Gib mir mehr - Scharfe Stories
ihn zu bestehlen, und trotz des Rufs, den sein Volk genoss, sah es ihm überhaupt nicht ähnlich.
Außerdem konnte Brodie wohl kaum seine Schuld auf ihn abwälzen.
Schnalzend trieb er Bess an. Als sie den Hügel herunterkamen, wieherte das Zigeunerpferd leise, beachtete sie aber ansonsten kaum und graste ruhig weiter.
Brodie stieg ab, blieb eine Weile lauschend stehen und holte dann den Bewusstlosen vom Sattel herunter. Im kalten Morgenlicht sah er das getrocknete Blut an der Wange. Und doch war er immer noch attraktiv und erregte Brodie, wenn er ihn bloß anschaute.
Seufzend nahm er ihn über die Schulter und ging zu den
hölzernen Stufen am Eingang des Wagens. Als er eintrat, empfing ihn der Geruch des Mannes in seinen Armen: Lavendel, Rosmarin, Mann.
Vorsichtig legte Brodie seine Last auf dem Bett ab. Eine Lampe stand daneben, und er fand einen Feuerstein und entzündete sie. Das Licht fiel auf eine wahre Schatzkammer. Bücher und Nippes, Töpfe und Pfannen, Spiegel und bunte Steine – überall stand und lag etwas auf den geschnitzten oder bemalten Flächen.
Ein Schauer durchrann Brodie, und er wandte sich entschlossen ab, um seinen reglosen Liebhaber zu versorgen. Der Puls war kräftig und gleichmäßig, und die Haut fühlte sich kühl an. Er würde sicher gleich aufwachen.
Dann konnte Brodie ja eigentlich jetzt gehen. Andererseits würde er sich sein Leben lang Vorwürfe machen, wenn noch etwas passierte. Verlegen stellte er fest, wie viel ihm der andere Mann bedeutete. Er hätte es nie für möglich gehalten.
Mit seinen kräftigen Fingern strich er die Haarsträhnen aus dem stillen Gesicht, das er nachdenklich betrachtete. Dann wandte er sich ab und ging nach draußen.
Hinten am Wagen war eine Wassertonne befestigt. Er trank durstig daraus, dann füllte er einen Eimer und ging wieder in den Wagen. Ein wenig von dem Wasser goss er in einen Krug zum Trinken. Er öffnete die Fensterläden, um Licht hineinzulassen, und begann vorsichtig, den bewusstlosen Mann zu säubern.
Als er ihn entkleidete und die Blutergüsse auf den Armen und am Bauch sah, verfinsterte sich sein Gesicht. Zart fuhr er mit dem Finger über die wunden Stellen, wobei er im Stillen seine Gewalttätigkeit verfluchte. Ob er
ihn aus Leidenschaft oder aus Wut so zugerichtet hatte, spielte keine Rolle – beides war unentschuldbar.
Dem reglosen Mann die Hose auszuziehen war ein schwieriges Unterfangen, aber schließlich hatte er es geschafft, und Doyle lag nackt vor ihm. Brodie riss einen Stoffstreifen von seinem Hemd ab, tauchte ihn ins Wasser und wischte vorsichtig das eingetrocknete Blut von Gesicht und Brustkorb des Zigeuners. Aus einem tiefen Schnitt, der direkt unter dem Haaransatz über eine Beule an seiner Stirn verlief, aber schon wieder geschlossen war, hatte er stark geblutet. Er würde sicher ohne Probleme verheilen. Neben dem Bett stand eine Flasche mit französischem Cognac, und ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wie der Zigeuner daran gekommen sein mochte, entkorkte Brodie die Flasche, gab ein wenig Alkohol auf einen Stoffstreifen und betupfte damit die Wunde. Der Bewusstlose regte sich, runzelte die Stirn und murmelte etwas Unverständliches, wachte jedoch nicht auf.
Brodie deckte ihn zu und machte sich dann daran, sich selber zu säubern. Als er sein Hemd auszog, schmerzten seine Rippen, aber offenbar war nichts gebrochen. Blut aus seiner Nase bedeckte sein Gesicht; als er es abwusch, zuckte er erneut vor Schmerz zusammen. Seine Nase war jedoch heil geblieben, wie er feststellte, als er sie vorsichtig betastete.
Schließlich war er wieder sauber und fühlte sich schon wesentlich besser, als er sein Hemd wieder anzog. Einen Moment lang blieb er am Bett stehen und blickte auf den schlafenden Mann. Wie alt mochte er sein? Vermutlich so alt wie er selbst. Wo kam er her? Was für Vorlieben und Wünsche mochte er haben? Er machte Liebe so kenntnisreich,
zartfühlend und feurig, wie Brodie es noch nie erlebt hatte. Er wusste, wie er gefickt werden wollte und welche Berührungen er liebte, aber mehr auch nicht. Alles andere war ein Geheimnis. Er war dünn, stellte Brodie fest, die Haut spannte sich fest über seinen Knochen. Sie hatten nie zusammen gegessen, immer nur gefickt.
Und jetzt war es vorbei. Jedenfalls wenn der Zigeuner aufwachte und er gehen konnte. Dass er so lange bewusstlos blieb, machte ihm Sorgen, und Brodie fragte sich, ob es wohl ein Fehler gewesen war, nicht direkt mit ihm zum Arzt zu reiten.
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