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Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: St John Greene
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wenn ich einen Moment zu Ihnen reinkomme?« Er sagte das in ganz eindringlichem Ton, und seine Hände zitterten. Und mir wurde schlagartig klar, dass ihn mein Ausbruch nicht im Geringsten verärgert, das Unwetter ihm aber einen fürchterlichen Schrecken eingejagt hatte. »Ich habe noch nie ein Gewitter erlebt«, erklärte er mit bebender Stimme. »Zwei Palmen auf dem Hotelgelände sind vom Blitz getroffen worden. Ihre Wurzeln haben Feuer gefangen. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Hier regnet es normalerweise nicht.«
    »Ich kann mich gar nicht genug für die Verwirrung entschuldigen«, sagte ich und bedeutete ihm einzutreten. »Bitte kommen Sie herein. Und bei euch Jungs muss ich mich auch entschuldigen. Nun kommt schon, ihr beiden, und nehmt euch ein Stück Kuchen.«
    Reef bedachte mich mit einem wenig beeindruckten Blick, und selbst Finn brauchte ein paar Minuten, um das Durcheinander zu verarbeiten.
    »Wir machen alle Fehler«, erklärte ich ihnen. »Aber seid jetzt nicht sauer deswegen. Am besten nimmt man eine Entschuldigung an, gibt sich die Hand oder drückt sich und lässt es gut sein.«
    Finn nickte schweigend und umschlang mich mit seinen kleinen Armen, Reef tat es ihm wenig später nach. Es war die schnellste aktenkundige Umarmung, da der klebrige Schokoladenkuchen wartete, aber ich war dankbar dafür.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Finn«, sagte ich. »Ich denke, den wirst du so schnell nicht vergessen.«
    Als der Kellner schließlich seinen Mut zusammennahm und wieder nach draußen ging, verwandelten die Regentropfen sich plötzlich in riesige Hagelkörner. Sie waren so groß wie Pfundmünzen. Ich hatte schon viele Unwetter erlebt, aber kein so dramatisches.
    Kopfschüttelnd schaute ich hoch zum Himmel. Nur gut, dass ich nicht wirklich an ein Leben danach glaube, sagte ich mir. Wenn dem so wäre, dann müsste ich davon ausgehen, dass Kate dahintersteckte. Sie machte ihrer Wut Luft, nicht an Finns Geburtstag dabei sein zu dürfen, das jedenfalls würde manch einer denken. Oder dass Kate das Donnerkrachen verursacht hatte, weil sie vor Lachen von ihrer Wolke gefallen war, nachdem ich mich derart blamiert hatte. An Dinge dieser Art glaubte ich eigentlich nicht, aber das Timing war so verrückt, dass man durchaus auf merkwürdige Ideen kommen konnte.
    Am nächsten Morgen war der Himmel wieder blau. Irgendwie hatte ich das geahnt. Die Sonne strahlte hell, und die ruhige stille Luft roch wie reingewaschen. Es war ein neuer Start für den Urlaub, und wir kehrten zu dem zurück, was wir am besten konnten: Das Beste daraus machen. Während mein Bruder die Jungs mit Wasserpolo bei Laune hielt, setzte ich mich an den Strand.
    Die unbewegte Luft war ein wenig beunruhigend. Ich sah die verbrannten Wurzeln der Palmen, die vom Blitz getroffen worden waren, und musste ständig an dieselbe Redewendung denken: »Nach dem Regen kommt Sonnenschein.« Es fühlte sich definitiv an wie der Sonnenschein nach dem Sturm, aber von diesem Gefühl hatte ich mich schon einmal überrumpeln lassen, daher traute ich ihm nicht. Ich konnte nur hoffen, dass kein neuer kam.
    Ich saß im Sand und schaute auf den leeren Platz neben mir. Nicht in einer Million von Jahren hätte ich mir vorstellen können, dass Kate so jung sterben würde. Sie hatte es nicht verdient, nur so kurz leben zu dürfen. Wieder wanderten meine Gedanken zu dem Tag zurück, als Kate und ich bei uns zu Hause am Strand saßen, nachdem Reefs Behandlung endlich abgeschlossen war und er entgegen aller Vorhersagen gedieh. »Wir haben es geschafft!«, frohlockte Kate, und wir waren beide davon überzeugt. Wir hatten die Blitze überlebt und über so viele Jahre hinweg viele Feuer gelöscht. Die Ärzte hatten mit Medikamenten und der Operation dafür gesorgt, dass sich Reefs Krebs nicht weiter ausbreitete, und wir genossen alle die verdiente Ruhe. Wir konnten nicht ahnen, dass dieser Sonnenschein nach dem Sturm in Wahrheit die Ruhe vor dem nächsten Sturm war – dem verdammten Gewittersturm von Kates Tumorerkrankung. Und wenn nun schon der nächste Donnerschlag oder Blitz darauf wartete zuzuschlagen? Wäre ich allein in der Lage, mit einem weiteren Schicksalsschlag klarzukommen?
    Ich legte mich zurück und schloss die Augen. »Was wäre wenn?« war eine dumme Frage. Alles war möglich, sagte ich mir. Ich hatte Reef erklärt, dass es keinen Sinn hatte, die »Was wäre wenn«-Frage zu stellen, und das war richtig gewesen. Es war eine

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