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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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coole junge Kellner würde mir die zweite Tasse Tee hinstellen und dabei grinsen.
    Oder sie würde wissen wollen, was er von Beruf ist, und dann würde ich sagen müssen: Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er ein Handy hat und nicht von neun bis fünf arbeitet. Aber das ist doch eigentlich auch egal, oder? Wie viele Leute kennst du selbst denn, die einen ordentlichen Beruf haben? Nicht viele bestimmt.
    Ja, klar, würde Clare dann sagen, aber wie kommt es, dass du echt nicht weißt, was er macht?
    Und dann würde ich sagen müssen: Nun, über solche Sachen erzählt er eben nicht sehr viel.
    Na gut, was macht er denn sonst so?, würde sie dann fragen. Was interessiert ihn?
    Sex, würde ich dann antworten müssen. Guter, schmutziger Sex.
    Aber da muss es doch noch was anderes als das geben.
    Nun, ich denke nicht. Da ist nichts. Nicht dass ich wüsste.
    Also erzählte ich Clare nichts. Ich zahlte das Frühstück, und wir zogen ab.
    Ich entschloss mich, bei Ilya vorbeizuschauen, bevor ich nach Hause gehen und mich in einem abgedunkelten Raum erholen wollte. Ich wusste zwar nicht, ob er da war, aber seine Wohnung war ja schließlich kein Umweg. Ich konnte es also einfach mal probieren.
    Ich dachte nicht groß darüber nach. Ich wollte auch keinerlei Ansprüche an seinen Körper oder seine Zeit stellen. Ich wollte nur meine Uhr und Jennys Boa holen und dann wieder gehen.
    Und als ich die breite Steintreppe gerade in dem Moment erreichte, als ein anderer Hausbewohner aus der Tür kam und sie mir aufhielt, sagte ich einfach Danke und ging hinein.
    Vielleicht wär’s besser gewesen, unten zu klingeln und mich anzukündigen, dachte ich, als ich über den braunen Teppich die Treppen hinaufstieg. Aber was soll’s. Wahrscheinlich war er ohnehin nicht da. Ich könnte ihm ja eine Nachricht hinterlassen.
    Vor Ilyas Wohnung stehend, hörte ich, dass sich drinnen was bewegte – Schritte auf dem Flur gleich hinter der Tür. Gut, dachte ich, er ist zu Hause.
    Ich klopfte. Keine Antwort. Ich klopfte nochmal, jetzt lauter.
    «Ilya», rief ich. «Ich bin’s, Beth.»
    Es herrschte vollkommenes Schweigen.
    «Ich bin bloß gekommen, um meine Sachen abzuholen», sagte ich durch die Tür. «Ich will nicht bleiben. Aber ich weiß, dass du da drin bist.»
    Nach einer längeren Pause öffnete Ilya die Tür ein kleines bisschen, dahinter war sein Fuß zu erkennen. Er sah etwas durcheinander aus. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf seine Finger. Sie waren von einem weißen Puder bedeckt. Und auf seinen Jeans war auch etwas von diesem weißen Puder.
    «Ich hab meine Uhr hier vergessen», begann ich.
    «Du kannst nicht reinkommen. Tut mir leid, ich bin beschäftigt.»
    «Ich muss auch gar nicht reinkommen. Ich wollte doch bloß –»
    «Beth», antwortete er in dem offensichtlichen Bemühen, geduldig zu bleiben. «Du hast eine schlechte Zeit erwischt. Geh wieder. Hau ab. Geh und sieh zu, dass du deinen Rausch ausschläfst. Du siehst aus, als könntest du es gebrauchen.»
    Und dann schloss er einfach die Tür und gewährte mir dabei noch einen letzten Blick auf seine weißgepuderten Finger.
    Ich konnte nicht schlafen. Meine Gedanken kreisten wie wild.
    Weißes Pulver, dachte ich. Drogen also. Aber ich wusste genug über Crack, Heroin und Koks, um mir ziemlich sicher zu sein, dass niemand seine Finger ganz in das Zeug reinstecken und dann über seine Jeans verteilen würde: ein teurer Fehler.
    Also verschnitt er möglicherweise eine reine Substanz mit zerstoßenem Paracetamol oder Backpulver oder was auch immer. Backpulver, dachte ich, machte man daraus nicht Crack? Man spielt mit Pülverchen, Wässerchen und einer Mikrowelle, und dann – hopphopp – hast du eine ziemlich fiese Droge entwickelt. Betrieb Ilya also ein kleines Pharmaunternehmen?
    O Gott, vielleicht hatte ich eine merkwürdige Affäre mit einem echt miesen Drogendealer. Er sah immerhin osteuropäisch aus, obwohl er so britisch wirkte wie jeder andere auch. Also hatte er vielleicht Beziehungen ins Ausland – üble Beziehungen zu üblen Typen, die Drogen verkauften.
    Aber das passte eigentlich nicht zu ihm; dann müssten nämlich mehr dubiose Gestalten um ihn herum sein.
    Vielleicht war ich auch bloß immer noch ein bisschen betrunken, und wieder einmal schob meine Phantasie Überstunden. Ja, wahrscheinlich war es das. Ein schlafendes Gläschen Tequila, das aufwachte und sich noch einmal bemerkbar machte.

    «Hallo?»
    «Hey, Beth, was macht meine Lieblingshure gerade?»
    «Ich habe

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