Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
kahler Hügelkamm lag. Hinter dem Kamm senkte sich das Gelände in ein enges, noch sehr nebliges Tal, das von steilen bewaldeten Hügeln umgeben war.
»Ich kann den Boden nicht sehen – Nebel. Wie viel Zeit haben wir?«
»Einen Moment.« Fordyce machte sich wieder an den Instrumenten zu schaffen, drückte das U-förmige Steuerhorn nach vorn und tippte die Daten für die Trimmklappen ein. Obwohl es sich um einen extremen Notfall handelte, klang seine Stimme ruhig.
»Vor uns ist immer noch eine dicke Suppe.« Gideon blinzelte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wie zum Teufel kann es passieren, dass beide Motoren ausfallen?«
Anstatt zu antworten, presste Fordyce grimmig die Lippen aufeinander.
Gideon spähte aus dem Cockpitfenster, bis ihm die Augen weh taten. Sie sanken in Richtung des Hügelkamms. Dahinter brach die Wolkendecke langsam auf. Und dann sah er es durch eine Lücke in den Wolken: ein winziges, aber deutlich erkennbares Band aus Asphalt, das durch das Tal verlief.
»Da vorn ist eine Straße!«, rief er aufgeregt.
Fordyce warf einen schnellen Blick auf seine Karte. »Highway hundertachtundsiebzig.« Er setzte wieder einen Funkspruch ab. »Mayday, Mayday, hier ist Cessna eins-vier-neun-sechs-neun auf Frequenz hundertzweiundzwanzig Komma fünf. Zweiter Motor ausgefallen, wiederhole, zweiter Motor ausgefallen. Versuche Notlandung auf Highway hundertachtundsiebzig Westsüdwest von Miracle Hot Springs.«
Schweigen im Headset.
»Warum antwortet niemand?«, fragte Gideon.
»Wir sind zu tief«, sagte Fordyce.
Sie waren jetzt 350 Meter über dem Boden, und der Hügelkamm kam rasch näher. Mehr noch: Es schien, als würden sie es nicht schaffen, darüber hinwegzufliegen.
»Festhalten«, sagte Fordyce. »Wir müssten so gerade eben drüber wegkommen.«
Unheimliche Stille, sie glitten über den kahlen Bergkamm, während der Wind an den stillstehenden Propellern vorbeipfiff und unter ihnen Nebelfetzen dahinzogen. Gideon merkte, dass er die Luft angehalten hatte, und atmete tief aus. »Wahnsinn«, murmelte er.
»Zwei Meilen, würde ich schätzen«, sagte Fordyce. »Flughöhe elfhundert Fuß. Stetig im Sinkflug.«
»Fahrgestell?«
»Noch nicht. Das würde den Luftwiderstand erhöhen – o verfluchter Mist! «
Sie hatten den Bergkamm überflogen und schwebten in das dahinter liegende Tal. Und jetzt kam durch den aufreißenden Nebel das Gelände in Sicht: ein weiterer niedriger, mit einem Wäldchen aus hoch aufragenden Mammutbäumen bedeckter Bergrücken. Hoch und majestätisch standen die Bäume zwischen ihnen und der Straße dahinter.
»Verdammter Mist«, flüsterte Fordyce wieder vor sich hin.
Gideon hatte noch nie erlebt, dass Fordyce die Nerven verlor – und das machte ihm mehr Angst als alles andere. Er sah auf seine Hände hinunter, spannte sie an, als wolle er noch einmal eine Bewegung seines Körpers spüren. Ein wenig überrascht merkte er, dass er keine Angst vorm Sterben hatte – dass das hier vielleicht besser war als das, was ihm in elf Monaten bevorstand. Vielleicht.
Fordyce’ Gesicht war totenblass, auf seiner Stirn hatten sich dicke Schweißtropfen gebildet. »Sequoia National Forest«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ich steuere auf die Lücke dort zu. Festhalten.«
Die Cessna hielt auf einen unebenen Bergrücken zu, den riesige Bäume mit kleinen, spitzen Wipfeln bedeckten. Wieder betätigte Fordyce das Steuerhorn und dirigierte das Flugzeug in Richtung einer Flucht zwischen mehreren der Baumriesen. Im letzten möglichen Augenblick schwenkte das Flugzeug scharf nach rechts.
Gideon spürte, wie sich alles neigte und sich die Nase des Flugzeugs stark senkte. »Verflucht«, murmelte er. Ob das nun ein Schimpfwort, ein Gebet oder beides war, wusste er auch nicht. Ein Augenblick schierer Todesangst, während die riesenhaften, rötlichen Baumstämme nur ein, zwei Meter an ihnen vorbeisausten und die Turbulenzen die Maschine durchrüttelten – und dann war der Himmel auf einmal klar. Vor ihnen wand sich sanft das Band des Highways 178, auf dem ein paar Autos entlangfuhren.
»Hundertsiebzig Meter«, sagte Fordyce.
»Können wir’s schaffen?« Gideons Herz pochte. Jetzt, da sie die Bäume passiert und eine Überlebenschance hatten, verspürte er einen jähen Lebenswillen.
»Keine Ahnung. Wir haben bei dem Manöver viel Höhe verloren. Und ich muss immer noch eine letzte Kurve fliegen. Ich muss mit dem Verkehr landen, nicht entgegen, wenn wir eine Chance haben
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