Gib mir deine Seele
Constantins Fleischverzicht galt auch für alles Getier aus dem Wasser. Eine Herausforderung, die sie gern annahm.
Es dauerte nicht lange, da hatte sie die Orangenfilets abgezogen und in Honig eingelegt. Die Löffelbiskuits steckte sie in eine Gefriertüte, nahm das Nudelholz und holte gerade aus, um das Gebäck damit zu zerkleinern, als Constantin hinter sie trat.
»Das sieht gefährlich aus«, sagte er. »Was hast du vor?«
»Abwarten, ich verspreche, es wird eine süße Überraschung.«
»Kann ich helfen?«
Skeptisch sah sie ihn an. Hatte er nicht gesagt, er sei, was das Kochen beträfe, aus der Übung? Doch dann erinnerte sie sich daran, wie er am Ufer der Seine dieses Messer aus der Tasche gezogen hatte. »Du könntest Gurken, Paprika und Zwiebeln für die Gazpacho fein würfeln«, sagte sie. »Und danach das Gemüse für die gefüllten Pfannkuchen in Streifen schneiden. Kriegst du das hin?«
»Ich versuche es«, sagte er sanft und machte sich ans Werk.
Hätte ich mir ja denken können , ging es ihr durch den Kopf, als sie sah, mit welcher Geschicklichkeit er das Küchenmesser führte. »Warst du im letzten Leben Koch?«, fragte sie und hielt ihm gleichzeitig einen Löffel mit der Gazpacho unter die Nase. »Probier mal, ob irgendetwas fehlt.«
Behutsam legte er das Messer beiseite und ließ sich mit der kalten Suppe füttern. »Sehr lecker. Die Marke sollte man sich merken … Kein Knoblauch mehr, aber vielleicht etwas Pfeffer. Würde ich sagen.« Er reichte ihr die gedrechselte Mühle aus Holz, nahm danach eine eingelegte Olive vom vorbereiteten Teller und steckte sie sich in den Mund.
Fasziniert sah sie ihm zu.
»Möchtest du auch?«, fragte er belustigt, und als sie nickte, schob er ihr die ölige Frucht ganz langsam zwischen die Lippen.
Pauline hielt die Mühle fester und zeichnete, ohne zu überlegen, deren Konturen nach. »Mhm!«, seufzte sie und kaute langsam.
Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und machte einem beunruhigenden Ausdruck Platz. Unter halb geschlossenen Lidern beobachtete er jede ihrer Bewegungen, als warte das Raubtier in ihm nur auf den richtigen Augenblick, um loszuspringen.
»Constantin!«
Ohne Eile beugte er sich vor, bis sich ihre Münder beinahe berührten. » Ma petite? «
Es war ihr klar, was Constantin im Sinn hatte, wenn er diesen Ton anschlug. Sie sollte ihn dazu einladen, sich ihrer zu bemächtigen. Er verlangte nichts weniger, als dass sie ihre Wünsche klar benannte und sich ihm gleichzeitig auslieferte.
Wie soll das gehen? Dennochhatte Pauline bereits den Mund geöffnet, um genau dies zu tun, da kam ihr der Gedanke, dass sie es ihm zu leicht machte, wenn sie sich jedes Mal um den Finger wickeln ließ.
Und so gab sie ihm einen schnellen Kuss und wirbelte herum. Gerade rechtzeitig, bevor das Öl zu rauchen begann. Hastig griff sie nach der Schüssel, die er so schnell gefüllt hatte, und kippte das geschnittene Gemüse in die gusseiserne Pfanne.
Es zischte, Dampf stieg auf, und der magische Augenblick war vorüber.
»Würdest du mir bitte eine Flasche Weißwein zum Ablöschen öffnen?«, fragte sie über die Schulter, um ihn nicht ansehen zu müssen.
Das Hauptgericht stand warm im Ofen, Constantin hatte die Kerzen entzündet, leise Musik erklang, und Pauline servierte den ersten Gang.
Über den Rand des erhobenen Glases hinweg sagte er: »Auf das Leben und auf deinen Erfolg.«
Der Wein war köstlich. Pauline nippte andächtig daran und entgegnete: »Danke, dass du mit nach Barcelona gekommen bist, und danke für diesen wunderbaren Tag.«
Nach der Suppe wollte sie die Teller abräumen.
»Lass nur, ich mache das.«
Entspannt zurückgelehnt sah sie ihm hinterher und lauschte gleich darauf dem Geschirrgeklapper in der Küche, als plötzlich ein Klingeln den Frieden zerriss. Die Ofentür knallte zu, und Pauline stand schnell auf.
»Ich gehe!«, rief sie.
Vor der Tür stand Nicholas mit einem Laptop unter dem Arm. »Störe ich?«
Ja. »Nein, komm nur rein!« Pauline hielt die Tür weit geöffnet. »Ist etwas passiert?«
Erst war Constantin hinter verschlossenen Türen verschwunden, nun tauchte sein Assistent, den sie in London wähnte, mit einer geschäftsmäßigen Miene auf.
Nicholas folgte ihrer Einladung. »Ich will aber nicht …« Auf einmal stockte er.
Um zu sehen, was ihn so entsetzt hatte, drehte sich Pauline um und hätte am liebsten laut gelacht. Constantin kam aus der Küche. Das Hemd weit aufgeknöpft, die Ärmel hochgekrempelt, in
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