Gib dich hin (German Edition)
Hand, betrachtete sie von allen Seiten, stellte sie dann aber wieder zurück und gab seinem Krimi eine zweite Chance.
Der Inhalt wollte sich ihm noch immer nicht erschließen. Dabei war er an einer spannenden Stelle, die ihn unter normalen Umständen geradezu gefesselt hätte. Entnervt gab er auf, legte den Krimi beiseite und schloss die Augen, um sich eine Frau vorzustellen, die seinen Wünschen entsprach. Die perfekt war! Denn auch das, hatte Herr Mandrake gesagt, war Teil der Abmachung. Er musste sich nicht mit einem kleinen Fisch zufriedengeben, er konnte sich den besten Fang im Becken aussuchen. Alles war möglich, der Magie keine Grenzen gesetzt. Und so sah er sie vor sich. Langes wallendes Haar, glänzend und kräftig. Eine schlanke Taille, dazu runde Hüften und eine samtweiche Haut. Brüste, die perfekt in seine Hände passten. O ja, solche Frauen gab es, er hatte sie schon gesehen, in der U-Bahn, auf den Straßen, aber keine von ihnen hatte ihn auch nur eines Blickes gewürdigt. Dass Susanne ihn für einen Perversling gehalten hatte, kränkte ihn ungemein, auch wenn er ihre Sicht durchaus verstand. Nur warum verstand sie nicht, wie einsam er sich fühlte, wie sehr er sich nach Berührungen sehnte. Er wusste, dass er ein guter Mann war, der eine Frau glücklich machen konnte, wenn sie ihm nur die Chance dazu gab. Aber keine schien bereit dazu. Er war nicht ihr Typ, war zu dick, zu gewöhnlich, keiner jener maskulinen Muskelprotze. Oh, er hatte die Nase voll davon. Er wollte auch mal das Mädchen abbekommen.
Seine Hand tastete nach der Phiole. Das Glas fühlte sich kühl an. Er nahm das Fläschchen zu sich herunter. Ob das Absinth war? Angeblich sollte es zumindest ähnlich wie purer Absinth schmecken, aber was danach kam, würde ihn für alles entschädigen, hatte Herr Mandrake behauptet, und der musste es wohl wissen.
Vorsichtig zog er den winzigen Korken aus der Flasche und roch daran. Anis. Das war eindeutig Anis. Er schwenkte den klaren Inhalt hin und her, wie man es sonst bei einem guten Wein tat. Ganz geheuer, das musste er zugeben, war ihm das alles nicht. Schließlich konnte er nicht mit Sicherheit wissen, was tatsächlich in diesem Gebräu war. Dennoch setzte er die Flasche an die Lippen und nahm einen winzigen Schluck. Sogleich überzog ein extrem bitterer Geschmack seine Zunge. Er musste husten, vor Ekel, und weil es im Hals brannte. Dann wurde ihm heiß, extrem heiß, und er glaubte das süße Flüstern von Sirenen zu hören. Benommen schüttelte er den Kopf. Riefen sie tatsächlich seinen Namen, diese Flüsterstimmen?
»Teufelszeug«, murmelte er und zwang sich dazu, es in einem Zug auszutrinken. Der Gedanke an bessere Zeiten, an weibliche Hände, die ihn verwöhnten, und Lippen, die ihn überall liebkosten, bestärkte ihn. Er wollte Sex haben, und er war bereit, alles dafür zu tun, was nötig war. Brennend lief das Gesöff seine Kehle hinunter. Es schmeckte widerlich. Er hustete, würgte, hustete nochmals. Grüne Flecken tanzten vor seinen Augen, formten Bilder wie aus einer Geisterwelt. Traumbilder, obwohl er doch gar nicht schlief. Was zum Henker war das für ein Gemisch, das ihn halluzinieren ließ? Irgendeine neumodische Droge?
Er konnte den Gedanken nicht zu Ende führen, denn die Bilder waren so eindrücklich, dass sie ganz und gar in den Vordergrund rückten. Er befand sich im Laden. Mit einer Kundin, die ein grünes Kleid trug. Es war sehr enganliegend, schimmerte und glitzerte, betonte ihre aufregenden Kurven.
»Was siehst du mich denn so an?«, fragte sie, und Nick zuckte vor Schreck zusammen, weil er fürchtete, erneut für einen Perversling gehalten zu werden. Aber ihre Züge hellten sich auf, und ein freundliches Lächeln erschien auf ihren sinnlichen roten Lippen, die ihn an eine aufgehende Rosenknospe erinnerten.
»Ich steh drauf«, offenbarte sie und spielte am Saum ihres Minikleids.
»Was?«
»Auf Spontansex. Du etwa nicht? Der Gedanke, dass Leute da draußen vorbeilaufen und uns beobachten könnten, gibt mir den Kick.«
»Wer sind Sie?«
Sie lachte glockenhell. »Nenn mich die grüne Fee.«
Nick sah zu dem Fenster, in dem Cynthias Lichterkette hing. War das alles doch echt? Er war sich nicht mehr ganz sicher. Jedenfalls fühlte es sich verdammt realistisch an.
»Nicht so schüchtern«, flüsterte sie und kam näher, fuhr ihm mit dem Zeigefinger über die Lippen und ließ ihn dann tiefer wandern, bis er sich in seinem
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