Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
mich zum Kino oder zum Essen geschleppt, wann immer sie konnte. Sie wusste, wie man sich fühlte, wenn man alleinerziehend war. Seit ihrer Scheidung hatte sie sich ganz hervorragend um ihre beiden Jungs im Teenageralter gekümmert, und ich bewunderte sie sehr. Wir standen uns bereits sehr nahe, als Kate noch lebte. Jetzt war mein Verhältnis zu ihr wie das zu einer Schwester, die an mir herumnörgelte, mich schikanierte, vor allem aber jeden meiner Schritte überwachte.
Ich zeigte ihr zwei Fotos von attraktiven Frauen, begleitet von begeisterten kleinen Textnachrichten auf meinem Telefon. »Was meinst du, Singe … ist doch perfekt, oder?!!«, lautete eine.
Eine andere, zu der ein lustiges Foto von einer blonden Frau gehörte, die ein albernes Gesicht zog, lautete: »Reizende Lady für dich … total übergeschnappt wie du!«
Ruth studierte die Fotos und las die Nachrichten.
»Du solltest einfach mal was mit ihnen trinken gehen, einen Abend lang ausgehen, dann siehst du schon, was passiert«, sagte sie. »Selbst wenn sich nichts ergibt, tut es dir gut, mal Gesellschaft zu haben.«
»Du hast wie üblich recht«, sagte ich zögernd und schloss sie in meine Arme. »Was täte ich ohne dich?«
Dank Ruth und der »Mütterarmee«, die es sich auf ihre Fahnen geschrieben hatte, mich vor meinem Alleinsein zu retten, machte ich mich nach und nach mit der Idee vertraut, dass ich, auch wenn ich keine andere Kate fand, wenigstens Spaß haben könnte, es zu versuchen.
In der Woche nach dem Picknick in Priddy willigte ich endlich ein, mit der frisch geschiedenen Freundin einer Freundin was trinken zu gehen. Kirsty kam zum Babysitten zu uns, und ich brachte die Jungs ins Bett. Wieder einmal gelang es Reef, mich zu verblüffen, diesmal mit seinem bisher spektakulärsten Schlag.
»Wann werden wir eine neue Mummy bekommen?«, fragte er allen Ernstes und sah mir dabei direkt in die Augen.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte ich ruhig und mit ausdrucksloser Miene, weil mir nichts Besseres einfiel.
Finn sah mich erwartungsvoll an und zog seine Brauen hoch, als wollte er mich zu einer Antwort drängen.
»Ihr seid mir ein Paar«, stotterte ich leicht nervös, um die Stimmung aufzulockern. »Ich tue mein Bestes, seid ihr damit zufrieden?«
Sie nickten beide und lächelten.
»Okay, Daddy. Aber beeil dich lieber!«, sagte Reef und zog sich die Decke über den Kopf, bevor er loskicherte.
Finn stimmte in das Gelächter ein, und ich musste einfach mitlachen. Ich brach fast federnden Schrittes auf, weil mir neben Kates Segen, eine andere Frau kennenzulernen, nun auch der der Jungs gewiss war.
Als ich an diesem Abend mein »Date« traf, hatte ich gar nicht das Gefühl, eine Verabredung zu haben. Wir plauderten sehr freundschaftlich über unsere Kinder, ihre Schulen, unsere Jobs und Pläne für den Sommer und darüber hinaus. Ich erzählte ihr, dass ich mich in der Schule der Jungs noch mehr einbringen wollte, und wir unterhielten uns über die Aufgaben von Schulbeiräten.
»Kate wollte, dass ich noch mehr Aufgaben an der All Saints übernehme«, sagte ich, ohne dass es mir unangenehm war, denn auch sie erwähnte ihren Exmann mehrmals.
Wir genossen die Gesellschaft des anderen, konnten lachen und kamen überein, dass wir uns vielleicht mal wieder treffen würden. Auf der Heimfahrt war ich froh, diesen Sprung gewagt zu haben. Sie war eine unterhaltsame Dame, und wir hatten einen netten Abend verbracht, obwohl ich gemerkt hatte, dass es für mehr nicht reichte. Dieses Gefühl war gegenseitig, und somit war alles gut.
»Und?«, fragte Ruth mich am nächsten Tag am Telefon. »Wie lief es mit deinem Date?«
»Gut«, sagte ich aufrichtig.
»Nur ›gut‹?«, hakte Ruth nach.
»Ja«, sagte ich. »Und gut reicht mir. Ich habe den Abend genossen. Wenn man mit über vierzig zum ersten Mal mit jemandem ausgeht, ist das nicht ganz dasselbe wie als Teenager.«
Ruth lachte. »Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen, Singe. Aber ich bin froh, dass du den Versuch gewagt hast. Kate wäre sehr zufrieden.«
Wenn sie neben mir gestanden hätte, hätte ich Ruth jetzt in meine Arme geschlossen. Sie sagt immer das Richtige und bringt die Dinge auf den Punkt, und genau das tat mir gut an diesem Tag.
»Du bist einfach fantastisch, Ruth«, sagte ich.
Im Laufe der folgenden Wochen traf ich die Entscheidung, für den Vorsitz des Elternbeirats von All Saints zu kandidieren. In dieser Position könnte ich mich stärker für die Erziehung der Jungs
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