Gib mir deine Seele
eigenen hohen Plateauschuhe tragen, die allemal bequemer waren als die neuen Pumps mit ihren bleistiftdünnen Absätzen.
Nach einer schnellen Dusche rieb sie sich mit der duftenden Lotion ein, die sie immer ein wenig an Sonne und Strand erinnerte, und steckte ihre Haare hoch. Sobald sich unter dem Gewicht der schweren Locken die Kopfhaut spannte, verspürte sie wie jedes Mal ein willkommenes Kribbeln in der Magengegend. Unwillkürlich musste sie an Constantin denken und an den Klang seiner Stimme, wenn er sie herausfordernd ma petite nannte. Ein wohliges Glücksgefühl breitete sich in ihr aus, während sie die restlichen Locken routiniert mit Hilfe von Klammern und Haarnadeln bändigte. Zum Schluss band sie noch einen bunten Schal hinein und betrachtete sich zufrieden im Spiegel. So konnte sie sich bestimmt auch in einem eleganten Club sehen lassen.
Den silbernen Ring, den sie im letzten Jahr spontan auf einem Flohmarkt gekauft hatte, schob sie sich auf den Mittelfinger. Er ragte bis über die beiden Nachbarfinger hinaus und würde bestens zu Constantins Silberschmuck passen, den er trug, seit er sie vom Bahnhof in Paris abgeholt hatte.
Seltsam. Es kam ihr vor, als wären seither Wochen vergangen, dabei waren es doch nur wenige Tage.
16 Barcelona – Pas de deux
Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass die letzten dreißig Minuten im Flug vorbeigegangen waren. Hastig würgte Pauline eine Tablette trocken hinunter, nahm ihre Handtasche und lief mit klappernden Absätzen über den Terracotta-Boden zur Wohnungstür, wo Constantin ihr bereits mit schmalen Augen entgegensah.
»Du bist zu spät!« Dieser Ton verhieß nichts Gutes.
Ein unsichtbares Beben schien ihre Wirbelsäule hinunterzulaufen. Sie war sich nicht sicher, ob es die Vorboten von Lust oder von Angst waren, die beunruhigt in ihrem Unterleib aufflogen.
Nicholas starrte sie an. »Oha!«, war sein einziger Kommentar.
Unsicher sah Pauline die Männer an. Beide waren wie sie in Schwarz gekleidet und wirkten trotz ihres unterschiedlichen Aussehens ähnlich gefährlich. Jedenfalls wenn es um das Seelenheil einer leicht verführbaren Frau ging. Henrys Lieblingskommentar Sex on legs fiel ihr ein. Die personifizierte Versuchung.
Ohne ein weiteres Wort verließ Constantin die Wohnung.
Nicholas war zum Glück weniger unhöflich. »Er kriegt sich schon wieder ein. Manch dir keine Sorgen. So heiß, wie du aussiehst, kann er dir gar nicht widerstehen«, flüsterte er ihr zu und hielt die Tür für sie auf. Versehentlich berührte er dabei ihre Hüfte.
Ihre Blicke trafen sich nur kurz, doch was sie in seinem las, machte ihr Angst. Es war, als hätte sie für eine Sekunde in den Spiegel gesehen. Das Flattern kehrte zurück.
Beinahe panisch rannte Pauline die Treppen hinunter und wäre womöglich gestürzt, hätte Constantin nicht unten auf sie gewartet und ihr einen Arm entgegengestreckt. Er sah immer noch ärgerlich aus, aber seine Körpersprache verriet, dass er den Anblick, den sie bot, durchaus genoss. Überlange Beine, viel zu hohe Schuhe, als dass an Flucht zu denken gewesen wäre. Verletzlich.
Er mag sich eine Geliebte wünschen, die stolz und selbstbewusst ist , dachte sie. Doch in letzter Konsequenz unterschied er sich nicht von anderen Männern. Körperlich durfte sie ihm offenbar unterlegen sein. Es versprach, ein interessanter Abend zu werden.
Wenige Straßen weiter blieb Nicholas vor einer unauffälligen Tür stehen, zog einen Zettel aus der Hosentasche und tippte eine Zahlenkombination in das dezent beleuchtete Display ein.
Nichts geschah. »Das ist aber nicht wieder so ein Club wie in Paris?«, fragte Pauline leise.
Nicholas sah sie neugierig an, erklärte aber dann: »Die Einheimischen sind es leid, dass Touristen in Badeschlappen in ihren Clubs herumlaufen, und mit Türstehern gab es oft Ärger, deshalb haben sie sich dieses System ausgedacht: Wer dazu gehört, bekommt einen Zahlencode und hat automatisch Zutritt zu den exklusiveren Partys.«
»Und wir gehören dazu?«
Die Tür sprang mit einem leisen Summen auf, und Nicholas lächelte spitzbübisch. »Sieht so aus.« Mit einer Verbeugung bat er sie herein. »Folgen Sie mir, Mademoiselle.«
Der Club war großzügig geschnitten und bestand aus mehreren ineinander verschobenen rechteckigen Ebenen. Nicholas hatte dezente Lichtinstallationen, gute Musik und leckere Fruchtcocktails versprochen – und so sah es auch aus. Eine Spur zu elegant für Paulines Geschmack, aber durchaus angenehm. Es gab
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