Gib mir deine Seele
mit den jungen Frauen so ist«, fügte er missbilligend hinzu und sah an Constantin vorbei in die Suite, wo er zweifellos die schlafende Pauline auf dem Sofa entdeckt hatte.
Der Lebensweg der Kellnerin interessierte Constantin nicht im Geringsten, doch er beherrschte seine Ungeduld und sagte ermunternd: »Und diese Schulfreundin hat ihm etwas erzählt.«
»Genau.« Der Mann senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Die Signorina war in Begleitung.«
Das wusste er bereits. »Davon hat sie gesprochen.«
»Der Kerl ist dort kein Unbekannter. Er kommt immer mit jungen Frauen, meist Ausländerinnen, die im Laufe des Abends zu viel trinken. Die Kellnerin will mindestens bei einer Gelegenheit gesehen haben, dass er ihnen etwas ins Glas gekippt hat. Ihr Chef und die anderen Bedienungen haben das zwar bestritten, aber Ricardo glaubt, dass sie die Wahrheit sagt.«
»Warum geht sie damit nicht zur Polizei?«, fragte Constantin, doch er kannte die Antwort bereits.
Der ältere Mann zuckte mit den Schultern. »Wer will schon Ärger mit der Polizia haben?«
»Richten Sie Ihrem Neffen bitte aus, dass ich die Information sehr zu schätzen weiß.« Er drückte ihm ein paar Geldscheine in die Hand und nahm ihm Paulines Gepäck und Jacke ab. »Gute Nacht.«
Obwohl die Geschichte ziemlich weit hergeholt klang, glaubte Constantin der Kellnerin. Das erklärte Paulines Verhalten. Würde sie sich morgen überhaupt noch an irgendetwas erinnern können? Doch im Moment konnte er ohnehin nicht viel für sie tun, außer es ihr so bequem wie möglich zu machen. Also brachte er die Einkäufe der Hausdame zusammen mit der Reisetasche in sein Schlafzimmer, schob die Bettdecke zurück und trug die Schlafende kurzerhand ebenfalls hinüber. Wie vermutet, wachte sie nicht auf, und als er sie zugedeckt hatte, tastete er vorsichtshalber nach ihrem Puls. Das Herz schlug kräftig und ruhig, und sie wirkte weder fiebrig, noch fühlte sie sich so an. Also nichts, was ein ausgiebiger Schlaf nicht wieder in Ordnung bringen würde. Das hoffte er zumindest.
Leise zog sich Constantin zurück und machte es sich, nachdem er seine Arbeit beendet hatte, auf dem breiten Sofa bequem.
Es gab wohl nichts Netteres, als einen gut gebauten Mann zu beobachten, der in geradezu kontemplativer Ruhe mit einem gefährlich aussehenden Rasiermesser hantierte. Besonders, wenn er lediglich mit einer klassisch gestreiften Pyjamahose bekleidet war, die tief auf den schmalen Hüften saß.
Pauline wagte nicht, sich zu bewegen, aus Furcht, die Erscheinung könnte sich in Luft auflösen. Gebannt beobachtete sie, wie er den Wasserhahn aufdrehte und sich nach vorn beugte, um den letzten Rest des Schaums fortzuspülen. Diesem Muskelspiel hätte sie stundenlang zusehen können – oder vielleicht auch nicht. Zu groß wäre die Versuchung aufzustehen und mit eigener Hand zu überprüfen, ob sich diese sonnengeküssten Schultern so glatt und fest anfühlten, wie sie vermutete.
Ein seidiger Vorhang aus schwarzem Haar fiel ihm in die Stirn, als er sich wieder aufrichtete und nach dem After Shave griff. Dennoch erhaschte sie genug von seinem Spiegelbild, um zu erkennen, dass nicht nur der athletische Körper eine ausgiebige Betrachtung regelrecht herausforderte: Das Gesicht war ebenmäßig, eher männlich als schön, etwas zu scharf geschnitten die Nase und ein sinnlicher Mund, der zum Träumen verleitete. In diesem Augenblick trafen sich ihre Blicke im Spiegel, und sie wusste, dass ihr Seelenfrieden in seiner Nähe gefährdet war. Plötzlich flirrte die Luft voller Elektrizität und entzündete ein knisterndes Feuer zwischen ihnen. Unwillkürlich richtete sie sich weiter auf … Was würde jetzt geschehen?
Es klopfte. Der Bann war gebrochen.
Mit einem entschuldigenden Lächeln in ihre Richtung durchquerte der Mann das Schlafzimmer und zog auf dem Weg hinaus die Tür hinter sich zu.
Aus der Verzauberung gerissen, sah sie sich um. Den Raum hatte Pauline noch nie im Leben gesehen, und das Schlimmste war: Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie sie hierhergekommen war. Unter der Bettdecke war sie nackt. Nicht einmal ein Höschen hatte sie an. Vage erinnerte sie sich, dass sie in der Nacht eine beinahe unerträgliche Hitze gequält hatte. Und richtig, vor dem Bett lag zusammengeknüllt ein Bademantel. Das ließ sie hoffen, wenigstens einigermaßen dezent ins Bett gegangen zu sein. Noch einmal ließ sie den Blick durch das elegante Schlafzimmer schweifen. Auf einem Sideboard entdeckte sie
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