Gib mir deine Seele
Lächeln auf den Lippen das Büro der sympathischen Intendantin. Bevor sie sich später mit Constantin treffen würde, wollte sie sich nun Hamburg ansehen. Also zog sie nach einem Blick auf die Uhr den Stadtplan hervor, den sie aus der Wohnung mitgenommen, und mit dessen Hilfe sie auch schon das Theater gefunden hatte. Zu Fuß war sie gerade einmal eine halbe Stunde unterwegs gewesen. Nun ging sie direkt in die nahe gelegene Innenstadt weiter.
Diese Stadt war vollkommen anders als Barcelona, Paris oder London. Sofort erwachte Paulines Entdeckergeist. Die zahllosen Passagen ließen erahnen, dass das Wetter hier manchmal auch weniger gemütlich war.
Schlimmer als in London kann es wohl kaum sein , dachte sie und spürte nach langer Zeit dennoch so etwas wie Heimweh. Nicholas war bestimmt schon auf dem Weg dorthin, um ihre und Henrys Sachen aus der Wohnung zu holen, und sie musste ebenfalls bald zurück. Ihr Arzt hatte beim letzten Mal gesagt, dass er sie persönlich sehen wollte, bevor er ihr Medikament weiterverordnete.
Am Ende ihres Stadtbummels kaufte sie sich ein neues Smartphone. Sie war klug genug gewesen, die Karte aus dem alten herauszunehmen, bevor die Einzelteile entsorgt worden waren, und der Verkäufer half ihr, sie einzusetzen.
Bis Constantin in das Terrassencafé kam, das sie als Treffpunkt ausgemacht hatten, blieb Pauline noch Zeit. Die nutzte sie dafür, das Gerät einzurichten und sich mit Elena und Marcella zu besprechen.
Die Corliss brummte, das sei doch nun wirklich keine Frage. Wenig später beschwor ihre Agentin sie, unbedingt Zustimmung zu signalisieren. »Alles andere«, mahnte Marcella bis zum Ende ihres Telefonats dreimal, »überlässt du aber mir!«
Als sie auflegte, fiel ein Schatten über den Tisch.
»Ein neues Handy. Was ist mit dem alten passiert?« Constantin begrüßte sie mit einem leichten Kuss auf die Wange und setzte sich.
»Kaputt gegangen«, sagte sie und fragte sich, ob Nicholas sie verraten hatte.
Zum Glück interessierte sich Constantin viel mehr für ihr Treffen mit Siobhan und fragte nicht weiter nach. »Und, seid ihr miteinander zurechtgekommen?«
»Was denkst du? Wir haben beide irische Vorfahren«, sagte sie lachend und erzählte ihm dann von dem Gespräch. »Es ist ein tolles Angebot. Selbst wenn sich Anaya Hemera gut genug fühlen sollte, was ich ihr von Herzen wünsche, habe ich mindestens einen Auftritt garantiert und am Ende mein Repertoire erweitert. Außerdem gefällt mir die Stadt. Sie ist so … grün, großzügig angelegt und sauber.«
»Das ist mir auch aufgefallen«, sagte Constantin. Man sollte nicht glauben, dass Hamburg mehr Einwohner als Barcelona hat. Aber dort gibt es bestimmt mehr Touristen.«
Pauline trank ihren Tee aus und winkte dem Kellner, um zu bezahlen. »Davon bin ich überzeugt. Ich liebe ja das Meer, aber dieser Teich mitten in der Stadt, der hat schon was.« Sie wies auf die Fontäne, deren Spitze in der Sonne glitzerte.
»Teich? Lass das bloß niemanden hören. Das ist die Binnenalster. Die kleine Schwester der Außenalster, auf die wir aus unserem Fenster blicken.«
»Ach, die sind miteinander verbunden? Das erklärt die weißen Ausflugsschiffe, ich hatte mich schon gewundert, wohin die fahren, die Elbe ist doch noch ein ganzes Stück entfernt, oder?«
»So weit auch wieder nicht. Aber diese Schiffchen verkehren nach Fahrplan auf der Alster. Wenn man will, kann man von dem Anleger dort drüben bis fast vor unsere Haustür fahren.«
Pauline war beeindruckt. »Das möchte ich unbedingt ausprobieren. Morgen? Hast du Lust dazu?«
Schmunzelnd sagte er: »Also wirst du das Engagement annehmen?«
»Ich glaube schon, aber trotzdem möchte ich eine Nacht darüber schlafen.«
»Gut. Dann gehen wir jetzt essen.« Er nahm ihre Hand, und gemeinsam schlenderten sie am Ufer entlang bis zu einem Taxistand.
»Du bist nicht mit dem Auto gekommen?«, fragte Pauline.
»Nein, zu Fuß. Wo soll man denn hier parken?« Mit Mitleid heischendem Gesichtsausdruck zeigte er in die Runde.
»Ach, du Armer. Das muss furchtbar für dich sein. Taxis sind ja beinahe schon so etwas wie öffentliche Verkehrsmittel.« Es gelang ihr nicht, das Kichern zu unterdrücken.
»Warte nur, bis wir zu Hause sind«, raunte er ihr zu, nachdem er der Taxifahrerin eine Adresse genannt hatte. »Die Liste deiner Vergehen reicht schon jetzt für eine sehr lange Nacht.«
»Das hoffe ich«, sagte sie frech. »In letzter Zeit war ja nicht viel los mit dir.«
Wortlos hielt
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