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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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für eine Sorte Sex benutzen, die sie vorgeben abzulehnen? Einen Sex, der heimlich und schuldbewusst stattfand, der unbedeutend war und ziemlich oft bezahlt wurde?
    Das Einzige, was mein Schuldbewusstsein weckte, war, dass ich schuldbewussten Sex mochte. Und Ilya hatte diesen Nerv wirklich getroffen, als er mich eine Schlampe und eine Hure genannt hatte. Ich mag, wenn man mich als schlimmes Mädchen beschimpft, weil ich einen Schwanz will.
    Aber was zieht ein schlimmes Mädchen an?
    Sollte ich Hot Pants anziehen wie eine New Yorker Straßennutte?
    Oder mich lieber an das Bild der Proletarierschlampe halten, wie sie in englischen Polizeifilmen auftauchen, wo Leute Sachen sagen wie: «Da is’ ’ne Bordsteinschwalbe an der Rezeption, Chef, die sagt, sie hat Ihnen was Wichtiges zu sagen», und dann steht da eine Frau mit blauen Flecken an ihren blassen Beinen, die leicht patzig wird und Kaugummi kaut?
    Um Himmels willen, sollte ich etwa auch noch Kaugummi kauen?
    Nein, Beth. Nun krieg dich mal ein. Und mach dir nicht schon jetzt Gedanken um deine Beine.
    Es war ein heller, sonniger Nachmittag. Die Surrey Street war schon in eine Fahrtrichtung vollkommen verstopft, und gegenüber auf der anderen Straßenseite hatten die Kneipen ihre Plastiktische hinausgestellt. Da saß eine Horde von Leuten, die ihr Bier tranken und dabei Abgase einatmeten.
    Ich lief an schmalen Häusern vorbei, an ein paar schmierigen Läden und auch am Sexshop – wobei ich mich fragte, wie jeder es tut, wie es da drinnen wohl aussieht und womit die ihr Geld machen, weil man so selten mal jemanden reingehen oder rauskommen sieht.
    Es ist ein schrecklich diskret aussehendes Gebäude, mit einer schmuddelig cremefarbenen Fassade, einem cremefarbenen Schild und immer heruntergelassenen cremefarbenen Jalousien. Es hat überhaupt nichts Anziehendes; es gibt keine grellen Schilder, auf denen steht «Filme nur für Erwachsene», so wie in London. Alles ist lediglich cremefarbig. Unheimlich cremefarbig. Die ganze Fassade scheint sagen zu wollen: «Und hinterher: Händewaschen nicht vergessen!»
    Ist das verrucht?, fragte ich mich. Oder bloß mies?
    Der Laden erinnerte mich daran, dass Ilya sich gewünscht hatte, ich sollte Pornofilm-Unterwäsche tragen. Allein der Gedanke daran ließ mich mich unbehaglich fühlen. Ich geh nicht in Stöckelschuhen, Flitterkram und Strümpfen. Das bin ich nicht. Während ich auf die Vorstellung, mich zu benehmen wie ein Pornofilm-Luder, total abfuhr, wollte ich trotzdem nicht so aussehen, zumindest nicht so, wie Ilya es geschildert hatte.
    Zu jener Zeit hatte ich mir noch meine Pornofilm-Jungfräulichkeit bewahrt, nicht jedoch meine Pornoheftchen-Unbeflecktheit. Vor ein paar Jahren hatte ich Rich, damals die Liebe meines Lebens, davon überzeugt, loszuziehen und etwas zu kaufen, um meine Neugier zu befriedigen und – ähem – meinen kulturellen Horizont zu erweitern, was es mir erlauben sollte, mir ein fundiertes Urteil über die Vorzüge oder was auch immer von Wichsblättern zu bilden.
    Ich meine, ich hab nun mal keine Brüder, also konnte ich nicht heimlich deren feuchten Teenager-Phantasien nachspüren und mich auch nicht an Gesprächen beteiligen, bei denen Leute dann immer solche Sachen sagen wie: «Ja, das Problem bei Porno ist ja leider, dass die Sachen immer so schlecht gemacht sind.» Ich brauchte einfach mehr Informationen.
    Rich war mit ein paar Arsch- und-Titten-Blättern wiedergekommen, wobei er murrte, dass es heutzutage wahrscheinlich für eine Frau weniger peinlich wäre als für einen Mann, solche Sachen zu kaufen – was er damit begründete, dass man von einer Frau, die das tat, sagte, sie sei sexuell selbstbestimmt, sie sei scharf und sie setze sich damit über die jahrzehntelange Unterdrückung durch die Männer hinweg; wenn ein Mann es tat, hieße es bloß, er sei ein kleiner Wichser.
    Die Zeitschriften waren wirklich ziemlich übel – überall steife Schwänze und Mösen, kaum störender Lesestoff dazwischen. Unter diesem Aspekt störte mich das zwar nicht, wirklich nicht die Bohne. Aber sie waren ästhetisch wirklich richtig mies: airbrushretuschierte Frauen mit absurdem Schmollblick, die billige Nylon-Unterwäsche trugen und so aussahen, als seien sie mindestens zehn Jahre hinter unserer Zeit zurück. Hier und da waren schwarze Punkte angebracht, wo sie den Ort der Penetration verdeckten oder jene tollen Sperma-Fontänen, die dann aussahen, als ob die Männer glänzend schwarze Perlen spritzten, den

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