Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
die blonden Haare wehten im künstlichen Wind wie eine goldene Flamme. Sie trug die volle Western-Aufmachung: weiße Bluse, Lederweste, Revolver im Gürtel, Cowboy-Überhosen, Cowboyhut, Stiefel – die ganze Palette. Sie blickte in seine Richtung, erkannte ihn und zügelte ihr Pferd. Stirnrunzelnd saß sie ab und kam herüber, wobei sie das Pferd an den Zügeln führte.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte sie verärgert.
»Ich schaue nur mal vorbei. Um Ihren Vater zu treffen.«
»Bitte sagen Sie mir nicht, dass Sie immer noch diese dämliche Spur verfolgen.«
»Ich fürchte, doch«, sagte er höflich. »Schönes Pferd. Wie heißt es denn?«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Sierra. Mein Vater ist tatsächlich beschäftigt.«
»Können wir das Ganze nicht auf eine nette, freundliche Art regeln?«
Sie ließ die Arme fallen und seufzte ärgerlich. »Wie lange wollen Sie mit ihm sprechen?«
»Zehn Minuten.«
Der Mann mit dem Klemmbrett kam zurück, sein Gesicht war vor lauter Angst runzlig. »Es tut mir sehr leid, er hat sich einfach hier rein–«
Alida drehte sich mit strahlendem Lächeln zu ihm um. »Ich kümmere mich schon darum.« Sie wandte sich wieder Gideon zu; das Lächeln war allerdings so schnell verschwunden, wie es gekommen war. »Die sind dabei, die Schlusssequenz von Moonrise zu drehen, außerdem steht noch eine große Pyro-Szene an. Können Sie nicht bis hinterher warten?«
»Pyro-Szene?«
»Die Stadt wird in die Luft gesprengt und abgefackelt. Oder zumindest ein großer Teil davon. Die Pyrotechniker sind so gut wie startklar.« Nach einem Augenblick fügte sie hinzu: »Vielleicht haben Sie ja Spaß daran.«
Es würde ihm etwas mehr Zeit geben, sich umzuschauen und ihr Fragen zu stellen. Wenn ihm welche einfallen würden. »Wie lange wird es dauern?«
Sie blickte auf ihre Uhr. »Ungefähr eine Stunde. Sobald alles explodiert ist und brennt, geht es ganz schnell. Sie können ja hinterher mit meinem Vater sprechen.«
Er nickte. »In Ordnung.« Er blickte sie forschend an. »Sie sehen aus wie ein Star.«
»Ich arbeite als Stunt-Double.«
»Für irgendjemanden im Besonderen?«
»Für die weibliche Hauptdarstellerin, Dolores Charmay. Sie spielt Cattle Kate.«
»Cattle Kate?«
»Die einzige Frau in der Geschichte des Wilden Westens, die wegen Viehdiebstahls gehängt wurde.« Alida lächelte.
»Ah ja. Also, das passt gut zu Ihnen. Wie viele böse Buben töten Sie denn so?«
»Oh, vielleicht ein halbes Dutzend. Außerdem muss ich herumgaloppieren, herumschreien, mit dem Revolver herumballern, durch eine Feuerwand reiten, eine Stampede auslösen, mich anschießen lassen und vom Pferd fallen – die üblichen Sachen eben.«
Ein Mann kam vorbei, er rollte ein Kabel aus, zwei andere Männer dahinter trugen eine Propangasflasche. Hinter der Kirche sah Gideon etwas, das aussah wie ein riesiger Gassack, der vorsichtig in Stellung gebracht wurde.
»Was ist das?«, fragte er.
»Das ist alles Teil der Pyrotechnik. Der Gassack erzeugt einen Feuerball. Sieht spektakulär aus, aber es gibt keine tatsächliche Explosion. Sehen Sie, in dem Film lagern die Bösen im Geheimen in der Stadt Waffen und Munition, deshalb wird eine Menge von dem Zeug explodieren.«
»Hört sich gefährlich an.«
»Nicht, wenn man’s richtig macht. Die haben ein Pyro-Team, das das Ganze einrichtet. Alles ist bis auf die Sekunde genau geplant und zeitlich festgelegt. Das ist so sicher wie ein Spaziergang im Park. Man sollte nur eben nicht in der Stadt sein, wenn sie abbrennt – mehr nicht.«
Sie erwärmte sich für das Thema und schien zu seiner Erleichterung vergessen zu haben, dass sie ihn unsympathisch fand.
»Und diese Sachen hier?«, fragte er, um sie zum Weiterreden zu ermuntern. Er zeigte auf irgendwelche zylinderförmigen Behälter, die gerade in den Boden eingegraben wurden.
»Das sind Flash-Pots. Sie werden mit einer Sprengstoffmischung gefüllt, die genau wie eine Bombe explodiert und nach oben schießt. Die Schnüre dort drüben führen zu Düsen und Gestellen, denen strahlen- und wandförmig brennendes Propangas entströmt, um so entstehende Brände zu simulieren. Sie werden es großartig finden, wenn das alles hochgeht. Wenn Sie denn Explosionen mögen.«
»Ich liebe Explosionen«, sagte er. »Alle Arten. Zu den Dingen, an denen ich in Los Alamos arbeitete, gehörte auch die Entwicklung hochexplosiver Linsen zur Kernwaffen-Implosion.«
Alida sah ihn ungläubig an; das bisschen
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