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Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)

Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)

Titel: Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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sind, befinden sich in einem Meeting.«
    Zufrieden lehnte Frau Vollmer sich zurück, im Bewusstsein, ein eindrucksvolles Reich zu beherrschen. Die Kanzlei lag in einer repräsentativen Altbauwohnung mit vier Meter hohen Decken, geschnitzten Wandpaneelen und üppigem Stuck. In bester Lage natürlich, in der begehrtesten Geschäftsgegend der Stadt. Entsprechend nobel war die Einrichtung. Sie stammteaus der Hand eines bekannten Möbeldesigners: glänzendes Stahlrohr, feinstes schwarzes Leder, poliertes, goldbraunes Tropenholz. Das moderne Design und die verspiegelten Halogenstrahler bildeten einen aparten Kontrast zu den kostbaren Teppichen, die wohldosiert auf dem Parkett verteilt waren. Beeindruckungsdesign, gediegen und doch zeitgemäß.
    Oma Brownie ließ sich allerdings nicht davon beeindrucken. »Hallo, danke für den netten Empfang. Es macht dir bestimmt nichts aus, uns zu sagen, in welchem Büro Joachim sitzt, oder?«
    Schon das »du« hätte gereicht, um Frau Vollmer aus dem Konzept zu bringen. Das leicht hingeworfene »Joachim« machte sie vollends nervös. Verunsichert setzte sie eine strenge Hornbrille auf und betrachtete ihre Gäste genauer.
    Anne war lange nicht hier gewesen. Sie erinnerte sich dunkel an eine Weihnachtsfeier vor etwa eineinhalb Jahren. Leicht schwankend ging sie über das spiegelblank gebohnerte, knarrende Parkett auf den Schreibtisch der Sekretärin zu.
    »Erkennen Sie mich nicht? Anne Westheimer.«
    Frau Vollmer nahm ihre Brille ab, putzte sie mit einem gelblichen kleinen Tuch und setzte sie wieder auf. »Ach ja, Frau Westheimer. Natürlich. Entschuldigung.«
    »Und das ist meine Mutter.«
    »Angenehm«, lispelte die Sekretärin. Ihre Miene verriet etwas anderes: große, allergrößte Skepsis.
    Oma Brownie machte ihr Buddhagesicht, mit glatten, butterweichen Wangen. »Wenn du dann mal die Freundlichkeit hättest, uns das Büro meines Schwiegersohns zu zeigen, wären wir dir sehr verbunden.«
    Frau Vollmer lächelte schief. »Das tue ich gern.« Sehr, sehrungern, bedeutete das im Klartext. »Doch Sie werden ihn dort nicht finden. Er hat sich den heutigen Nachmittag freigenommen und wird erst am kommenden Freitag wieder am Platz sein. Frühestens am späten Nachmittag.«
    Anne taumelte zu einem der edlen Stahlrohrsessel und sank darauf nieder. »Kommenden Freitag.« Stumm rechnete sie die verbleibende Zeit an den Fingern ab. Drei Tage«, dachte sie. Dreieinhalb. Mein Gott, was hat er mit Lars gemacht? Wo ist mein Kind?
    Oma Brownie beugte sich zu Frau Vollmer herunter und stützte dabei ihre erdverkrusteten Ellenbogen auf der Schreibtischplatte ab, »Sag mal, ganz unter uns – du weißt nicht zufällig, ich meine rein zufällig , man hört ja dies und das, wenn man hier den ganzen Tag sitzt, was Joachim vorhatte?«
    Wie aus einem Reflex heraus griff die Sekretärin zum Telefon. Mit dem Hörer in der Hand hatte man etwas, woran man sich festhalten konnte. Hektisch tippte sie eine Nummer ein.
    »Vollmer hier. Könnten Sie bitte zum Empfang kommen? Es sind Besucher von Herrn Westheimer da.« Sie lauschte. »Nein, nicht direkt.«
    Misstrauisch warf sie einen Blick auf Anne, die ächzend auf dem Sessel hing. Ein weiterer Blick galt Oma Brownie, die mit einer Büroklammer herumspielte, auf dem penibel aufgeräumten Schreibtisch.
    »Nun, das müssten Sie dann besser selbst klären«, sagte Frau Vollmer in den Hörer. »Ja. Herzlichen Dank.«
    »Und?« Oma Brownie lächelte aufmunternd. »Was rausgefunden?«
    »Eine Kollegin von Herrn Westheimer wird sich um Siekümmern, sie arbeitet eng mit ihm zusammen. Oh, da ist sie schon.«
    Strahlend, mit einer perfekt geföhnten dunklen Lockenmähne und einem ebenso perfekt sitzenden grauen Schneiderkostüm, bog Dr. Charlotte Stark um die Ecke. Sie bewegte sich so sicher wie ein Fisch im Wasser. Ihre Lippen waren frisch geschminkt, ihr Teint leuchtete zart gebräunt. Sie sah aus wie das blühende Leben, falls man eine perfekte Treibhausblume für lebendig hielt.
    Als sie die beiden Besucherinnen erblickte, verlangsamte sie ihren Schritt. Hilfesuchend schaute sie zur Sekretärin. Doch die war vollauf damit beschäftigt, ihre bereits mehrfach geordneten Papiere ein weiteres Mal durchzublättern und mit einem akkuraten, energischen Zackzack auf der Schreibtischplatte zu einem exakten Stapel zu formen. DIN A 4. Es gab Dinge, auf die man sich verlassen konnte.
    »Hallo, Frau Doktor Stark«, sagte Anne matt.
    Ihr war völlig klar, wonach das hier aussah: nach

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