Gib dich hin (German Edition)
seine Lust nach mehr entfachte. Doch der Druck, den ihr Mund auf seinen ausübte, ließ schnell nach. In dem Moment erlosch die Wirkung des Tranks, und die Fee löste sich in grünen Nebel auf, während Nick in seinem Bett landete. Er war wieder der alte Loser, ohne Sexleben, aber er hatte einen Vorgeschmack erhalten, inwiefern es sich ändern könnte, wenn er es nur wollte.
Und diese Vision hatte ihn eigentlich schon überzeugt. Wenn er das immer, zu jeder Tages- und Nachtzeit haben konnte, dann war er bereit, alles zu unterschreiben. Er nahm einen Kugelschreiber und den Vertrag. Drei Wünsche würde man ihm erfüllen. Und den ersten gab er sogleich aus …
Kapitel 6
Das schrille Klingeln ihres Telefons riss sie aus dem Schlaf. Cynthia tastete nach dem Apparat, und als sie ihn zu fassen bekam, warf sie blinzelnd einen Blick auf das Display. Es war Anna. Mal wieder. Sie drückte auf die grüne Taste, um das Telefonat anzunehmen.
»Guten Morgen«, sagte Anna in einem Ton, der üble Laune verriet. Vielleicht war sie mit dem falschen Fuß aufgestanden?
»Was ist denn los? Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?«
»Schlechte Nachrichten«, sagte die Freundin. »Marita hält es für keine gute Idee, gegen Henning Advertising vorzugehen.«
Nun war Cynthia hellwach und saß kerzengerade im Bett. »Was? Wieso denn nicht?«
»Hab ich zuerst auch nicht verstanden. Aber Marita erklärte mir, dass Ansgar Henning mehrere Staranwälte beschäftigt, die dich vor Gericht in Stücke reißen würden. Gegen solche Leute kommt man nur schwer an.«
»Und was heißt das jetzt im Klartext?«
Sie kletterte aus dem Bett, schleppte sich in die Küche und setzte Wasser auf.
»Dass sie dir davon abrät, die Sache vor Gericht zu bringen. Sie meint, es würde nichts nützen, aber eine Menge kos
ten. Tja, so sieht’s aus.«
»Und Tom kommt einfach damit durch.«
»Ich weiß, das ist total blöd für dich.«
Total blöd, das konnte man wohl sagen! Ihre ganze Existenz hing von Hubert Graun ab, der eben mal entschieden hatte, sich eine andere Agentur zu suchen. Hätte er zumindest von Anfang an fair gespielt, dann hätte sie sich nicht solche Hoffnung gemacht. Nun sah es danach aus, als würde sie für immer im Zooladen ihres Bruders arbeiten müssen.
»Tut mir wirklich leid.«
Cynthia goss heißes Wasser in ihre Tasse und gab ein paar Löffel Instantkaffee hinein. Vorsichtig nahm sie einen Schluck und verbrannte sich sogleich die Zunge. »Aber du kannst doch bezeugen, dass er mir den Graun ausgespannt hat.«
»Herr Graun ist ein freier Mann, der, solange er keinen Vertrag unterschrieben hat, auch zur Konkurrenz wechseln darf.«
Autsch, ihre Zunge brannte. Vor lauter Wut biss sie auch noch ausgerechnet auf die empfindliche Stelle.
»Also muss ich meinen Traum aufgeben«, murmelte sie und sog Luft an die verbrannte Zungenspitze.
»Das nicht. Wirst schon noch andere Kunden finden.«
Ja, ja und im Himmel ist Jahrmarkt. Dieser gemeine Kerl! Wieso hatte er ihr das angetan? Henning Advertising hatte doch bereits einen großen Kundenstamm, warum hatte er ihr ihren einzigen Auftraggeber weggeschnappt?
»Du, Anna, ich muss das alles erst mal verdauen, sei mir bitte nicht böse, ja? Ich melde mich, wenn ich mich beruhigt habe«, sagte sie und legte auf, um unter der Dusche zu verschwinden. Das kalte Wasser kühlte wunderbar ihr erhitztes Gemüt ab. Und nachdem sie sich tatsächlich langsam wieder gefasst hatte, föhnte sie sich die Haare, die jedoch partout nicht sitzen wollten. In letzter Zeit ging aber auch alles schief. Ihre Miniagentur drohte zu floppen, noch bevor sie überhaupt richtig gestartet war, es kamen keine Aufträge rein. Rechnungen wollten bezahlt werden, und das kleine Gehalt, das sie von Nick bekam, reichte vorne und hinten nicht aus. Aber den Todesstoß hatte ihr Tom Henning verpasst.
Warum zog sie das Unglück an? Cynthia wollte endlich auch mal auf der Sonnenseite des Lebens stehen, Erfolg haben, zufrieden sein, einen Mann finden, der sie liebte, und einen guten Job als Sahnehäubchen obendrauf. Und dann wollte sie hin und wieder guten Sex. War das wirklich zu viel verlangt? Anderen schien das alles zuzufliegen, sie aber musste für jeden noch so kleinen Erfolg kämpfen. Und selbst dann drohte sie noch zu scheitern.
»Ein neuer Tag, ein neues Glück«, sagte sie sich und fuhr sich noch einmal durchs Haar, zog die Winterstiefel an
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