Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
ebenfalls einen silbernen Armreif. Er war dicker als die anderen. Ich bedankte mich dafür und streifte ihn mir zu den anderen übers Handgelenk. Jedes Mal, wenn Kate aufkreuzte, fragte sie mich, ob ich den Reif noch hatte.
»Der ist hier«, antwortete ich ihr. »Ich trage ihn jeden Tag.«
»Gut«, sagte sie und lächelte dabei geheimnisvoll. »Verlier ihn nicht. Du weißt nie, ob du ihn nicht mal brauchst.«
Im Lauf der Monate wurden wir gute Freunde, plauderten bei einer Cola oder einem Kaffee in den verschiedenen Freizeitzentren, wann immer Kate es schaffte, sich aus dem Haus zu schleichen. Kates Absichten waren immer glasklar, aber wir bauten eine sehr angenehme Freundschaft auf, schwatzten wie alte Kumpel, und Kate erteilte mir sogar Ratschläge, wie ich meine Freundinnen behandeln sollte. Sie war offen und aufrichtig, und Gespräche mit ihr vermittelten einem Romeo wie mir echte Einblicke in die Funktionsweise des weiblichen Gehirns.
»Ich sollte dir das gar nicht alles erzählen, denn eines Tages werde ich deine Freundin sein, und dann bin ich ein offenes Buch für dich«, scherzte sie.
»Also wenn das kein Spaß wäre«, frotzelte ich zurück.
Obwohl ich von Kate angetan war und sie das auch wusste, stand ein Ausgehen mit ihr, bevor sie sechzehn war, einfach nicht zur Debatte. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, wie oft ich ihr das erklären musste, aber im Lauf der Zeit akzeptierte sie es. Nichtsdestotrotz funkte es zwischen uns immer lebhaft und körperlich spürbar.
Nach vielen Monaten saß ich eines Abends allein im Haus meines Vaters, nachdem ich mich mit meiner festen Freundin verkracht hatte. Ich war gerade von der Arbeit nach Hause gekommen und legte sämtliche Silberarmreifen ab und vor mich auf den Couchtisch. Der, den Kate mir geschenkt hatte, rollte über das Glas, vollführte eine kleine Drehung, umkreiste die anderen und blieb klappernd vor mir liegen. Ich nahm ihn in die Hand und untersuchte ihn, weil mir eine Gravur in der Innenseite ins Auge fiel. »Katie Johnson« stand da, gefolgt von ihrer Telefonnummer und den Worten »Ruf mich an! x«. Ich lachte lauthals. Wenn das nicht dreist war? Ich wählte sofort Kates Nummer, und zum Glück ging sie auch selbst dran. Als ich sie fragte, wie es ihr ging, musste sie vor Aufregung nach Luft schnappen.
»Fantastisch! Ich bin endlich sechzehn!«, erwiderte sie und versuchte leise zu sprechen, damit ihre Eltern sie nicht hörten. »Du kannst mit mir ausgehen, Singe!«
»Dann ist es ein Date«, sagte ich. »Wann können wir uns treffen?«
»Ich weiß es nicht. Meine Mum und mein Dad werden nach wie vor nicht begeistert sein, wenn wir uns sehen«, flüsterte sie. »Wir werden uns heimlich treffen müssen.«
Ich willigte ein, obwohl es nicht ideal war, und Kate traf sich mit mir vor einem der Freizeitzentren, für die ich arbeitete, nach einer meiner Coachingstunden. Sie hatte sich eine ausgeklügelte Geschichte zurechtgelegt, um ihre Eltern von der Spur abzulenken, und im Laufe der folgenden Wochen schafften wir es, uns in verschiedenen anderen Freizeitzentren, Cafés und selbst Bushaltestellen auf einen Kuss und ein wenig Knutschen zu treffen, ehe ihre Eltern unser Spiel durchschauten. Diesmal verboten sie Kate nicht nur das Rollschuhfahren, sondern jegliche weitere Kontaktaufnahme mit mir.
Hysterisch schluchzte sie ins Telefon: »Ich ertrage es nicht, Singe, dich nicht mehr zu sehen«, sagte sie theatralisch.
»Jetzt reg dich nicht auf«, ermahnte ich sie. »Wir werden uns was einfallen lassen. Wir müssen einfach eine kleine Pause einlegen, mehr nicht.«
Damit wollte ich sie nicht abservieren. Ich wollte wirklich mit ihr zusammen sein, aber ich hielt es für das Beste, abzuwarten, bis sich die Wogen geglättet hatten.
»Gib dem Ganzen ein wenig Zeit, Katie, es ist kein Weltuntergang. Wir werden irgendwie wieder zusammenkommen, da bin ich mir ganz sicher.«
Kate war enttäuscht, mehr als ich erwartet hatte, aber auch ich war ziemlich verschnupft. Ich traf mich mit einer Reihe anderer Mädchen, aber die Situation hatte sich verändert. Kate war immer in meinem Hinterkopf. Immer öfter ertappte ich mich dabei, dass ich an sie dachte, mich fragte, wie es ihr wohl gehen mochte, und hoffte, dass ich recht damit hatte und wir eines Tages wirklich richtig zusammenkommen würden.
Es vergingen ein paar Monate, bevor wir uns zufällig wieder über den Weg liefen. An diesem Tag fand in Clevedon eine Kirmes mit Fahrgeschäften statt, und ich
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