Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
ohne Befund«, teilte er mir mit einem Lächeln mit.
Ich muss sagen, dass meine Erleichterung meine Freude überwog. Vielleicht war ich zu müde, um zur Feier des Tages Räder auf dem Korridor zu schlagen, oder vielleicht kam auch mein Selbstschutzinstinkt zum Tragen. Wir hatten auch Kates Krebs für besiegt gehalten, doch dann war er zurückgekommen. Ich hatte gelernt, mich von beruhigenden Untersuchungsergebnissen lieber nicht mitreißen zu lassen, weil man nie weiß, was einen an der nächsten Ecke erwartet. Die Worte »ohne Befund« waren zweifellos ermutigend, aber seit wir mit Reefs Behandlung begonnen hatten, waren erst vier Jahre vergangen. Seine Remission war noch nicht offiziell, und ich wusste nur zu gut, dass ein »ohne Befund« nach der wichtigsten Untersuchung nach fünf Jahren weitaus bedeutsamer wäre.
»Es ist ein tolles Ergebnis«, berichtete ich Ruth später.
»Du musst doch vor Freude ganz außer dir sein, Singe«, erwiderte sie.
»Ja, es sind ganz hervorragende Nachrichten«, sagte ich, obwohl meine Freude ganz und gar nicht ungetrübt war. Natürlich freute ich mich für Reef, aber ich vermisste Kate so sehr. Ich wünschte mir, sie könnte unseren kleinen Jungen in ihre Arme nehmen und ihn küssen und ihm sagen, wie tapfer er war. Dachte daran, wie schön es wäre, wenn sie selbst sehen könnte, dass wir uns immer weiter von dem Alptraum wegbewegten, der vor mehr als fünf Jahren begonnen hatte, aber das war unmöglich. Kate befand sich nicht einmal mehr auf dem Schrank. Ich war völlig auf mich allein gestellt, und sie hatte diesen ermutigenden Schritt nach vorn verpasst.
Am nächsten Tag fuhren wir in unseren Osterurlaub. Ich hatte eingewilligt, mit den Jungs zum Wohnwagenurlaub im Ruda Holiday Park an der Croyde Bay, Devon, zu fahren, wo wir uns mit noch etwa zwanzig anderen Mitgliedern von Kates Familie treffen würden. Kate liebte diese Art von Urlaub, weil daran glückliche Erinnerungen an ihre Kindheit geknüpft waren.
Ich hasse Wohnwagenurlaube. Weshalb man freiwillig in einer Kiste auf einem Feld schläft, wenn man daheim im eigenen bequemen Bett liegen könnte, hat sich mir nie erschlossen. Für mich sind Urlaube dazu gedacht, sich verwöhnen und nach Strich und Faden bedienen zu lassen. Wohnwagenurlaube erinnerten mich an Arbeit, denn ich hatte zahllose Campingreisen für Studenten des Duke of Edinburgh Award organisiert und auch durchaus genossen, aber derart primitiv zu leben gehörte nicht zu den Dingen, die ich mir für meine Freizeit vorstellte.
Ich kann mich noch gut an den letzten Wohnwagenurlaub mit Kates erweiterter Familie erinnern. Das war Ostern 2008, und wir waren völlig ausgelaugt, nachdem wir Reef praktisch drei Jahre lang während seiner Chemotherapie und Bestrahlungsbehandlung gepflegt hatten. Finn war inzwischen ein äußerst ungestümer Zweijähriger. Ich erinnere mich an meinen völlig angeschlagenen Zustand, während wir den Wagen mit lächerlich viel Zeug vollpackten. Es war schon in den besten Zeiten nicht einfach, für eine Campingreise zu packen, aber mit zwei sehr kleinen Kindern brauchten wir alles, vom Reisebett über Fläschchen und Windeln für Finn zu Reinigungstüchern, Spielsachen und einer wahnwitzigen Sammlung von Medikamenten für Reef. Beide Jungs machten, kaum dass ich den Motor angeworfen hatte, Ärger und traten schreiend von hinten gegen unsere Sitze und verlangten was zu trinken.
»Ich weiß nicht, warum ich mich darauf eingelassen habe«, herrschte ich Kate an. »Ich muss völlig verrückt gewesen sein!«
Kate sah mich bestürzt an und versuchte mich zu beruhigen.
»Es wird uns gefallen, wenn wir erst mal dort sind«, beschwichtigte sie. »Die Abwechslung wird uns allen guttun. Ich weiß es ja zu schätzen, Singe, dass du dich drauf einlässt.«
»Okay, aber es ist das allerletzte Mal, dass ich das mitmache!«, schnaubte ich.
Endlich schliefen die Jungs ein, während Kate und ich einander ignorierten. Nach einer Weile, als der Motor sich auf halber Strecke zu unserem Ziel den Telegraph Hill hinaufquälte, unterbrach ein extrem lautes Geräusch das frostige Schweigen. Auf dieser Steigung waren mir schon etwa drei Kupplungen durchgebrannt, und ich erkannte die warnenden Geräusche auf Anhieb. Kurz darauf kamen wir mit einem dumpfen Laut abrupt zum Stehen, und aus dem Motor quoll Rauch hervor.
»Ich fass es nicht!«, polterte ich. »Das hat uns gerade noch gefehlt! Jetzt bleiben wir auch noch liegen!«
Beide Jungs wurden wach und
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