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Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker

Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker

Titel: Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Raven
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in Bewegung.

20
    Gespannt beobachtete Lee die Reaktion der jungen Frau, als er einem der Berglöwen im Käfig einen elektrischen Schock verpasste. Isabel wurde schneeweiß, eine tiefe Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen. Wenn er sie nicht auf einem Stuhl festgebunden hätte, wäre sie zu Boden gesunken. Das Interessante daran war, dass sie die Käfige gar nicht sehen konnte und wegen der Kopfhörer auch das Fauchen und die gruseligen Schreie der Kreaturen nicht hören konnte. Woher also wusste sie, wann er einem der Tiere Schmerzen zufügte? Eine sehr interessante Frage, und er beabsichtigte, eine Antwort darauf zu bekommen.
    Es konnten keine Schallwellen sein, die sich auf ihre Haut übertrugen, denn sie saß völlig isoliert in einem anderen Raum. Trotzdem konnte er über seinen Monitor jedes Mal eine eindeutige Reaktion erkennen. Faszinierend. Er hatte bereits ihren Stammbaum nachprüfen lassen – sie war eindeutig ein Mensch. Ihre Mutter war in jeder Hinsicht gewöhnlich und ziemlich einfältig. Stammheimer dagegen war in seinem Bereich ein Genie gewesen, allerdings ebenfalls ein normaler Mensch. Wie er bewiesen hatte, besaß er auch keinerlei Skrupel, wenn es um seine Forschung ging. Nur erklärte das immer noch nicht, wieso Isabel den Schmerz der Wandler zu spüren schien. Für einen Moment gönnte er ihr und dem Tier eine Pause, dann schockte er es noch einmal. Diesmal zuckte sie sogar zusammen, ihre Zähne bohrten sich in ihre Unterlippe.
    Achtlos legte er den Stab beiseite und zog die Handschuhe aus. Für heute reichte es an Experimenten, nun würde er Isabel klarmachen, dass sie gegen ihn keine Chance hatte. Er würde ihr Geheimnis erfahren, freiwillig oder gegen ihren Willen, das war ihm letztlich egal. Wenn sie wirklich Wandler spüren konnte, war sie noch wertvoller für ihn als gedacht. Denn eigentlich wollte er mit ihrer Hilfe nur ihre Freunde anlocken, aber jetzt konnte er sie dafür benutzen, weitere Wandler ausfindig zu machen. Lee lächelte zufrieden. Ja, sie war wirklich ein guter Fang gewesen. Da Lopez sich noch nicht gemeldet hatte, ging er davon aus, dass der zweite Teil des Planes ebenso reibungslos verlief.
    Ein lauter Piepston riss ihn aus seinen Gedanken. Rasch trat Lee zur Türkonsole und blickte auf das Display. Sein Alarmsystem meldete einen Eindringling. Oh, gut, er hatte schon geglaubt, seine Hinweise wären zu schwierig für die Wandler gewesen. Allerdings war er nicht davon ausgegangen, dass sie bei Tageslicht auftauchen würden. Der Vorteil war jedoch, dass er nun nicht länger darauf zu warten brauchte, sondern sich gleich um die Angelegenheit kümmern konnte. Lee beobachtete, wie ein junger Mann das Gebäude betrat und nach kurzem Zögern den Gang hinunterging. Seine Bewegungen waren fließend, er wirkte fast wie eine Raubkatze auf der Pirsch. Lees Instinkt sagte ihm, dass es sich um einen Wandler handelte, aber warum schickten sie so einen jungen? Er hatte erwartet, dass gleich eine ganze Gruppe das Gebäude stürmen würde. Vielleicht sollte er die Lage ausspionieren.
    Ein Geräusch aus Isabels Zelle ließ ihn wieder auf den Monitor blicken. Wie erstarrt saß sie da, die Augen weit aufgerissen. Sie sagte etwas, doch er konnte nicht hören, was es war. Fast so etwas wie Verzweiflung lag in ihrer Miene. Sein Blick glitt zurück zu der Überwachungskamera, die gerade einfing, wie der junge Mann zielstrebig auf sie zukam. Je näher er kam, desto unruhiger wurde Isabel. Sie versuchte sogar, sich von den Fesseln zu befreien, obwohl sie doch wusste, dass die Tür zu ihrem Raum abgeschlossen war. Wer immer der Fremde auch sein mochte, es war offensichtlich, dass Isabel stark auf ihn reagierte. Sehr interessant. Nun, dann wurde es wohl Zeit, ihn zu ihrer kleinen Party einzuladen.
    Lee wartete, bis der Mann den Fahrstuhl betreten hatte, und ging auf den Gang hinaus. Als er die Ziffer für das Untergeschoss aufblinken sah, drückte er auf den Knopf. Ohne Schlüssel wäre der Fremde nie in den Keller gekommen, doch wenn jemand in einem anderen Stockwerk den Fahrstuhl rief, war das nicht nötig. Gespannt erwartete Lee seinen Gast, als ein leises »Ping« ertönte und seine Ankunft ankündigte. Die Tür glitt auf und Lee richtete die Pistole auf den jungen Mann, bevor dieser überhaupt registrierte, dass er da war.
    »Komm heraus. Langsam.«
    Es war keine Angst in den grünbraunen Augen zu erkennen. Eher Wut und Hass. »Wo ist sie?« Der Junge machte einen Schritt auf ihn zu.

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