Gib mir deine Seele
Roseraie bereits seit dem 16. Jahrhundert gab.
»Allerdings hat jeder Besitzer irgendetwas verändert oder neue Gebäude hinzugefügt«, bestätigte Constantin ihren ersten Eindruck. »Das Dorf wurde ursprünglich für Hauspersonal und Arbeiter errichtet. Inzwischen haben wir einige Häuser zu Ferienwohnungen umgebaut, um sie zu erhalten.«
»Und das gehört alles dir?«
»Nein, die Dorfbewohner sind selbst Eigentümer ihrer Häuser. Mir gehören nur das Land und Mas La Roseraie. Komm, ich zeig es dir.«
In der Etage über ihnen besaß Nicholas eine großzügige Wohnung, im anderen Flügel, sagte Constantin, befänden sich kleine, in sich abgeschlossene Studios mit Küchenzeile und jeweils eigenem Bad.
»Wofür sind die? Vermietest du sie an Feriengäste?«, fragte sie etwas überrascht. Bisher war ihnen noch niemand begegnet, aber Louis Perraud hatte gestern bei der Begrüßung Logiergäste erwähnt.
»So ähnlich. Ich brauche kein komplettes Herrenhaus für mich allein. Zudem bin ich selten hier. In den Zimmern wohnen während der Sommermonate Stipendiaten meiner Stiftung«, sagte er leichthin.
Pauline spürte, dass er nicht weiter darüber reden wollte, aber sie war stolz darauf, wie sehr er sich für die Förderung der Künste einsetzte, und das würde sie ihm bei passender Gelegenheit auch sagen.
Die Küche im Erdgeschoss wirkte wie aus einer anderen Zeit und erinnerte sie an das Haus ihrer Tante, in dem sie groß geworden war. Nur hätte deren Küche in diese bestimmt viermal hineingepasst. Der in der Mitte frei stehende Herd war von beeindruckender Größe, dazu gab es breite Arbeitsflächen vor den weit geöffneten Fenstern und einen langen Tisch aus mächtigem Eichenholz, um den Bänke und Stühle für mindestens vierzehn Personen standen.
In großen Schränken und Regalen wurde unterschiedlichstes Geschirr aufbewahrt, edles Porzellan ebenso wie irdene Krüge. Es herrschte ein fröhliches Durcheinander und passte dennoch wunderbar zusammen. Unter der Decke hingen dicke Bündel aus Lavendel und anderen Kräutern, die Luft war würzig warm, sodass Pauline sofort Lust bekam, die Ärmel hochzukrempeln, um Zoé und der jungen Frau, die dieser wie aus dem Gesicht geschnitten war, beim Gemüseputzen zu helfen.
» Bonjour, Mesdames «, grüßte sie freundlich und folgte Constantin durch die offen stehende Küchentür hinaus in den Wirtschaftshof. Hühner wichen ihnen gemächlich aus und gackerten. Neugierig sahen zwei Schimmel aus ihrem Stall, als wollten sie wissen, wer ihre Vormittagsruhe störte.
»Pferde!« Pauline lief hinüber und streichelte ihre weichen Nüstern. »Beim nächsten Mal bringe ich euch etwas mit, versprochen!«, sagte sie leise.
»Kannst du reiten?« Constantin war ihr langsam gefolgt.
»Na ja, das würde ich nicht behaupten. Unsere Nachbarn hatten ein Pony, auf dem ich ohne Sattel geritten bin. Aber Unterricht hatte ich nie.«
Seine Augen strahlten auf einmal. »So etwas verlernt man nicht. Wenn du magst, können wir es gern ausprobieren.«
»Jetzt?« Erschrocken sah sie ihn an.
»Eine Hose solltest du dir dafür schon anziehen. In Uzès bekommst du bestimmt etwas Passendes.«
»Das wäre toll«, sagte sie. »Sind das Camargue-Pferde?«
»Genau. Und bevor du fragst, nein, ich züchte weder Pferde noch Stiere.«
Ein merkwürdiger Duft wehte zu ihnen herüber. »Aber Ziegen?«
»Wir haben eine kleine Herde, um die Lavendelfelder vom Unkraut freizuhalten. Das spart viel Geld, das man sonst für Pestizide ausgäbe, und mit dem Verkauf des Käses finanzieren sie sich praktisch selbst.« Constantin zeigte auf ein flaches Gebäude. »Dort ist die Käserei, und dahinten siehst du die Ölmühle.« Er führte sie durch einen von Rosen umrankten Torbogen.
Einige Blüten verströmten noch immer ihren Duft. Im Sommer muss es ein Paradies für Rosenliebhaber sein , dachte Pauline. Seinen Name »Rosengarten« trug das Anwesen nicht ohne Grund.
Sie verließen den durch hohe Mauern vor dem kalten Mistral geschützten Hof, in dem sich neben einem Brunnen auch ein kleiner Kräutergarten im Windschatten der Käserei befand. »Die Kräuter dort sind für den täglichen Bedarf, wir bauen hauptsächlich Lavendel an, und Wein natürlich«, sagte Constantin erklärend.
Es folgte ein Gang durch die Kelterei. Dort begegneten sie Louis Perraud, der mit ihnen in die Weinkeller hinabstieg. »Wir bieten hier auch Verkostungen an«, erzählte er und reichte Pauline ein Glas. »Die Touristen lieben das
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