Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
plus oder minus, sagen die Ärzte.«
»Es gibt keine Heilung?«
»Nein, die Sache ist inoperabel. Eines Tages wird dieses Gestrüpp einfach … platzen.«
Fordyce setzte sich zurück. »Jesses.«
»Dort bin ich heute Nachmittag gewesen. Ich habe eine zweite medizinische Meinung eingeholt. Schauen Sie, ich hatte Gründe, die erste Diagnose anzuzweifeln. Deshalb habe ich eine Kernspintomographie machen lassen.«
»Und wann bekommen Sie die Ergebnisse?«
»In drei Tagen.« Er hielt inne. »Sie sind der Erste, dem ich davon erzähle. Ich wollte Sie nicht damit belasten – es ist nur so … Verdammt, ich musste es wohl jemandem erzählen. Geben Sie dem Wein die Schuld.«
Einen kurzen Augenblick sah Fordyce ihn nur an. Den Blick kannte Gideon: Der Mann fragte sich, ob er verarscht wurde oder nicht. Und dann entschied er, dass er’s nicht wurde.
»Das tut mir wirklich leid«, sagte Fordyce. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mein Gott, das ist einfach nur schrecklich.«
»Sie müssen nichts sagen. Und mir wäre es lieber, wenn Sie es nie wieder erwähnten. Aber egal, vielleicht ist das ja alles Unfug. Die Tests heute Nachmittag werden es mir verraten.«
»Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie das Ergebnis haben?«, fragte Fordyce. »So oder so.«
»Mach ich.« Gideon lachte verlegen. »Tolle Art, eine Dinnerparty zu ruinieren.« Er griff nach der Flasche und füllte beide Gläser nach.
»Ich habe es mir anders überlegt«, sagte Fordyce, ein wenig zu herzlich, »und esse die letzten paar Nierchen. Ich mag Nierchen. Zumindest, wenn sie à la Gideon gebraten sind.«
Sie aßen weiter, und das Gespräch drehte sich um oberflächliche Themen.
Am Ende stand Gideon auf und schob eine Ben-Webster-CD in die Stereoanlage. »Was ist Ihr nächster Schritt in den Ermittlungen?«
»Den Piloten aus der Moschee durch die Mangel drehen.«
Gideon nickte. »Ich würde gern zu der Movie Ranch hinausfahren, mir noch einmal Simon Blaine vorknöpfen.«
»Der Schriftsteller? O ja, kein Zweifel, das ist ein echter Desperado. Danach sollten wir uns noch mal diese Irren auf der Ranch vornehmen und denen ein bisschen auf den Zahn fühlen. Diese ganzen Satellitenschüsseln und die Hightech-Ausrüstung machen mich nervös. Von diesem Gerede der Ex von Chalker von einer drohenden Apokalypse ganz zu schweigen.«
»Ich bin nicht besonders scharf darauf, noch mal mit einem Viehtreiber eins gewischt zu bekommen.«
»Wir gehen mit einem mobilen Einsatzkommando rein und ziehen Willis an seinen Eiern raus, zusammen mit diesen Drecksäcken, die uns attackiert haben.«
»Habt ihr eigentlich nichts aus Waco gelernt?«
»Immer noch besser, als mit diesem Schriftsteller seine Zeit zu verplempern.«
»Er hat eine hübsche Tochter.«
»Ah, jetzt verstehe ich«, sagte Fordyce mit einem Lachen und schenkte sich den Rest aus der Flasche ein. »Sie ermitteln mit Ihren Keimdrüsen, verstehe.«
»Ich hole uns noch eine Flasche«, sagte Gideon.
Eine Miles-Davis-CD und eine zweite Flasche Wein später fläzten sich Gideon und Fordyce im Wohnzimmer der Hütte. Die Sonne war untergegangen, der Abend war kühl geworden, und Gideon hatte ein Feuer gemacht, das im Kamin knisterte und das ganze Zimmer in ein warmes Licht tauchte.
»Die besten Nierchen, die ich je gegessen habe«, sagte Fordyce und hob sein Glas.
Gideon trank seines aus. Als er es mit einer nachlässigen Bewegung zurück auf den Tisch stellte, merkte er, dass er mehr als nur ein wenig betrunken war. »Ich wollte Sie noch etwas fragen.«
»Schießen Sie los.«
»Im Flugzeug, da haben Sie irgendetwas über Menschenaffen und Pussy gemurmelt.«
Fordyce lachte. »Das ist eine Eselsbrücke in der Fliegerei. Menschenaffen bringen Pussy zum Stöhnen. Sie bezeichnet eine Checkliste der Dinge, die man erledigen muss, wenn ein Motor ausfällt: Mischung auf fett, Benzin an, Pumpe, Zündung links und rechts, und so weiter.«
Gideon schüttelte den Kopf. »Und ich hatte geglaubt, es handelt sich um die größte Weisheit aller Zeiten.«
31
S tone Fordyce erwachte zur Titelmelodie von Solo für O.N.C.E.L. Fluchend schaltete er seinen Handy-Wecker aus und wuchtete sich mühsam in die Senkrechte. Er wusste, dass das Hämmern in seinem Schädel auf den Wein zurückzuführen war, und ahnte, dass das Durcheinander in seinem Magen von den verdammten Nierchen herrührte, die er am Vorabend gegessen hatte.
Er warf einen Blick auf die Uhr: fünf Uhr morgens. Um halb acht New Yorker Zeit, halb sechs
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