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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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keine große Sache sein.»
    «Und jetzt bist du eine angegrätzte Kuh», meinte sie munter. «Was soll ich als Nächstes machen?»
    «Nimm das Transparent ab hinter der Bühne», antwortete ich. «Bitte, Schätzchen. Und könntest du dann auch noch die Plakate runternehmen? Schmeiß sie einfach weg. Super, Clare.»
    Clare zog ab.
    Der Ort, an dem ich KörperSprache aufgezogen habe, liegt über einem Pub. Ich bezahle nicht mal dafür. Das Management macht sein Geld mit dem Bier, ich verdiene meins mit dem Eintritt. Abends, wenn wir Auftritte haben, tue ich mein Bestes, um so eine richtig schön gemütliche Clubatmosphäre entstehen zu lassen: ein paar Sofas, kleine Tischchen mit Kerzen drauf, eine niedrige Bühne, hier und da hängen ein paar Dekorationen. Sieht gut aus und ein bisschen nach Mittelmeer.
    Aber Tageslicht bekommt diesem Ort überhaupt nicht gut. Dann sieht es hier ziemlich krass und schäbig aus. Man kann die Risse überall sehen, die abblätternde weinrote Farbe, den rauen Boden, bei dem die Politur an manchen Stellen schon völlig abgelatscht ist, die Spitzen der Dächer auf der anderen Straßenseite.
    Heute Morgen konnte ich kein Sonnenlicht vertragen.
    Owen kam zur Bar herüber und stellte eine Ladung geleerter Aschenbecher ab. «Soll ich schon mal mit der Lautsprecheranlage anfangen?», fragte er. «Oder willst du immer noch auf Denny warten?»
    Gewohnheitsmäßig sah ich auf mein Handgelenk, fluchte, als mir einfiel, dass ich meine Uhr ja gar nicht umhatte. Ich hatte schon im ganzen Club danach gesucht, aber leider ohne Erfolg. Was bedeutete, dass ich sie bei Ilya vergessen hatte, zusammen mit der Federboa. Ich würde auf dem Nachhauseweg bei ihm klingeln müssen, bei der Gelegenheit könnte ich mich dann auch noch einmal dafür entschuldigen, dass ich so betrunken gewesen war.
    «Geben wir ihm noch ein paar Minuten», sagte ich. «Wenn er dann immer noch nicht aufgetaucht ist, fang schon mal an, und ich komm dazu und helfe dir. Ich muss nur noch vorher die Spülmaschine ausräumen. Oh, und danke, Owen. Danke für alles. Du bist ein Engel.»
    Er grinste. «War eine gute Nacht gestern, oder?»
    Ich konnte erkennen, dass Clare uns misstrauische Blicke zuwarf. Nein, ich vögle nicht mit Owen, hätte ich am liebsten gerufen.
    «Ja, das war’s», sagte ich. «Teilweise etwas verschwommen allerdings.»
    «Ganz meinerseits», sagte Owen, und er zog ab, um die Stühle auf die abgeräumten Tische zu stellen, damit alles bereit wäre für die Putzfrau.
    Sehr verschwommen in einigen Teilen. Oh, der Teufel Alkohol.
    Letzte Nacht hatte die letzte KörperSprache-Veranstaltung der Saison stattgefunden – ein Poetry Slam, der ziemlich wild und ausgelassen geendet hatte. Gewöhnlich schließe ich den Laden im Sommer für einige Wochen, weil die Leute an diesen langen, warmen Abenden meist was anderes zu tun haben. Genau wie ich. Im Oktober geht es dann wieder los, wenn die Studenten wiederkommen, wobei ich vielleicht zwischendurch ein paar kleinere Veranstaltungen mache. Aber im Grunde war gestern Abend der Start in eine Zeit, in der ich ein bisschen weniger Hektik habe – nicht wirklich Urlaub, nur eben nicht so viel Hektik.
    Und das sowie die Tatsache, dass eine unserer Tresenkräfte uns verlassen würde – ein Australier namens Paul, der wirklich süß war –, war der Anlass dafür gewesen, dass wir nach Feierabend noch ordentlich was getrunken hatten. Es war eine Art Abschiedsfeier, verbunden damit, dass ich mich bei allen bedanken wollte, die in den vergangenen Monaten immer wieder eingesprungen waren.
    Also endete es damit, dass wir alle völlig breit waren und für einen Dienstag viel zu lange aufblieben – außer Clare, die sich mit Tom einen gemütlichen Abend zu Hause gemacht hatte und deshalb so ganz anders drauf war als wir anderen. Trotzdem war ich ihr in meinem Herzen zutiefst dankbar dafür, dass sie für Jenny eingesprungen war, die – «Na klar komm ich morgen, bestimmt, Beth, ich liebe Aufräumen» – es nicht ganz geschafft hatte, rechtzeitig aus den Federn zu kommen.
    Ich hatte nicht den Luxus gehabt, im Bett bleiben zu können – teils weil ich nun mal der Boss war und teils weil ich zum allerersten Mal in Ilyas Bett aufgewacht war und er mich im Morgengrauen vor die Tür gesetzt hatte.
    Nun, zumindest war es mir wie Morgengrauen vorgekommen, aber in Wirklichkeit hatte es wahrscheinlich bereits gedämmert, als ich nach Hause stolperte, dumm grinste und dabei dachte, dass es doch toll

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