Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
solches Gebäude gehen würde, aber es ging um Isabels Leben. Seine Muskeln spannten sich an, als er die Tür aufschob. Dass sie nicht verschlossen war, machte ihn noch nervöser. Vielleicht gehörte es zur Methode des Verbrechers, es so wirken zu lassen, als hätte er nichts zu verbergen. Oder er wusste, dass er jeden Eindringling ohne Probleme zur Strecke bringen konnte.
Langsam betrat Bowen das Gebäude. Ein großzügiges Foyer führte in das hell erleuchtete Innere, auf beiden Seiten gingen Gänge davon ab und an der rechten Wand befand sich ein Fahrstuhl. Bowen hatte das seltsame Gefühl, nicht allein zu sein, aber es war niemand zu sehen. Er schloss die Augen und versuchte herauszufinden, wo sich Isabel aufhielt. Als ihr Schmerz durch seinen Kopf dröhnte, zuckte er zusammen. Mit zusammengebissenen Zähnen zwang er sich, die Verbindung aufrechtzuhalten. Isabel sollte spüren, dass er da war und sie die Sache nicht alleine durchstehen musste. Schließlich glaubte er, eine Richtung ausmachen zu können, und betrat einen der Gänge. Zu beiden Seiten befanden sich Türen, dumpf hallten seine Schritte auf dem graumelierten Steinfußboden. Der Korridor wirkte harmlos, nichts deutete darauf hin, dass sich hinter den verschlossenen Türen vermutlich furchtbare Dinge abspielten. Die Totenstille in dem Gebäude machte ihn nervös. Sollten in so einem großen Gebäude nicht Hunderte von Menschen arbeiten? Wo waren sie alle?
Bowen schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich ganz darauf, Isabel zu finden. Langsam folgte er dem Korridor, jederzeit darauf gefasst, entdeckt zu werden. Isabels Schmerz wurde immer stärker, je näher er ihr kam. Er wollte sie befreien, aber es war ihm klar, dass ihm das nicht gelingen würde. Ohne großen Plan war er losgerannt, als er die Ungewissheit und Isabels Schmerzen nicht mehr ausgehalten hatte. Vermutlich war das furchtbar dumm gewesen, aber er hatte sich nicht mehr gegen den Drang wehren können, bei Isabel zu sein. Vielleicht konnte er durch seine Nähe zu ihr durchdringen und ihr wenigstens moralische Unterstützung geben, damit sie durchhielt, bis Keira und die anderen sie befreiten. Hoffentlich würde das bald geschehen, denn er konnte fühlen, wie Isabel schwächer wurde.
Da sie über ihre geistige Verbindung keine Wörter oder gar Sätze austauschen konnten, sandte Bowen einen konstanten Strang von Bildern an Isabel. Er selbst in diesem Gebäude, auf dem Weg zu ihr, Keira und Sawyer im Wald, Caruso, der von der Sorge um sie gezeichnet war. Neben dem Schmerz konnte er ihre wachsende Furcht spüren und er beschleunigte seine Schritte. Inzwischen war er sich sicher, dass Isabel seine Anwesenheit bemerkt hatte. Es fühlte sich so an, als versuchte sie, ihn aufzuhalten, doch er konnte nicht mehr zurück, er musste sie einfach sehen und endlich bei ihr sein. Nachdem er ein paarmal abgebogen war, stand er schließlich vor einer Glastür, die zu einem Treppenhaus führte. Bowen wollte sie aufstoßen, doch sie blieb verschlossen. Anscheinend handelte es sich um eine Brandschutztür, die sich nur von innen öffnen ließ. Verzweifelt sah er sich um und machte dann kehrt, rannte den Gang zurück, quer durch das Foyer auf den Fahrstuhl zu.
Noch einmal überprüfte er die Richtung, in der er Isabel spürte. Sie befand sich eindeutig unter ihm. Zögernd betrat er den Fahrstuhl und drückte auf den Knopf für das Untergeschoss. Nichts passierte. Verzweifelt blickte Bowen die Knöpfe an. Er war noch nie in einem solchen Teil gewesen, aber er wusste aus dem Internet, dass die Knöpfe für die einzelnen Stockwerke standen, und da der Knopf darüber leuchtete, musste es der darunter sein. Noch einmal drückte er, aber auch diesmal rührte sich nichts. Vielleicht war er kaputt? Es dauerte einen Moment, bis er das Schlüsselloch neben der Knopfreihe bemerkte und den Sinn verstand. Ohne den passenden Schlüssel konnte er in kein anderes Stockwerk gelangen. Kein Wunder, dass es keine Wachleute im Gebäude gab: Es kam sowieso niemand dorthin, wo dieser Lee anscheinend seine Gefangenen quälte.
Mit der Faust schlug Bowen gegen die metallene Wand des Fahrstuhls. Verdammt! Er senkte den Kopf und versuchte, seine viel zu schnelle Atmung zu beruhigen. Es brachte nichts, wenn er ausflippte, ganz im Gegenteil. Nur wenn er die Ruhe bewahrte, konnte er sich überlegen, wie er zu Isabel gelangte. Gerade als er die Kabine wieder verlassen wollte, schlossen sich die Türen und der Fahrstuhl setzte sich
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