Gib mir deine Seele
dachte, ich würde sie kennen. Als wir noch in London wohnten, haben wir immer über alles gesprochen. Ich glaube, es fing in Barcelona an. Sie war eifersüchtig. Vielleicht war es meine Schuld.« Traurig sah sie auf das Taschentuch in ihrer Hand. »Stell dir vor, Henry nimmt tatsächlich für bare Münze, was die Zeitungen schreiben. Dass ich mit Julian im Bett war und mit … Nicholas«, fügte sie leise hinzu. »Ich schäme mich so dafür, was in Barcelona passiert ist.«
»Ich glaube, du brauchst Urlaub, ma petite . Wolltest du nicht immer schon mal ein Weingut besuchen?«
»Total gern. Wenn es deines ist …«
»Also gut. Es gibt nur eine Bedingung. Du gehst vorher zum Arzt, um dich wegen dieser Kopfschmerzen untersuchen zu lassen.«
In diesem Augenblick hätte sie ihm alles versprochen, und sein Wunsch kam ihr dieses Mal sogar entgegen, denn ihr Hamburger Kardiologe hatte sie beschworen, nach einem ernsthaften Anfall umgehend zu ihm zu kommen. »Einverstanden. Nur noch die Vernissage und das Interview, dann habe ich zwei Wochen lang keine Termine.« Glücklich fiel sie ihm um den Hals. »Habe ich dir heute schon gesagt, dass ich dich liebe?«
»Nicht dass ich mich erinnern könnte.« Constantin wollte sich vorbeugen, um sie zu küssen, da klopfte es an der Tür.
»Das hätte ich fast vergessen!« Sie sprang auf. »Ich habe uns ein Mittagessen in die Suite bestellt. Machst du auf? Ich bin gleich zurück.«
»Es gefällt mir, wie du das Praktische mit dem Vergnügen verbindest«, sagte er und warf einen vielsagenden Blick auf die Schlafzimmertür. »Restaurantbesuche sind vollkommen überbewertet.«
»Dafür habe ich ein einmaliges Gespür.« Pauline lief ins Bad, um die Schäden der Tränenflut zu beseitigen.
Nach dem Essen bestand Constantin dann allerdings darauf, dass sie sich ausruhte. »Ich muss ohnehin noch ein paar Sachen vorbereiten, bevor wir nach Frankreich fliegen.«
Während der Ausstellungseröffnung wurden sie genauestens beobachtet und immer wieder fotografiert.
»So müssen sich Promis fühlen«, flüsterte sie Constantin zu und schenkte dem Fotografen ein strahlendes Lächeln.
»Du bist prominent, Pauline.«
»Dann darf ich auch gehen, wann ich mag?«
»Natürlich.« Unauffällig schlenderte er mit ihr zu einem Seitenausgang. »Jetzt?« Als niemand schaute, schob er sie durch die Tür, einen dunklen Gang entlang, und keine Minute später winkte er auf der Straße ein Taxi herbei.
»Was ist mit unserem Wagen?«, fragte Pauline, als sich die Türen des Aufzugs hinter ihnen schlossen und sie ihrer Suite entgegenschwebten.
»Den Chauffeur rufe ich gleich an. Er kann Feierabend machen.«
36 Languedoc – Mas La Roseraie
Ihr Arztbesuch in Hamburg war schnell erledigt. Sie bekam ein zusätzliches, etwas stärkeres Medikament, das sie einige Wochen lang nehmen sollte. Außerdem ermahnte der Herzspezialist sie, beim nächsten Mal nicht zu zögern und die Notrufnummer zu wählen.
Pauline versprach, Stress zu vermeiden. »Ich fahre für eine Weile nach Südfrankreich.«
»Wunderbar! Denken Sie daran, ein Glas Rotwein am Tag fördert die Gesundheit«, sagte er schmunzelnd zum Abschied, und Pauline dachte, dass er eigentlich doch ein ganz netter Mann war.
Das Interview mit einer großen Tageszeitung lief gut. Sie war der Journalistin dankbar, dass sie keine Fragen zu den Gerüchten stellte, die sich immer noch um ihre vermeintlichen Liebschaften rankten.
Zum Schluss schüttelte ihr die Frau die Hand und sagte leicht verlegen: »Im Frühjahr habe ich meinen Freund bei einem Unfall verloren. Ich weiß nicht, ob ich jemals damit fertigwerde, aber Ihre Stimme hat mich durch eine schwere Zeit begleitet. Hören Sie bitte niemals auf, an Ihre Träume zu glauben.«
Spontan umarmte Pauline sie. »Vielen Dank! Diese Rückmeldungen sind es, die mir beweisen, dass ich das Richtige tue.«
Auf dem Weg zum Flughafen kam ihr ein Gedanke, der sie zuerst in Erstaunen versetzte und dann laut lachen ließ.
»Alles in Ordnung?«, fragte Nicholas, der sie fuhr.
Constantin hob nur auf seine unnachahmliche Art ganz leicht eine Augenbraue.
»Ich weiß überhaupt nicht, wohin wir fliegen. Das Languedoc ist nicht eben klein.«
Seit sie Constantin und vor allem seinen Wein kannte, hatte sie versucht, im Internet Hinweise auf das Landgut zu finden. Aber es war wie verhext. Zu Constantin, der nun eigentlich weitaus bekannter sein müsste als sie, fanden sich, wie Henry schon anfangs festgestellt hatte, nur
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