Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
ich weggehe. Er ist echt schnell wieder nüchtern geworden. Es war, ehrlich gesagt, irgendwie unheimlich, wie sehr er ausgeflippt ist.«
»Und man hat Ihnen zehntausend gezahlt?«
»Fünf vorher, fünf hinterher.«
»Australier, sagten Sie?«
»Richtig. Und sie kamen aus Sydney, woher auch ich komme. Ich fand es nett, jemanden von Down Under zu treffen.«
Gideon nickte. Die CIA war cleverer, als er dachte.
»Und dann«, fuhr Gerta mit einem Lachen fort und verschüttete dabei ein wenig Champagner, »war da noch dieser Typ vor zwei Jahren, der seinen Affen mitbringen wollte. Affen sind grässliche Tiere, und ich meine
grässlich!
Sie werden nicht glauben, was er wollte …«
Schließlich schlief sie auf der Bettdecke ein, leise schnarchend. Gideon bettete sie behutsam auf die eine Seite, dann legte er sich auf die andere. Auch sein Kopf drehte sich vor lauter Martinis, Wein und Champagner.
34
Sie kamen um ungefähr acht Uhr morgens, gekleidet in blaue Anzüge, als wären sie eine Gruppe Hongkonger Immobilienentwickler. Sie schlossen die Tür mit einem eigenen Schlüssel auf und betraten nacheinander das Zimmer. Während sie höflich dastanden, sagte ihr Anführer: »Mr. Gideon Crew?«
Gideon setzte sich auf im Bett, er hatte pochende Kopfschmerzen. »Hm, ja?« Das sah gar nicht gut aus.
»Bitte kommen Sie mit uns.«
Er starrte sie an. Die junge Australierin, Gerta, schlief noch immer tief neben ihm. »Nein, danke.«
Die beiden Männer links und rechts vom Anführer holten lässig zwei baugleiche 9-Millimeter-Beretta-Pistolen hervor und ließen sie baumeln.
»Bitte, wir wollen keinen Ärger. Das hier ist ein freundliches Hotel.«
»Darf ich mich anziehen?«
»Bitte.«
Er stieg aus dem Bett, während die Männer ihn im Blick behielten, und versuchte, den Kater abzuschütteln und die Lage zu durchschauen. Er hoffte, dass Gerta nicht aufwachte. Das würde der ganzen Situation ein Element der Unvorhersehbarkeit hinzufügen. Er musste sich schleunigst etwas einfallen lassen. Sobald die ihn in ihrem Wagen hatten, wäre alles vorbei.
»Darf ich erst noch duschen?«
»Nein.«
Gideon ging zum begehbaren Kleiderschrank, um sich anzuziehen.
Langsam und die ganze Zeit nachdenkend zog er den 4000-Dollar-Anzug und die Schuhe an, die Krawatte, das ganze Programm. Nachdem er das viele Geld ausgegeben hatte, widerstrebte es ihm, die Sachen im Hotel zurückzulassen.
»Kommen Sie mit uns.« Sie bildeten einen engen Kreis um ihn. Die Pistolen verschwanden, dann steuerten sie zur Tür und auf den Flur. Sie alle stiegen in den Aufzug. Gideons Hirn arbeitete wie verrückt, aber es fiel ihm einfach nichts ein. In der Halle eine Szene machen? Anfangen, wie ein Irrer zu schreien? Sagen, dass er entführt wurde? Losrennen? Er spielte jedes Szenario durch, aber am Ende war er entweder erschossen oder verschleppt. Das Problem war: Die Männer würden mit Sicherheit eine bessere Geschichte auftischen als er. Und sie hatten offizielle Ausweise. Dagegen war er machtlos.
Der Aufzug kam auf der Ebene der Lobby an, die Tür glitt flüsterleise auf, und sie betraten den mit Marmor ausgelegten Raum. Am anderen Ende der Halle, hinter der Glaswand zum Eingangsbereich, sah Gideon drei große Geländewagen, hintereinander stehend, bewacht von mehreren weiteren Männern in blauen Anzügen. Seine Begleiter stießen ihn eilig vor sich her.
Und wenn er sich nun losriss und losrannte? Würden sie ihn dann erschießen? Er kannte niemanden in Hongkong und hatte nur noch 2000 Dollar übrig – in dieser Stadt war das ein besseres Trinkgeld. Man würde ihn schnappen, noch ehe er das Land verlassen hatte. Außerdem hatte er unter eigenem Namen reisen müssen. Heutzutage war es so gut wie unmöglich, gefälschte Pässe zu bekommen.
Sie stießen ihn zur Tür, in Richtung der drei im Leerlauf stehenden schwarzen Geländewagen.
35
»Hey!«
Von der anderen Seite der Hotelhalle hörte er einen Schrei und sah eine Frau auf sie zustürmen. Mindy Jackson. Sie hatte ihren CIA -Dienstausweis gezückt und hielt ihn in der ausgestreckten Hand wie einen Rammbock. »Sie da! Stopp!«
Die Stimme war so laut, dass alle in dem hallenden Foyer ruckartig in ihren Bewegungen verharrten.
Sie prallte in die Gruppe wie eine Bowlingkugel in einen Satz Kegel und stieß Gideon zur Seite. Dann wandte sie sich um und schrie die Männer wieder an. »Was zum Teufel machen Sie da? Ich bin die stellvertretende Leiterin des CIA -Büros hier in Hongkong, und das hier ist
Weitere Kostenlose Bücher