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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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gefällt oder ob ich ihn wieder zurückschicken soll.«
    »Ach, Pauline. Ich habe nie ein schöneres Geschenk bekommen.« Er schluckte und sah sie unverwandt an, als hätte er Sorge, sie würde sich in Luft auflösen, sobald er sie aus den Augen ließ.
    Sie hob beide Ringe auf, die während ihres Streits heruntergefallen waren, und blies hinein. Um sicherzugehen, dass kein Sandkorn daran hing, rieb sie mit dem zarten Stoff ihres Kleides darüber. Danach drehte sie die Ringe wieder ineinander und griff nach seiner linken Hand.
    Doch Constantin verhinderte, dass sie ihm das kostbare Schmuckstück auf den Ringfinger schob, indem er ihr die Hand auf den Arm legte.
    »Bist du sicher? Von hier an gibt es kein Zurück.«
    »Eine Frau, die sich selbst unterwirft, kann nicht gedemütigt werden« , zitierte sie Simone de Beauvoir und lächelte, als sie die Verwunderung in seinem Blick erkannte.
    Nach dem Streit hätte sie vielleicht gut daran getan, noch einmal darüber nachzudenken, ob es klug war, sich für den Rest ihres Lebens an diesen Mann zu binden, aber Pauline hatte sich entschieden.
    »Natürlich bin ich sicher. So sicher, wie man sein kann, wenn man dem Menschen, den man liebt, sein Herz und seine Seele zu Füßen legt, in der Hoffnung, dass er sie immer mit Sorgfalt und Ehrfurcht behandeln wird.«
    Sie sah ihm schweigend in die Augen, die jetzt fast so dunkel schimmerten wie der samtblaue Nachthimmel. In der Tiefe loderte ein eigenartiges Licht, aber das konnte nur vom Mittsommerfeuer stammen, das inzwischen zwar in sich zusammengesackt war, doch weiter wärmte.
    »Ich verspreche, dass ich bis an mein Lebensende alles in meiner Macht Stehende tun werde, um dein Vertrauen nicht zu enttäuschen.«
    »Ich gehöre dir«, sagte sie und schob ihm den Ring auf den Finger der linken Hand.
    »Du bist das Beste, was mir je widerfahren ist.« Er nahm ihre Hand, drehte sie herum und presste seine Lippen auf die Innenfläche.
    Ein Prickeln breitete sich über ihre Nervenbahnen aus, bis sie sich ihm entzog, mit den Fingerspitzen die harten Konturen seines Gesichts nachzeichnete und flüsterte: »Liebe mich!«
    Er ließ sich kein zweites Mal bitten.
    Ein kühler Windhauch strich über Constantins Gesicht, und er öffnete die Augen. Die Sonne war längst aufgegangen und tauchte die Welt um sie herum in ein goldenes Licht. Dicht an ihn geschmiegt schlummerte ein Traumwesen. Pauline lag auf der Seite und hielt vertrauensvoll seine Hand fest, sodass er den Hauch ihres gleichmäßigen Atems auf den Fingerspitzen spürte.
    Er hasste Geburtstage. Nicht nur erinnerten sie ihn an sein tatsächliches Alter – es war in der Nacht seines Geburtstags gewesen, als er seine Träume und das Leben verloren hatte.
    Nicht alle Künste erfreuten sich gleich hoher Wertschätzung unter den Göttern. Maler und Bildhauer galten als Handwerker und wurden im griechischen Pantheon nicht besonders geachtet.
    Dort, wo er herkam, war das anders. Constantin genoss mehr Anerkennung als ein Sänger oder Schauspieler, von denen die meisten nicht einmal ein eigenes Zuhause hatten. Er dagegen besaß ein Haus, eine Werkstatt mit Angestellten und sein ungewöhnliches Talent. »Den Wert der Dinge zu erkennen«, wie man behauptete, machte ihn zu einem geschätzten Berater der einflussreichen Oberschicht. Sein angenehmes Äußeres und der kühle Charme, über den er schon damals verfügt hatte, öffnete ihm die Türen zu Kreisen, in denen seine sexuellen Gelüste zu den harmloseren gehörten.
    Dort war er Erato begegnet, die als Marquise auftrat und einen unglücklichen Kastraten protegierte, um ihn, wie Constantin erst viel später erkannte, dem steten Hunger der Götter nach Amüsement zu opfern. Eine von Musen geförderte Karriere musste die Künstler nicht immer ihr Leben kosten, aber sie alle endeten ausgebrannt und leer. Ein Schatten ihrer selbst, oft verarmt und verbittert. Das war der Preis dafür, einmal an der Spitze zu stehen und von aller Welt bewundert und verehrt zu werden, bis der hungrige Tross der Konsumenten weiterzog und herzlos nach neuen Helden verlangte.
    Wie ihre Musenschwestern war auch Erato unfähig zu lieben. Es gefiel ihr aber, Constantins dunkelste Wünsche zu erfüllen. Sie ließ es so aussehen, als unterwerfe sie sich ihm be dingungslos, und genoss es zuzusehen, wie er die Kontrolle über sein Leben verlor.
    Doch Bosheit war ein zweischneidiges Schwert, und so bemerkte sie nicht, wie auch sie seinen raffinierten Künsten allmählich

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