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Gib dich hin (German Edition)

Gib dich hin (German Edition)

Titel: Gib dich hin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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der wenigen Geschäfte, die noch nicht mit Weihnachtsdekorationen aufwarteten. Sie löste die Kette aus der Pappverankerung und stellte amüsiert fest, dass sie an mehr als einer Stelle verknotet war, was auf Nicks Konto ging, denn der hatte die Lichter letztes Mal an- und abgemacht. Also entwirrte sie die Kette und überlegte, welches Motiv sie ans Fenster bringen sollte. Nick war da einfacher gestrickt. Er hatte die Kette einmal um den Rahmen herumgelegt, und damit hatte sich die Sache für ihn erledigt gehabt.  
    Vielleicht würde sie es schaffen, aus der Kette einen Tannenbaum zu formen? Sie stellte sich einen Stuhl ans Fenster, kletterte hinauf und versuchte die Lichter in Form zu bringen. Das war alles andere als einfach, weil die Klebestreifen nicht halten wollten und sie mehrere benutzen musste.  
    Hinzu kam, dass sie schlecht sehen konnte, was sie da eigentlich machte, denn es war inzwischen ziemlich dunkel draußen. Vielleicht wäre es schlauer gewesen, die Kette irgendwann am Mittag anzubringen, aber da hatte reger Betrieb im Laden geherrscht. Nun musste sie das Beste daraus machen. Während sie gerade die Spitze des Baumes formte, fiel ihr ein Mann auf der anderen Straßenseite auf, der einfach nur dastand und zu ihr herüberstarrte. Sie war nicht ganz sicher, ob er sie überhaupt sehen konnte, sie jedenfalls hatte Schwierigkeiten, sein Gesicht zu erkennen.  
    Er wirkte sehr dunkel, trug einen schwarzen Mantel, der ihm bis zu den Knien reichte, und hatte die Hände in den Taschen vergraben. Im ersten Augenblick hielt sie ihn für einen Schatten, aber dann machte er einen Schritt nach vorne, ins Licht der Straßenlaterne, und sie erkannte die schneeweiße Haut seines Gesichts. Seine Mimik war völlig starr. Wie die einer Statue. Nur seine schwarzen Haare bewegten sich im Wind. Es sah unheimlich aus, als sei dies gar kein lebendiger Mensch, sondern nur eine menschengroße Skulptur, die sie noch dazu anstarrte. Sie beeilte sich mit den Lichtern, als sie jedoch das nächste Mal hinausblickte, war der Mann verschwunden, und lediglich einige Passanten gingen an dem Geschäft vorbei, ohne sie weiter zu beachten.  
    »Das sieht toll aus!«  
    Cynthia erschrak fast zu Tode, als Nick plötzlich hinter ihr stand und begeistert den Daumen hob. »Wirklich, du solltest das jedes Jahr machen«, sagte er und lächelte.  
    »Mann, hast du mich erschreckt!«  
    »Sorry.«  
    Sie brachte die leere Kiste ins Lager zurück und suchte nach Eimer und Wischmopp. Das wäre die letzte Aufgabe für heute, noch mal gründlich den Boden zu wischen. Das hatte der nämlich mal wieder nötig.  
    »Ach, lass doch«, meinte Nick und winkte ab, dabei blickte er immer wieder auf die Uhr, als hätte er es irgendwie eilig. »Das kann bis morgen warten.«  
    »Ich will es aber jetzt machen.« Sie war gerade so schön in Schwung, und die Sache wäre in ein paar Minuten erledigt. »Oder erwartest du noch jemanden?«, hakte sie nach, als Nick erneut auf die Uhr sah.  
    »Ich? Wie kommst du denn darauf?«  
    »Du starrst dauernd auf die Uhr.«  
    »Was? Ach, das bildest du dir nur ein.« Er ging zur Kasse und kümmerte sich um die Abrechnung. Einen kurzen Blick warf er ihr aber noch zu. »Na gut, dann tu, was du nicht lassen kannst. Aber beeil dich, ich würde gerne pünktlich zu Hause sein.«  
    »Zu Befehl, Sir!« Sie salutierte zum Spaß und ging mit dem Eimer ins Badezimmer, um Wasser zu holen. Als sie wieder in den Ladenbereich kam, bekam sie gerade noch mit, wie Nick mit einem Fremden im Büro verschwand. Er hatte also doch noch jemanden erwartet. Aber warum hatte er sie dann angelogen?  
    Cynthia tauchte den Mopp ins Wasser und brachte den Eimer nach vorne, direkt vor der angelehnten Tür des Büros stellte sie ihn ab. Neugierig versuchte sie hineinzuspähen. Sie wollte wissen, wer der geheimnisvolle Besucher war, den Nick ihr verschwiegen hatte. Durch den Spalt konnte sie den fremden Mann sehen. Seine schwarzen Haare und der dunkle knielange Mantel kamen ihr äußerst bekannt vor. Was hatte das zu bedeuten? Warum war ausgerechnet dieser unheimliche Kerl hier?  
    Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Vorsichtig drückte sie den Mopp aus, ganz leise, aber es plätscherte dennoch.  
    Sofort ruckte der Kopf des Fremden zu ihr herum. Seine Augen starrten sie direkt durch den Türspalt an. Sie waren von einem extrem hellen Blau. Der Blick eines Killers. O Gott, jetzt ging die Phantasie mit ihr durch.  
    Sie wich rasch zurück,

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