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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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wenige Einträge. Und selbst wenn Pauline mal einen entdeckt hatte, war der meist einige Tage später nicht mehr auffindbar gewesen. Nun kannte sie sich nicht so gut aus, aber das erschien ihr doch äußerst merkwürdig. Henrys giftige Anschuldigungen kehrten bei solchen Gelegenheiten immer wieder wie ein hässlicher Traum zurück. Konnte ein einzelner Mensch so viel Macht besitzen, seine Identität auf diese Weise zu verschleiern? Pauline schüttelte den Kopf. Gerade heute wollte sie darüber nicht nachdenken.
    » Ma petite , ich nahm an, du magst Überraschungen.« Constantins Mundwinkel zuckten.
    Er hat wahrscheinlich schon länger darauf gewartet, dass ich ihn frage, und freut sich riesig über mein blindes Vertrauen , dachte sie und stupste ihn an. »Also?«
    »Wir fliegen nach Uzès. Mas La Roseraie liegt ganz in der Nähe.«
    Ratlos sah sie ihn an. »Aha.«
    »Uzès ist eine Kleinstadt in der Provence, es gehört aber noch zum Languedoc und liegt nördlich von Nîmes.«
    »Bis ans Meer fährt man etwa eine Stunde«, fügte Nicholas hinzu, der ihre Vorliebe für Küstenlandschaften kannte. »Du wirst es lieben. Avignon ist auch nicht weit, und natürlich die Camargue. Vielleicht kannst du ja deinen Mann überreden, dass er das Haus behält.«
    »Genug!« Constantins Stimme hatte diese leise Entschlossenheit bekommen, die Pauline immer noch ein wenig fürchtete.
    Nicholas schien unempfänglich dafür zu sein. »Ist doch wahr. Mas La Roseraie müsste man glatt erfinden, gäbe es den Ort noch nicht.«
    Dieser Satz fiel Pauline wieder ein, als sie wenige Stunden später zu zweit ein winziges Dorf passierten, das aussah, als gehörte es zu den plus beaux villages , den schönsten Dörfern des Landes, für die in Frankreich extra eine Website eingerichtet worden war. Wie immer konzentriert, wenn er selbst am Steuer saß, folgte Constantin einer schmalen, gewundenen Straße, bis er den gemieteten SUV vor einem Landhaus anhielt und den Motor ausschaltete.
    Das Gebäude musste alt sein. Errichtet aus hiesigem Gestein und nicht verputzt, leuchtete es in den typischen Farben, einer undefinierbaren Mischung aus blassem Gelb und Hellgrau. Wie so oft im ländlichen Frankreich hatten Generationen von Besitzern für Kinder, Großeltern oder eine neue Ziegenherde angebaut, bis von der ursprünglichen Hausform nicht mehr viel erhalten geblieben war. Obwohl die mattgrünen Fensterläden jetzt am Nachmittag geschlossen waren, wirkte es einladend und, in Ermangelung eines besseren Begriffs, »irgendwie freundlich«.
    » Voilà! Da sind wir.«
    Die Eingangstür wurde geöffnet, und zwei ältere Leute winkten ihnen zu.
    »Madame und Monsieur Perraud. Sie arbeiten schon sehr lange hier.«
    »Zoé, Louis«, sagte Constantin gleich darauf. »Darf ich Ihnen meine Frau Pauline vorstellen?«
    Zoé machte tatsächlich einen Knicks vor ihr, und Louis verbeugte sich höflich. »Ihr Appartement ist gerichtet, Monsieur. Leider konnten wir die Logiergäste so kurzfristig nicht mehr umbuchen, sie reisen aber demnächst ab.« Louis wirkte, als sei ihm sein Versagen peinlich.
    »Das ist kein Problem.« Constantin trug seine befremdlich kühle Distanz wie einen Mantel. »Wir essen um acht.« Er warf ihr einen Blick zu.
    Pauline nickte. Warum nicht? , dachte sie. Es schien selbstverständlich zu sein, dass für sie gekocht wurde. Von der Vorstellung, unbeschwerte Ferien zu zweit in einem abgelegenen Häuschen in pittoresker Landschaft zu verbringen, musste sie sich wohl verabschieden. Doch das hatte sie im Grunde auch nicht anders erwartet.
    Das Appartement war traumhaft. Ein gemütlicher Wohnraum mit Kamin und den typisch französischen Terrassentüren, die Bibliothek nebst Schreibtisch und zeitgemäßer Technik, ein weiterer Raum, von dem aus man einen fantastischen Blick in den Garten und das dahinter liegende Tal hatte, und nicht zuletzt ein riesiges Schlafzimmer mit angeschlossenem, luxuriösem Bad. Als sich die Dunkelheit allmählich über die Landschaft legte, flammten überall zwischen den rundgeschnittenen Buchsbäumen und hohen Zypressen Lampen auf, und der Pool leuchtete wie ein geheimnisvoller See in einladendem Türkis. Pauline konnte sich kaum sattsehen und drückte mehr als einmal vor Freude und Dankbarkeit Constantins Hand.
    Am nächsten Tag schien die Sonne. Constantin schlug eine Besichtigungstour vor. Das Réfectoire , den großen Saal, hatte sie schon gestern beim Abendessen kennengelernt und dabei erfahren, dass es Mas La

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