Gib mir deine Seele
hineinsehen zu können. »Ach, herrje! Der ist ja schon gefüllt. Warte, ich räume das mal ein bisschen um.«
Sie arbeiteten Hand in Hand. Constantin packte aus, sie füllte das Gemüsefach, in dem zum Glück noch ausreichend Platz war für Salat, Gurke, Zwiebeln, Zucchini und anderes Gemüse.
Kaum hatte sie die Kühlschranktür geschlossen, klingelte sein Telefon. Constantin sah auf das Display und gab einen unverständlichen, aber eindeutigen Fluch von sich. »Ich habe hier ein Problem, um das ich mich kümmern muss. Ich fürchte, das kann dauern.«
»Macht nichts. Ich weiß mich sehr gut allein zu beschäftigen.«
»Dabei würde ich gern zusehen«, sagte er mit einem unverschämten Zwinkern und gab ihr einen schnellen Kuss, bevor er im Arbeitszimmer verschwand und leise die Tür hinter sich zuzog.
»Das könnte dir so passen«, rief sie ihm lachend hinterher, aber als sie sich an den hungrigen Ausdruck in seinen Augen erinnerte, verstummte sie. Der Gedanke war nicht ohne Reiz.
Und jetzt? Sie wusch das gekaufte Obst und gleich noch ihre Hände. Der angefangene Roman fiel ihr ein. Weil sie morgen ohnehin mit Elena arbeiten würde, erlaubte sie sich heute einen probenfreien Tag, nahm einen glänzenden Apfel aus der Obstschale und ging hinaus auf den schmalen Balkon, der gerade Platz für zwei Stühle und einen kleinen Tisch bot. An heißen Sommertagen wäre es hier sicherlich kaum auszuhalten, aber heute freute sie sich über die Strahlen der Nachmittagssonne. Sie zog einen Stuhl heran, stellte ihn an die warme Hauswand, legte die Füße auf den anderen und schob ihre Sonnenbrille ins Haar.
In diesem Augenblick glaubte sie eine Bewegung am Fenster gegenüber zu sehen. Grüßend hob sie eine Hand und lächelte, aber Constantins Nachbar ließ sich nicht blicken. Wie du willst , dachte Pauline und schlug ihr Buch auf. Eine der zahllosen Kirchenglocken schlug, weiter weg antwortete eine zweite.
Erst als ein kühler Wind aufkam und das Licht zum Lesen kaum mehr ausreichte, klappte sie den Roman wieder zu. Die Sonne war bereits untergegangen, zwischen den alten Häusern nistete sich Dunkelheit ein. Es würde nicht mehr lange dauern, und der Abendstern gesellte sich zur blassen Mondsichel.
Die schwarz-weiße Katze musste sich lautlos angeschlichen haben, zumindest bemerkte sie das Tier erst jetzt, als es direkt unter ihrem Stuhl saß. Trotz ihres dichten Fells wirkte sie bei genauerem Hinsehen mager und etwas ungepflegt.
Wer lässt so eine Schönheit bloß verwahrlosen?
Pauline ging in die Hocke und versuchte, sie mit ausgestreckter Hand hervorzulocken. » Ça va, Choupette? « Doch die Katze machte einen Buckel und verschwand mit einem eleganten Satz durchs Geländer.
Enttäuscht ging Pauline hinein. Die Tür zum Arbeitszimmer war immer noch geschlossen, und sie fragte sich, was so Wichtiges in der Zwischenzeit geschehen war. Die Ausstellungseröffnung hatte bestätigt, was Henry damals im Internet herausgefunden hatte. Constantin war in der Kunstwelt kein Unbekannter, und wenn er nicht gerade Exponate in Ausstellungen vermittelte, dann handelte er vermutlich damit. Und dass Kunsthandel durchaus lukrativ sein konnte, schien sein Reichtum zu zeigen. Davids Worte in Paris hatten ihre Neugier zusätzlich angeregt. Sammelte Constantin auch selbst wertvolle Kunstwerke? Sie würde ihn danach fragen.
Allmählich bekam sie aber Hunger. Es dauerte eine Weile, bis sie sich in der Wohnung zurechtfand, doch dann hatte sie Sets gefunden, deren helles Leinen einen schönen Kontrast zum schweren Tisch aus poliertem, dunklem Holz bot. Dazu Kerzen und edles Besteck. An diese Art zu leben konnte man sich gewöhnen. Besser nicht, dachte sie. Wer weiß, wie das Zimmer aussieht, in dem mich die Oper untergebracht hat.
Anschließend ging sie in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Beim Anblick des Quarkschälchens hob sich ihre Laune. Alle ihre Katzen hatten gern Quark, Sahne oder Käse gefressen. Choupette würde keine Ausnahme sein. Schnell gab sie zwei Esslöffel davon in eine flache Schale. Eine weitere füllte sie mit Wasser, trug beide auf die Terrasse hinaus und stellte sie in einer geschützten Ecke ab. » Bon appetit, ma belle. Guten Appetit, du Schöne«, flüsterte sie in den Abend, schloss die Türen und kehrte zufrieden in die Küche zurück.
Eine Vorspeise wäre dank der fertigen Gazpacho schnell gemacht. Danach wollte sie Crêpes mit Gemüse füllen und als Dessert einen Cheesecake im Glas zubereiten.
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