Gib's mir
Urlaub. Ich liege mit dem Rücken auf meinem Wohnzimmerfußboden, bade in einem Sonnenstrahl, höre Galaxie 500 und telefoniere mit dir. Wahrscheinlich kannst du sogar, wenn du am Fenster stehst und ich mein Bein hebe, meinen Fuß sehen. Kannst du?»
«Glaub nicht», sagte Ilya. «Nein, nichts zu sehen. Ah, doch, ich hab gesehen, wie sich was bewegt hat. Egal, jedenfalls klingst du nicht sehr beschäftigt, also hab ich was für dich.»
«Meine Uhr. Hast du sie gefunden?»
«Ja, aber ich hab noch was.»
«Eine lilafarbene Federboa.»
«Was Besseres.»
«Hmm. Lass mich überlegen. Es ist nicht zufällig ein wahnsinnig steifer Schwanz?»
«Beim dritten Versuch erraten!»
«Nein, wirklich. Was für eine Überraschung.»
«Hast du Lust rüberzukommen und dir das alles abzuholen? Ich hab da eine Idee, von der ich glaube, dass sie dir wirklich gefallen wird.»
«Ach ja»?, sagte ich. «Tut’s weh?»
«Vielleicht. Aber nur ein bisschen.»
«Na dann. Ich bin in zwei Sekunden drüben.»
«Zieh dich bis auf die Unterwäsche aus», verlangte Ilya, als ich in sein Wohnzimmer geschlendert kam.
Er ließ gerade die letzte der Jalousien herunter. Sonnenlicht fiel durch die Bambusstäbchen. Ich sah mich um, hielt Ausschau nach etwas, was die Merkwürdigkeit mit dem weißen Pulver erklärt hätte, konnte aber nichts entdecken.
Sollte ich ihn danach fragen?, überlegte ich. Aber das dürfte nicht besonders viel nützen, denn Ilya gab mir niemals direkte Antworten.
Also zog ich mich aus, legte meine Klamotten auf den durchgesessenen Lehnstuhl, wobei meine Möse bereits feucht wurde. Ich würde ihn später fragen. Ich hatte den Eindruck, er würde mir schon irgendeine Erklärung geben.
Ilya betrachtete meinen fast nackten Körper ohne jegliches Interesse. Meine Unterwäsche sah gut aus: ein schwarzes Höschen mit hohem Beinausschnitt und einem Hauch von Spitze und ein passender BH. Zu gut wahrscheinlich, entschied ich, ich beschloss im selben Moment, gelegentlich ein bisschen was in Sachen zu investieren, die meiner Schlampen-Identität etwas angemessener wären.
«Niedlich», meinte Ilya. «Jetzt geh runter auf alle viere.» Wie angeordnet, sank ich auf Hände und Füße, ein Stückchen vom Sofa entfernt.
Ich drehte meinen Kopf, versuchte ihn im Blick zu behalten, während er sich durch den schäbig wirkenden, sonnenwarmen Raum bewegte.
«Erinnere dich nochmal an unsere Regel, Beth. Wenn es irgendetwas geben sollte, was du nicht magst – sag mir nur das Codewort, und ich höre auf. Okay?»
Ich nickte, spürte ein Stechen süßer Erwartung. Ich nahm Ilyas Erinnerung als Zeichen dafür, dass mir größere Qualen bevorstanden. Aber was immer es auch sein möge, dachte ich, ich würde es schon aushalten können.
«Ich werde dir jetzt die Augen verbinden», kündigte Ilya an und kam mit einem karierten Winterschal auf mich zu.
Ich gab ein begeistertes Kichern von mir und streckte meinen Kopf, damit er die Augenbinde anlegen konnte. Die Wolle fühlte sich auf meiner Haut sehr warm an, und Ilya nahm sich viel Zeit, alles so zurechtzuziehen, dass meine Nase frei blieb, den Knoten hinter meinem Kopf festzuziehen und mich dabei immer wieder zu fragen: «Kannst du noch was sehen? Jetzt besser? Kannst du gut atmen? Ist es so zu fest?»
Als ich in Dunkelheit getaucht war, geschah plötzlich nichts mehr. Ilya schwieg. Seine Hände berührten mich nicht mehr. Ich war mir nicht sicher, wo er jetzt stand. Ich war freudig gespannt, und meine Möse erbebte von kleinen tanzenden Pulsschlägen. Ich liebte es, wenn Ilya die Regie übernahm.
Der Schal war breit um meinen Kopf geschlungen, dämpfte die Laute, die an meine Ohren drangen. Er drückte auf meine Augen und zerquetschte fast meine Nasenspitze. Wenn ich nach unten schielte, konnte ich winzige Lichtpunkte erkennen. Je nachdem, in welche Richtung ich mich wandte, konnte ich den fleckigen, beigefarbenen Teppich sehen oder Teile meiner Hände mit den lilalackierten Nägeln und dem großen violetten Ring an meinem rechten Mittelfinger.
Ich hob meinen Kopf und drehte ihn zur Seite, versuchte, auch so einen Blick zu erhaschen, aber der veränderte Winkel ließ die Lichtpunkte verschwinden. Und sowieso ließ all dies Bemühen, etwas zu erkennen, meine Augäpfel regelrecht wehtun. Deshalb akzeptierte ich meine Blindheit einfach.
Nervös wartete ich auf Ilyas Berührung. Meine Ohren, die durch den sie bedeckenden Schal alles nur gedämpft wahrnehmen konnten, warteten gierig auf
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