Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
hast, hast du mir viel besser gefallen.«
»Das gehört zur Schauspielkunst«, sagte Gideon. »Aber jetzt lass mir ein paar Minuten Zeit, Orchid, und dann gehen wir raus und spielen unsere Rollen.«
Er holte die Liste mit den Kontakten hervor, die er aus Wus Handy kopiert hatte, klappte seinen Laptop auf und fuhr ihn hoch. Kurz dankte er dem lieben Gott für kostenloses Wireless Lan, das inzwischen selbst in Stundenhotels verfügbar war. Er stellte die Verbindung zum Internet her und recherchierte ein wenig. Auf der Kontaktliste befand sich lediglich eine amerikanische Telefonnummer, mit dem Kürzel »Fa«. Eine kurze Recherche ergab, dass es sich bei
Fa
um ein chinesisches Schriftzeichen handelte, mit der Bedeutung »anfangen«. Außerdem bezeichnete es einen Mah-Jongg-Spielstein mit der Bedeutung »der Grüne Drache«. Eine Inverssuche nach der Telefonnummer ergab, dass die »Fa«-Nummer zu einem gewissen Roger Marion, wohnhaft in der Moon Street in Chinatown, gehörte.
Roger
. Der Name, den der Chinese ihm zugerufen hatte.
Gideon fing an, seine Sachen einzupacken. In seiner Verkleidung und mit Orchid am Arm hätte ihn, da war er ziemlich sicher, nicht mal seine Mutter erkannt. Wer immer ihm auf den Fersen war, suchte nach ihm allein; er würde sich wohl kaum für einen alternden Rocker mit einem Flittchen im Schlepp interessieren.
»Und jetzt?«
»Wir werden einen alten Freund in Chinatown treffen und anschließend einen kranken Freund im Krankenhaus besuchen.«
»Hast du Zeit für das kleine Extra, von dem ich gesprochen habe? Du weißt doch, damit du in die Rolle hineinwächst?« Ihre Augen funkelten, und sie drückte die Zigarette aus.
Nein, nein, nein
, dachte Gideon, aber als er ihre kleine Stupsnase sah, die rabenschwarzen Haare, den cremefarbenen Teint, hörte er sich sagen: »Aber klar, warum nicht? Ich denke, das kriegen wir hin, zeitmäßig.«
26
Die Adresse, 426 Mott Street, lag im Herzen von Chinatown, zwischen Grand und Hester. Gideon stand auf dem Bürgersteig gegenüber und nahm das Gebäude in Augenschein. Der Fleischmarkt Hong Li nahm das Erdgeschoss ein, die oberen Stockwerke waren ein für das Chinesenviertel typisches, mit Feuerleitern verziertes Brownstone-Gebäude.
»Und was jetzt?«, fragte Orchid und steckte sich wieder eine Zigarette an.
Gideon nahm ihr die Zigarette aus der Hand und nahm einen Zug.
»Kauf dir doch mal selber welche.«
»Ich rauche nicht.«
Sie lachte. »Vielleicht können wir hier in der Gegend ja Dim Sum bekommen. Ich liebe Dim Sum.«
»Erst muss ich meinen Freund treffen.«
»Was, hier auf der Straße?«
Er verkniff sich eine ironische Erwiderung und zog einen Geldschein aus der Tasche.
Mein Gott
, dachte er,
wie schön es ist, Geld zu haben.
»Kannst du in dem Teeladen da auf mich warten? Das Ganze dürfte keine fünf Minuten dauern.«
»Na schön.« Orchid nahm den Geldschein entgegen und schlenderte, mit dem Hintern wackelnd und Blicke auf sich ziehend, los.
Wieder dachte Gideon über das anstehende Problem nach. Er verfügte nicht über ausreichend Informationen über Roger Marion, dass er sich eine glaubhafte Geschichte ausdenken konnte. Aber schon eine kurze Begegnung könnte sich als nützlich erweisen. Und je eher, desto besser.
Aufmerksam blickte er nach links und rechts, dann überquerte er die Mott Street und steuerte auf die Metalltür im Erdgeschoss zu. Alle Klingelschilder trugen chinesische Schriftzeichen. Kein einziger englischer Name.
Er rieb sich nachdenklich das Kinn, trat zurück und sprach einen Chinesen an. »Entschuldigen Sie bitte.«
Der Mann blieb stehen. »Ja?«
»Ich kann kein Chinesisch und versuche gerade festzustellen, in welcher von diesen Wohnungen mein Freund wohnt.«
»Wie heißt Ihr Freund denn?«
»Roger Marion. Aber er trägt den Spitznamen Fa – Sie wissen schon, der Mah-Jongg-Spielstein, den man als Grünen Drachen bezeichnet?«
Der Mann lächelte, deutete auf ein Schriftzeichen neben dem Schild mit der Aufschrift 4C. »Das ist Fa.«
»Vielen Dank.« Der Mann ging weiter. Gideon blickte auf das Schriftzeichen und merkte es sich. Dann drückte er den Klingelknopf.
»Ja?«, ließ sich die Stimme fast sofort mit akzentfreiem Englisch vernehmen.
Er senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Ton. »Roger? Ich bin ein Freund von Mark. Lassen Sie mich sofort ins Haus.«
»Wer? Wie heißen Sie?«
»Keine Zeit, das zu erklären. Ich werde verfolgt. Lassen Sie mich rein, bitte!«
Der Summer ertönte;
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