der Zeit vielleicht schon das Haus angriffen, beschloss sie, ihm die Kurzversion zu erzählen. »Meine Freunde bergen gerade Beweise für die Existenz von Gestaltwandlern aus dem Haus da drüben, und diese Menschen wollen sie offensichtlich daran hindern.«
»Und du sollst sie alleine aufhalten?«
Die Skepsis in seiner Stimme stachelte ihre Wut an. »Zwei von ihnen hatte ich bereits überwältigt, und bei dem dritten wäre mir das auch gelungen.«
»Oder du wärst dabei gestorben. Wir können dir helfen. Schließlich ist es auch in unserem Interesse, dass unsere Existenz nicht aufgedeckt wird. Aber ich erwarte dafür eine Gegenleistung.«
Keira wollte bereits ablehnen, doch dann schluckte sie die Worte hinunter. »Und die wäre?«
Sawyer lachte heiser auf. »Das fiel dir schwer, oder?« Er sprach weiter, bevor sie ihm das Grinsen aus dem Gesicht wischen konnte. »Ich will wissen, wer du bist, woher du kommst, was es genau mit den Beweisen auf sich hat und wer sie haben will.«
Da Finn immer noch versuchte, Verbündete bei anderen Wandlergruppen zu finden, unterdrückte Keira ihre instinktive Antwort und neigte den Kopf. »In Ordnung.« Sie blickte sich um. »Wie viele seid ihr?«
»Genug für drei Menschen. Sag mir deinen Namen!« Sie konnte seinen Blick fast körperlich spüren.
»Wenn die Menschen keine Bedrohung mehr darstellen.« Bevor er etwas erwidern konnte, verwandelte sie sich und verließ das Versteck.
Zufrieden registrierte sie das ungehaltene Grollen hinter sich. Wenn dieser Sawyer glaubte, sie würde alles machen, was er wollte, nur weil er etwas größer war als sie, hatte er sich getäuscht. Seine Hilfe konnte sie allerdings tatsächlich brauchen, deshalb wartete sie ein Stück weiter auf ihn. Der Ausdruck in seinen Augen sagte deutlich, dass er noch nicht mit ihr fertig war. Ein unerwarteter Schauer lief durch ihren Körper, den sie bewusst ignorierte. Jetzt musste sie sich ganz darauf konzentrieren, Coyle und den anderen zu ermöglichen, endlich mit den Beweisen das Haus zu verlassen und sie in Sicherheit zu bringen. Außerdem war Sawyer ein arroganter Mistkerl, und sie würde keinen weiteren Gedanken an ihn verschwenden, sowie sie ihn endlich losgeworden war.
Als könnte er ihre Gedanken hören, streifte Sawyer ihren Körper mit
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