Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
mitkommen?«, schob Reef nach.
Kirsty ist unser Babysitter und ein toller Kumpel. In den vergangenen Monaten war sie uns eine große Hilfe, und die Jungs lieben sie über alles. Sie ist gerade mal Anfang zwanzig und bringt immer frischen Wind mit. Auch Kate hatte sie sehr gern.
»Ich werde sie anrufen«, sagte ich, ohne zu zögern, und wählte Kirstys Nummer.
»Natürlich komme ich mit, Singe, ich freu mich drauf!«, sagte Kirsty sofort. »Danke für die Einladung. Das wird bestimmt lustig. Sag den Jungs, dass ich es gar nicht erwarten kann.«
Spontane Unternehmungen waren mir die liebsten. Auf diese Weise sind Kate und ich auch zu einigen unserer unvergesslichen Picknicks gekommen, und auch dieses sollte ein großer Erfolg werden. Ich glaube, es half uns allen sehr, dass Kirsty dabei war. Nicht nur freute ich mich über die erwachsene Gesellschaft, zusätzlich waren wir durch sie davor gefeit, dass dieser Ausflug zu einer Wiederholung der Picknicks wurde, die Kate und ich dort erlebt hatten. Kirsty machte sich nicht auf die Suche nach Blindschleichen oder Schlangen oder vierblättrigen Kleeblättern, und wir aßen auch keine Saucisson auf Tiger Bread. Es war einfach nur ein fröhlicher Tag im Freien, zwar von Erinnerungen ausgelöst, aber nicht von ihnen beherrscht. Die Jungs rannten in der frischen Luft umher, ich forderte sie heraus, Jagd auf Käfer zu machen, und wir alle genossen einfach nur den Sonnenschein.
Irgendwann nahm Kirsty beide Jungs an der Hand und spazierte mit ihnen zur Quelle. Da legte ich mich zurück auf das von den Kaninchen abgeknabberte Gras und schloss meine Augen. Ich spürte die Wärme der Sonne auf meinen Lidern und konnte zum ersten Mal seit einer Ewigkeit richtig entspannen. Es gab keine Krankenhausbesuche zu planen, keine Trauerfeier zu organisieren und keine amtlichen oder finanziellen Dokumente auszufüllen.
Auf der Heimfahrt fiel mir die Champagnerflasche in meinem Handschuhfach ein. Kate und ich erneuerten diese immer gleich wieder, wenn wir in Priddy eine Flasche leer getrunken hatten, und so lag immer eine für das nächste Mal bereit. Es war ein gutes Gefühl, sie dort zu wissen. Sie erinnerte mich an unser gemeinsames Leben und daran, dass wir immer voller Optimismus nach vorn schauten, immer in Erwartung der nächsten Feier, bereit, sie zu genießen. Während der gesamten Behandlungszeit von Reef hatten wir eine dort liegen. Als seine Chemo vorbei war, tranken wir sie, und desgleichen, als Kates Behandlung abgeschlossen war.
Mir wurde klar, dass die nächste Flasche, diejenige, die jetzt im Handschuhfach lag, dafür gedacht gewesen war, auf Kates großartige Genesung anzustoßen. Damit hatte ich ohne den Schatten eines Zweifels gerechnet und es mir ausgemalt. Jetzt konnte ich mir keinen Anlass vorstellen, um die Flasche zu öffnen, auch hätte ich nicht gewusst, mit wem ich sie teilen sollte, aber sie deshalb zu entfernen wäre mir nie in den Sinn gekommen. Kate hätte gewollt, dass ich sie dort verwahrte, und zu meiner Freude entdeckte ich, dass auch ich sie dort aufheben wollte.
Mein Tag mit Kirsty und den Jungs hatte so viel Spaß gemacht, dass ich mir zum ersten Mal, seit ich Kate verloren hatte, vorstellen konnte, mein Leben irgendwann einmal mit einer anderen Frau zu teilen. Ich wusste nicht, wer sie sein mochte, und der Gedanke an eine andere Seelengefährtin war mir noch immer fremd, aber ich wusste, dass ich nicht allein sein wollte. Ich konnte nicht allein sein. Ich vermisste die Nähe einer Beziehung, den Herzschlag des anderen. Es war nicht nur ein Wunsch oder eine Sehnsucht, es war eine physische Notwendigkeit.
»Kate hat die Latte sehr hoch gelegt«, hatte ich im Laufe der letzten Monate vor vielen nahen Freunden betont. Es war meine Standardantwort, wann immer jemand Anspielungen auf eine andere Partnerin machte. Ruth und ein paar der Mütter aus der Schule begnügten sich natürlich nicht mit Anspielungen. In den letzten Wochen hatten ein paar gute alte Freunde damit begonnen, mir rundweg zu sagen, sie würden eine neue Frau für mich finden, und einige waren bereits dazu übergegangen, mir übers Handy Fotos von alleinstehenden Freundinnen zu schicken, die »zu haben waren«. Anfangs lachte ich darüber.
»Sehen wir sie uns doch mal an«, schlug Ruth vor, als ich ihr von den jüngsten Fotos erzählte. Wir unterhielten uns über den neuesten Klatsch, während wir vor der Kinokasse anstanden. Ruth war in dieser Hinsicht ganz fantastisch gewesen, hatte
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