Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: St John Greene
Vom Netzwerk:
rührende, persönliche Details ihres Lebens, maß ihnen aber nicht die gleiche Bedeutung bei wie den Anweisungen und Bitten, die sie einfügte. Jetzt sah ich sie in einem anderen Licht. Es waren unglaublich wichtige Gedächtnisstützen, ohne die wir im Lauf der Zeit vielleicht vieles vergessen würden, was mit Kate zu tun hatte. Es waren Dinge, die ich den Jungs jederzeit erzählen konnte, wichtige Erinnerungen an Kate, die uns unser Leben lang begleiten würden.
    Ich starrte lange auf ihre Liste. Zum ersten Mal fiel mir auf, dass Kate die Vergangenheitsform wählte, wenn sie von sich sprach. Sie wusste, dass es kein Wenn gab, als ich sie fragte: »Und wenn du mich verlässt?« »Wenn« war ein Wort, das sie nicht benutzte. Sie wusste lange vor mir, dass die Frage nur noch lauten konnte, wann sie mich verließ.
    Ich holte tief Luft und dachte daran, wie stark und tapfer sie gewesen war. Meine Fürsorge für Reef und Finn würde ein Leben dauern, und deshalb bestand keine Notwendigkeit, irgendwas auf der Liste zu überstürzen. Es würde Kate nicht gefallen, wenn ihre Liste schnellstmöglich abgehakt wurde, und dieser Gedanke tröstete und befreite mich.
    Noch etwas fiel mir ins Auge: »Mummy mochte Spaziergänge am Strand und in den Mendip Hills, das Erforschen von Felsentümpeln und Waldspaziergänge und freute sich über jedes Geschöpf, das sie fand.« Priddy war immer unser liebster Platz in den Mendips. Dort gibt es natürliche Quellen, und wenn man weiß, wo man suchen muss, findet man jede Menge Blutegel, Kröten, Frösche, Eidechsen, Schlangen und Molche.
    »Wir brauchen gar keine Decke, das Gras ist wie eine Decke!«, hatte Kate kichernd gesagt, als ich mit ihr in der Anfangszeit unserer Liebe zum ersten Mal dorthin gefahren war.
    »Weißt du denn, warum es so weich ist?«, fragte ich sie.
    »Nein, erzähl es mir.«
    »Es gibt hier Millionen von Kaninchen, und die haben das Gras abgeknabbert, sodass es immer wie frisch gemäht aussieht.«
    Diese Vorstellung entzückte sie.
    »Wo ist der beste Ort, um nach Blindschleichen zu suchen?«, fragte sie. »Ich liebe nämlich Blindschleichen.«
    Kate war außergewöhnlich. Ich liebte diese erdverbundene Seite an ihr, die sie auch nie verlor. Jahre später, als ich Kurse durchführte, unternahm ich mit Gruppen Mountainbiketouren in Priddy. Kate half mir, interessante Routen auszuarbeiten, die immer einen großen Bogen um die Areale mit kostbarer Fauna machten, damit der natürliche Lebensraum geschützt blieb. In den letzten Jahren verwöhnten wir uns von Zeit zu Zeit mit besonderen Picknicks, die wir dort abhielten. Ich machte Saucisson-Sandwiches mit unserem knusprigen Lieblingsbrot, dem Tiger Bread, und Butter, und wir holten dann die Champagnerflasche aus dem Handschuhfach des Autos und kühlten sie zwischen den Gräsern der Quelle, bis sie eiskalt war.
    »Wer fährt?«, fragte Kate beim letzten Mal.
    »Ich«, erwiderte ich.
    »Dann nur ein Glas für dich, Singe.«
    »Abgemacht, aber du weißt schon, was das bedeutet?«, sagte ich.
    Kate gluckste. Es bedeutete, dass sie sich einen Schwips antrinken konnte und ich sie zu Bett bringen musste.
    »Abgemacht«, sagte sie und beugte sich über mich, um mich so leidenschaftlich zu küssen, wie wir das auch vor Jahrzehnten getan hatten, als wir beim mitternächtlichen Picknick auf einer Decke lagen.
    Es machte uns beiden Freude, die Jungs bei der Erforschung der Priddy Pools anzuleiten, dem perfekten Ort für Kinder.
    »Warum suchen wir denn hier, es gibt doch gar nichts zu sehen«, sagte Reef einmal.
    »Dann komm mit mir«, entgegnete Kate und nahm ihn bei der Hand. »Lass uns mal diesen Stein anheben und darunter nachschauen, sollen wir?«
    Und Reefs Gesichtchen strahlte, als er die vielen Käfer sah, die seine Mummy aufgedeckt hatte.
    »Jetzt kannst du wohl nicht mehr sagen, dass es hier nichts zu sehen gibt, oder? Sollen wir jetzt nach Schlangen suchen? Einige hier sind giftig, die meisten aber nicht. Ich werde dir beibringen, wie du sie unterscheiden kannst …«
    Beide Jungs waren begeistert von Priddy, aber aufgrund der Ereignisse der letzten Zeit dürfte wohl ein ganzes Jahr vergangen sein, seit wir das letzte Mal dort ein Picknick veranstaltet hatten. Auf jeden Fall war ich seit Kates Tod mit den Jungs nicht mehr dort gewesen.
    »Sollen wir mal wieder zum Picknicken nach Priddy fahren?«, rief ich die Treppe hoch. Finn hörte sofort zu trommeln auf.
    »Jaaaa!«, schrien sie beide herunter.
    »Kann Kirsty

Weitere Kostenlose Bücher