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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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nun bei mir: … Damals war ich noch ein ganz kleines Mädchen – und du wirst ein hundertjähriger Greis sein! Als ihr das bewußt geworden war, da hatte sie durchgedreht.
    Anima-Mora, und welche andere Namen sie gegenüber ihren unzähligen Freunden aus verschiedenen Zeiten noch angenommen hatte und die sie durcheinanderbrachte, weil sie die Übersicht verlor – dieses Mädchen Zeitlos stand außerhalb aller Normen. Ich verzieh ihr, ich mußte ihr verzeihen. Ich konnte sie nicht dafür verantwortlich machen, was sie mir angetan hatte. Sie besaß eine ungewöhnliche Fähigkeit, doch hatte die Natur sie nicht mit dem Talent ausgestattet, diese auch unter Kontrolle zu bringen. Sie konnte sich nicht auf eine Aufgabe konzentrieren und konsequent auf das selbstgestellte Ziel hinarbeiten. Sie konnte mit der Zeit jonglieren, aber sie beherrschte sie nicht. Es war umgekehrt. Und so sprang sie von Epoche zu Epoche und von einem Schützling zum anderen.
    Zu Gurr, den sie gelehrt hatte, das Feuer zu bändigen, und zu Hely, den sie schließlich aus der Zukunft holte, als sie sich als alte Frau meiner wieder erinnerte und gerade rechtzeitig kam, um mich, der Vollwaise, bei sich aufzunehmen und mir ein Zuhause zu geben. Schicksal zu spielen. Und zwischendurch immer wieder die Zeitsprünge zu anderen Bedürftigen … Und sie hatte dem kleinen Alby Geschenke aus verschiedenen Zeiten mitgebracht und sie ihm wieder weggenommen, wenn sie erkannte, daß es sie in seiner Zeit noch nicht geben durfte. Denn das hätte zu Zeitparadoxa geführt! Nur den Faustkeil ließ sie dem kleinen Alby, und der bewahrte ihn bis zu seinem Tode auf. Hat er einst Gurr gehört, oder einem Urahn von ihm?
    Schade, daß wir in verschiedenen Richtungen auf der Straße der Zeit gegangen sind, du Mädchen Zeitlos. Wenn wir die gleiche Richtung gehabt hätten, dann wäre es etwas für Dauer gewesen. Aber so habe ich dich nur während dreier kurzer Episoden kennengelernt. Und nicht einmal in der richtigen Reihenfolge. Kein Wunder, daß du bald die Orientierung verloren hast, wenn du auch die übrigen Zeitbekanntschaften so durcheinanderbrachtest.
    Schade, wir hatten nicht die gleiche Richtung, du zeitloses Mädchen. Aber doch bin ich glücklich, dich kennengelernt zu haben. Ich sterbe nun nicht mit Verbitterung im Herzen. Vielleicht bleibt mir noch die Zeit, einige Fehler auszumerzen … Aber nein, du hast gesagt, daß ich als mürrischer Eigenbrötler in die Geschichte eingehe. Wenn schon, ich sterbe in Frieden.
    Wenn man von anderen Männern sagt, daß drei Frauen in ihrem Leben eine Rolle gespielt haben, dann kann man nur ihre Mutter, die Ehefrau und die Geliebte meinen. Bei mir ist das anders. Meine drei Frauen waren in Wirklichkeit nur eine.
     
    Ich werde von dieser Wahrscheinlichkeitsebene abgestoßen und von dem mörderischen Reigen meiner literarischen Schöpfungen mitgerissen. Sie zerren vehement an mir, denn jeder von ihnen will mich an sich reißen, um mich in seine Welt zu entführen und mich dort der an ihm begangenen Verfehlungen anzuklagen. Ein Taumel erfaßt mich. Ich stürze von einer Wahrscheinlichkeit in die andere, werde von Hand zu Hand gereicht und von einer Welt zur anderen abgeschoben. An manchen Orten verweile ich länger, andere wiederum tauchen nur kaleidoskopartig vor mir auf, wie etwa diese …
     

 
EIN MOTOR WIE MONIKA
     
    Mo ist ein liebenswertes Mädchen, verträumt und schwärmerisch, treu und anschmiegsam, scheu und zurückhaltend, sie hat für jedermann stets ein wärmendes Lächeln bereit. Man hat sie zu Recht zur Kameradin der Welt gewählt. Mo liebt Blumen über alles, was soweit geht, daß sie selbst Menschen ihrer Gunst Blumennamen gibt. Sie wandert am liebsten über Felder und Wiesen, um dabei die über alles geliebten Blütenfreunde zu pflücken. Sie mag sie alle, die Mohnblume und das Gänseblümchen, Buschwindröschen und Leberblümchen, den Feldrittersporn und den Blauen Eisenhut – und wie ihr die Gemeine Akelei gefällt! Aber ihnen allen zieht sie den Löwenzahn vor, der für viele ein Unkraut ist, der Löwenzahn, der nach seiner Blütezeit Dutzende winziger Fallschirme trägt. Sie pustet sie davon und sieht zu, wie sie im weiten Umkreis ausschwärmen. Wenn sie Blütenblätter zupft, dann nur, um eine ihrer Freundinnen auf diese Weise über ihren Liebsten zu befragen: »Er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich …« Alle Welt liebt Mo. Und dann passiert mit ihr das! Ein Unfall. Zurück bleibt ein

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