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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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von dir verlangt.«
    »Mach dich nicht lächerlich. Ich rede hier von Sex. Sehr gutem Sex mit dem Mann, den ich liebe. Das ist etwas vollkommen anderes.«
    Henry stemmte die Hände in die Hüften. »Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. Ich habe euch beobachtet, als er dich neulich aus dem Alstercafé geholt hat. Du warst ja nicht mehr du selbst.«
    »Meine Güte! Ich war nach dem langen Tag total kaputt, und David stand einfach so vor der Tür. Ich bin dir sehr dankbar, dass du gleich gekommen bist. Aber vielleicht war es ja dein schlechtes Gewissen, das dich getrieben hat?« Pauline wusste, dass sie den Mund halten sollte, um nicht noch mehr Porzellan zu zerschlagen, aber sie war jetzt auch wütend. »Du hast ihn auf dem Laufenden gehalten, nicht wahr? Wann Constantin in der Stadt ist und wann nicht.«
    »Reg dich nicht auf. Dieses Mal habe ich nichts gesagt. Nicholas hat einen Riesenaufstand gemacht und behauptet, als Constantins Partnerin seist du in Gefahr. Er hätte Feinde …« Sie gab einen abfälligen Laut von sich. » Das allerdings kann ich mir gut vorstellen.«
    Verblüfft fragte sich Pauline, was Nicholas damit gemeint haben könnte. Doch wahrscheinlich hatte er seinem Verbot nur Nachdruck verleihen wollen und die Situation deshalb dramatisiert. Er konnte unmöglich von Davids anderen Belästigungen wissen. Bald würde er es erfahren. Von Henry.
    Mit ruhigerer Stimme sagte sie deshalb: »Hast du eigentlich eine Ahnung, wie oft David mich kontaktiert? Täglich schickt er mir Nachrichten, in denen er mich beschwört, Constantin zu verlassen und mit ihm zu leben. Als er vor meiner Tür stand, hatte er dreißig langstielige rote Rosen dabei und faselte irgendetwas davon, er wolle mit mir kochen – wie früher!«
    »Ihr habt doch nie zusammen gekocht«, sagte Henry verwirrt. »Nina wäre viel zu eifersüchtig gewesen. Oder habe ich da etwas verpasst?«
    »Natürlich nicht. Er scheint aber genau das zu glauben. Henry, manchmal macht mir Davids Verhalten Angst. In London hat er rumerzählt, wie wären ein Paar. Ich will nicht, dass er Ärger bekommt, deshalb habe ich Constantin nichts davon erzählt. Er konnte ihn sowieso von Anfang an nicht leiden.«
    »David liebt dich, er würde dir nie etwas tun.«
    »Das glaube ich auch nicht, Henry. Und es tut mir leid, dass ich neulich einfach so verschwunden bin. Das war ziemlich unhöflich, schätze ich. Ich hatte Kopfschmerzen, und Constantin hat Termine verschoben, um eher nach Hause zu kommen.« Sie hob die Hand, an der ihr neuer Ring steckte. »Wir wollten es euch demnächst bei einem gemeinsamen Essen erzählen, aber anscheinend ist jetzt der passendere Zeitpunkt dafür. Wir haben in Schweden geheiratet. Du solltest das David sagen, wenn er dich das nächste Mal anruft. Mir wird er es vielleicht nicht glauben.«
    Damit öffnete sie die Tür und ging hinaus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Die Probenzeit empfand Pauline als außergewöhnlich anstrengend. Siobhan hatte mit ihrer Inszenierung etwas Großes vor, und sie war eine geradezu manische Perfektionistin. Der Regisseur stand ihr darin in nichts nach, und kurz vor der Premiere hatte jeder Einzelne im Kernteam wenigstens einen heftigen Streit mit den beiden hinter sich.
    Die Darstellerin der Prinzessin Eboli war zudem eine intrigante Schlange, die es sich in den Kopf gesetzt hatte, alles zu boykottieren, was Pauline tat. Anaya Hemera dagegen stellte sich als eine wunderbare Kollegin heraus, und das gesamte Ensemble, einschließlich Pauline, drückte ihr die Daumen, dass sie sich gut genug fühlen würde, um die Premiere zu singen. Doch ihr Gesundheitszustand blieb prekär, und häufig mussten Pläne deshalb umgestellt oder Proben unterbrochen werden. Dann schwang sich Pauline aufs Fahrrad und fuhr die Alster entlang zur Oper, um einzuspringen, womit sie speziell das technische Personal bald auf ihrer Seite hatte. Denn all die Beleuchter, Bühnenarbeiter und Garderobieren hatten geregelte Arbeitszeiten und wenig Lust auf Überstunden, besonders da sie ohne das Festival bedeutend weniger Stress gehabt hätten.
    Als Don Carlos zu allem Überfluss eine Woche vor der Premiere in einen Autounfall verwickelt wurde und sich ein Bein brach, bekam die Intendantin einen hysterischen Schreikrampf und wollte alles hinschmeißen.
    Verständlich war diese Reaktion schon, denn der Tenor gehörte zur Weltspitze. Neben seiner wunderbaren Stimme besaß er großes schauspielerisches Talent und eine Engelsgeduld

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