Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
Halt, nein. Das stimmt nicht. Eigentlich hatte ich von Anfang an kein gutes Gefühl, und als der Typ dann …«
    Als sie den restlichen Cognac in einem Zug hinunterstürzte, zuckte Constantin unwillkürlich zusammen. Eine Bemerkung verkniff er sich jedoch. Zuerst wollte er, dass sie ihre Geschichte zu Ende erzählte. »Ja?«
    »Ich bin abgehauen. Habe gesagt, ich muss mir die Nase pudern, und bin durch den Hinterausgang verschwunden. Oje, die Schuhe! Sie gehören mir nicht. Ich muss sie wiederhaben. Henry bringt mich sonst um.«
    Er hatte keine Ahnung, wer dieser Henry war, und es interessierte ihn ebenso wenig wie Paulines Sorge um ihr Schuhwerk. Das Mädchen war offensichtlich betrunken. Am Cognac konnte es aber nicht liegen; wahrscheinlich hatte sie schon vorher zu tief ins Glas geschaut.
    Mit schleppender Stimme erzählte sie nun etwas von einem Nachtzug, den sie erreichen müsse, und davon, dass sie ihr Gepäck nebst Handtasche und Jacke zurückgelassen hatte.
    »Und wie heißt das Restaurant?«, fragte er, als sie die Lider schloss und sich zurücklehnte.
    »Ich glaube, es war irgendwas mit Theater.« Pauline richtete sich wieder auf, was ihr sichtlich schwerfiel, und rieb sich die Augen. »Phoenix?«, fragte sie unsicher. »Nein, das ist in Amerika.«
    »La Fenice?« Constantin sah sie eindringlich an und dachte, wie praktisch es jetzt wäre, Gedanken lesen zu können.
    »Natürlich! Die Trattoria La Fenice, nicht weit vom Theater.« Ihre kurz aufgeflackerte Aufregung ebbte ab, und sie ließ sich erneut zurücksinken. »Jetzt ist alles futsch!«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Der Rezeptionist von der Nachtschicht nahm sofort Haltung an, als er Constantin auf der Treppe erblickte. Wenig später raunzte er ein paar unverständliche Anordnungen ins Handy und nickte ihm zu. »Geht in Ordnung. Sobald das Gepäck der Signorina da ist, bringe ich es Ihnen persönlich nach oben.«
    Vor seiner Zimmertür traf er auf die Hausdame, die in einer Hand Tüten einer eleganten Designerboutique hielt und in der anderen einen Bügel mit dem zwar getrockneten, aber ziemlich aus der Form geratenen Seidenkleid. »Mehr war nicht zu machen«, sagte sie bedauernd. »Aber ich habe Unterwäsche besorgt und was eine junge Dame sonst noch so benötigt.«
    »Gut. Das war’s für heute. Danke.«
    Vermutlich hätte er die Tür sogar zuknallen können, und Pauline wäre nicht aufgewacht. Sie war einfach zur Seite gekippt und lag nun zusammengerollt wie ein kleines Kätzchen auf dem riesigen Sofa. Der Bademantel war dabei verrutscht, und man sah mehr von ihren Beinen, als ihr lieb sein dürfte. Constantin stellte die Tüten ab, hängte das Kleid auf und breitete eine Decke über ihr aus. Eine Turmuhr erklang.
    Während er die Schläge bis elf mitzählte, setzte er sich an den Schreibtisch und öffnete seinen Laptop. Höchste Zeit, die Papiere durchzusehen, die ihm sein Büro zur Vorbereitung des morgigen Treffens zusammengestellt hatte.
    Doch seine Konzentration ließ zu wünschen übrig. Immer wieder sah er auf und betrachtete Pauline. Hoffentlich ist sie überhaupt schon volljährig. Vorhin hätte er sie auf Anfang, höchstens Mitte zwanzig geschätzt. Im Schlaf aber sah ihr herzförmiges Gesicht jünger aus. Kühn geschwungene Augenbrauen setzten Akzente, die weich geformten Lippen waren leicht geöffnet und gaben ihr etwas Unschuldiges. Gleichzeitig wirkten sie ungemein sinnlich auf Constantin. Ihr Kopf lag auf einem Kissen, und die Wange hatte sie auf gefalteten Händen gebettet, was sie auf rührende Art verletzlich erscheinen ließ. Die Figur unter der Decke konnte er nur erahnen, aber was er bisher gesehen hatte, gefiel ihm.
    Erleichtert erhob er sich, als ein leises Klopfen an der Zimmertür ihn aus Gedanken riss, die sich in eine gefährliche Richtung entwickelten. Im Hotelflur stand der Mann vom Empfang mit einer schlichten Reisetasche, über seinem Arm lag eine abgetragene Lederjacke von der Art, wie man sie in London oder Paris das ganze Jahr über sah.
    »Signor Dumont, ich muss Ihnen mitteilen, dass die Signorina in schlechte Gesellschaft geraten ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Mein Neffe Ricardo – ich habe ihn zu diesem Ristorante geschickt, wie Sie mir gesagt haben …«
    »Ja?«
    »Er kennt eine der Kellnerinnen dort. Sie sind zusammen zur Schule gegangen. Ich erinnere mich noch an sie. Ein niedliches Mädchen. Aber das ist sie natürlich längst nicht mehr. Ein Kind hat sie, sagt Ricardo. Keinen Mann. Wie es heute

Weitere Kostenlose Bücher