Gib mir deine Seele
Geist eines Lächelns erschien auf seinen Lippen. »Vergiss, was ich gesagt habe.«
Bevor sie nur ansatzweise verstand, was gerade geschehen war, ergriff er ihre Hand. Die Finger, die sich fest um ihre schlossen, waren ungewöhnlich kalt.
»Komm, ich zeige dir dein Theater.«
Und so gingen sie kreuz und quer durch die bezaubernde Altstadt, vorbei an zahllosen kleinen Geschäften und Tapas-Bars, bis sie eine breite, mit Platanen begrünte Allee erreichten, auf der es aber nur einen schmalen Fahrstreifen gab. Der Rest wurde von Fußgängern bevölkert. Sehr vielen Fußgängern, die alle Sprachen dieser Welt zu sprechen schienen.
Als hätten sie es gemeinsam beschlossen, umrundeten sie Seite an Seite ein buntes Mosaik aus Keramikkacheln, anstatt quer über das Bodenkunstwerk zu gehen.
»Ein echter Miró«, sagte Constantin und gab ihr einen Kuss, wie um ihr dafür zu danken. »Das sind die Ramblas. Im Sommer ist es hier noch voller. Pass auf deine Tasche auf. Nicht an vielen Orten auf der Welt gibt es so geschickte Diebe wie hier.«
Pauline drehte ihre kleine Umhängetasche nach vorn und legte eine Hand darauf. Viel zu erbeuten gäbe es nicht. Sie hatte wohlweißlich nur wenig Geld mitgenommen, und ihre Kreditkarte steckte mit ein paar Euro in der Vordertasche ihrer Jeans.
Sie folgten der lebhaften Einkaufsstraße eine Weile, bis Constantin vor einem beeindruckenden Gebäude stehen blieb.
»Siehst du, das ist das Liceu.«
»Wow, es sieht prachtvoll aus.«
»Kein Vergleich mit der Inneneinrichtung, doch davon wirst du ja wenig zu Gesicht bekommen. Der Zuschauerraum ist in erster Linie groß«, sagte Constantin. »Das Gebäude ist 1994 fast vollständig abgebrannt. Für die Zuschauer wurde es historisch nachgebaut, wenn es nun auch – wie ich finde – ein bisschen kühl wirkt in seiner Pracht. Aber die Bühnentechnik, Werkstätten und alles andere sind auf dem neuesten Stand.«
Pauline, die eine komplette Spielzeit in einem sehr alten, weitgehend lichtlosen Theatergebäude verbracht hatte und die Platzprobleme einiger Bühnen aus leidvoller Erfahrung kannte, freute sich über die Aussicht auf fließend Wasser und geräumige, staubfreie Garderoben.
»Möchtest du es dir näher ansehen?«
»Nein, danke, dazu werde ich bestimmt noch reichlich Gelegenheit haben«, lehnte sie ab und unterdrückte ein plötzliches Gähnen.
»Lass uns umkehren. Dann kannst du dich ein bisschen ausruhen, bevor wir nachher essen gehen. Wahrscheinlich weißt du, dass die Spanier abends erst sehr spät ihr Haus verlassen.«
»Ich habe davon gehört. Eigentlich kommt mir das entgegen. Wenn ich eines nicht bin, dann ist das ein Morgenmensch.«
»Wirklich? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen.« Er zwinkerte ihr zu. Spätestens seit ihren gemeinsamen Tagen in ihrem Heimatdorf wusste er, dass sie gern lange schlief.
Auf dem Rückweg überquerten sie einen Markt. Pauline kam eine Idee, und sie fragte Constantin: »Sag mal, haben wir eigentlich überhaupt etwas im Kühlschrank?«
Stirnrunzelnd sah er sie an. »Wahrscheinlich. Das Übliche. Nicholas wird es veranlasst haben.«
An Gewürze konnte sie sich erinnern, einige Töpfe mit frischen Kräutern hatte sie ebenfalls in der voll ausgestatteten Küche gesehen. Die von den dicht gedrängten Ständen angebotenen Waren sahen aber besonders lecker aus, deshalb schlug sie vor: »Wollen wir nicht sicherheitshalber etwas einkaufen und heute Abend kochen, anstatt auszugehen?«
Eine Spur Ratlosigkeit zeichnete sich auf seinen Zügen ab. »Gehst du nicht gern essen?«
»Doch. Manchmal schon, aber ich bin es nicht gewohnt, alle Mahlzeiten außer Haus zu mir zu nehmen. Das machen normale Leute nicht unbedingt täglich. Und deine Wohnung ist so schön …« Seine Reaktion verunsicherte sie. »Aber wenn es dir lieber ist, können wir natürlich auch in ein Restaurant gehen.«
»Nein. Es ist nur …«
»… du kannst nicht kochen?«, half sie ihm schmunzelnd aus.
»Ich bin ein wenig aus der Übung«, gab er zu.
Am Ende mussten sie zwei geflochtene Körbe erstehen, um alles, was Pauline gekauft hatte, nach Hause transportieren zu können. Constantin bestand darauf, beide zu tragen, und so ging sie schließlich nur mit einem Brot unter dem Arm neben ihm her und kam sich dabei ziemlich albern vor.
Oben angekommen, stellte er die Körbe schwungvoll auf den Tisch und öffnete den Kühlschrank. »Oh, verdammt!«
»Was?«, fragte sie und reckte den Hals, um an seinen Schultern vorbei ebenfalls
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