Gib mir deine Seele
neuer Stern an ihrem kleinen Horizont auftaucht, bist du Schnee von gestern und musst beweisen, dass du dein Geld wert bist. Es ist ein mörderisches Geschäft. Für Sänger noch mehr als für uns Tasten-Clowns.«
Ihr war bewusst, dass er die Wahrheit sagte. Sie musste ja nur an Elena denken, deren Karriere ein so jähes Ende genommen hatte und die heute ohne fremde Hilfe kein so gutes Leben führen könnte.
Sie kamen gerade von einem gemeinsamen Abendessen mit wichtigen Musikkritikern, als Julian im Taxi plötzlich all seine frivolen Albernheiten fallen ließ und Paulines Hand nahm. »Pass gut auf deine Stimme auf«, sagte er so eindringlich, dass sie zum ersten Mal spürte, wie viel ihm an ihr lag. Sie wollte antworten, da fügte er ernst hinzu: »Lass dich nicht von deiner Agentur verheizen, und hör auf deinen Körper … und auf Constantin. Ihm kannst du vertrauen. Sonst niemandem.«
Die Worte brannten sich tief in ihrer Seele ein.
Zwei Tage später hetzte Pauline durch den JFK Airport zu ihrem Abflug-Gate. Die Inszenierung von La Traviata sollte erst im kommenden Jahr wieder auf dem Spielplan stehen, doch der Intendant hatte bereits angedeutet, dass sie wieder mit von der Partie sein würde. Es lagen anstrengende Tage hinter ihr, und sie freute sich auf ihr Zuhause, selbst wenn es nur geliehen war.
Noch eine Nacht, und sie würde in Constantins Armen einschlafen können. Nach nichts sehnte sie sich im Moment mehr als nach seiner Nähe.
Gerade wollte sie an Bord gehen, da rief Marcella an. »Pauline, du hast es geschafft! Ich kann mich hier vor Anfragen gar nicht retten. Nachher maile ich dir eine Liste mit Presseterminen. Sei so gut und rede mit niemandem, bevor wir uns abgestimmt haben. Du musst sie alle an mich verweisen.«
»Mache ich doch immer«, sagte sie matt. »Mein Flieger geht gleich, ich melde mich aus Hamburg.«
Der Flug über den Atlantik verlief ereignislos. Pauline las, sah einen Film und schlief die meiste Zeit, dankbar für die Vorteile, die Constantins Wohlstand mit sich brachte. Längst machte sie sich keine Sorgen mehr darüber, ihr Häuschen am Ende des Jahres an ihn abtreten zu müssen. Ohne ihn hätte sie sich zwar noch keinen vergleichbaren Luxus leisten können, aber inzwischen waren ihre Honorare so hoch, dass sie auf sein Darlehen nicht mehr zurückzugreifen brauchte.
In Frankfurt landeten sie mit erheblicher Verspätung, und sie musste wieder rennen, um ihren Anschlussflug nach Hamburg zu erreichen.
Kaum hatte Pauline das Flugzeug betreten, schloss sich auch schon die Tür hinter ihr.
Eine gute Stunde später, sie wartete am Gepäckband und wünschte sich, ihr Koffer hätte den schnellen Umstieg ebenfalls geschafft, klingelte erneut ihr Handy.
»Hi, bist du zurück?«
»Fast, ich stehe im Flughafen. Kris, einen Moment, ja? Da kommt gerade mein Gepäck.«
Nachdem sie den Koffer vom Band gehoben hatte, wobei ihr das Handy beinahe aus der Hand gerutscht wäre, sagte sie: »Können wir vielleicht später …«
»Klar. Entschuldige. Nur ganz schnell. Halt dich fest, das Video hat eingeschlagen wie eine Bombe. Es wurde insgesamt schon über 300.000-mal angeklickt. Pauline, wir haben einen Hit!«
»Wirklich? Das ist ja fantastisch!«
»Ruf mich doch nachher mal an. Es gibt ein paar Anfragen, und wir sollten uns absprechen.«
»Einverstanden. Ich melde mich … und Kris? Ich freue mich riesig. Bis später.« Eilig steckte sie ihr Telefon ein.
Constantin!
Pauline sah ihn sofort. Sie wollte schon losrennen und sich in seine Arme stürzen, da bemerkte sie die zahlreichen Fotografen hinter der Absperrung. Schweren Herzens unterdrückte sie ihren Impuls und ging ihm gemäßigten Schrittes entgegen. Dabei versuchte sie so nett auszusehen, wie man eben nach einem Transatlantikflug aussah, und lächelte.
Es gelang ihm, sie einigermaßen abzuschirmen, und beide atmeten erleichtert auf, als sich vor dem Terminal die Autotüren hinter ihnen schlossen.
»Hi, Darlin g «, sagte Nicholas, wandte sich kurz zu ihr um und setzte den Blinker.
Und endlich, als sie außer Sichtweite des Flughafens waren, nahm Constantin sie in die Arme. »Willkommen zurück, ma petite . Ich habe dich vermisst.«
Nicholas lachte. »Vermisst ist noch milde ausgedrückt. Pauline, lass den Mann nie wieder so lange allein, er war die ganze Zeit unausstehlich!« Er wechselte die Spur und konzentrierte sich für einen Augenblick auf den Verkehr, dann sagte er: »Hast du gesehen, wie erfolgreich dein Video mit
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