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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Moabit an einem Kiosk erworben. Harenstett, der neben ihm stand, wollte ihn davon abhalten, doch von Hirschfeldt hatte die Zeitung bereits vor Dossantos ausgebreitet. Nein, eigentlich hatte er sie eher auf den Tisch geknallt. Und ja, es war Genugtuung, die er dabei empfand. »Sieht das nach einem Scherz aus?«
    Er beobachtete den Portugiesen und dessen Anwalt, wie sie den
Kurier
studierten:
Ehrenbürger verhaftet!,
lautete die knallrote Schlagzeile.
    Der Advokat ergriff das Wort. Wie war noch sein Name? Boccaccio? Nein, das war der italienische Schriftsteller aus dem 14. Jahrhundert, ein bedeutender Vertreter des Humanismus. Einige seiner Werke hatte von Hirschfeldt sogar während der Promotion gelesen. Dieser glatzköpfige, kleinwüchsige Paragrafenreiter im Nadelstreifenanzug hieß Boccachi. Wie bitter, dass der Anwalt dieses abgefeimten, kriminellen Schurken beinahe den gleichen Namen trug wie der wunderbare Schriftsteller, dessen Bücher von den Werten und der Würde des Einzelnen handelten, von Toleranz, Gewalt- und Gewissensfreiheit.
    »Ich hoffe, Sie haben gute Gründe für die Inhaftnahme meines Mandanten«, sagte Boccachi.
    »Eine Menge«, bestätigte Harenstett.
    »Wären Sie so frei, uns diese wissen zu lassen?«
    Harenstett fuhr sich theatralisch durchs Haar. »Ach ja, ich vergaß: Ihr Mandant hat sich ja nicht grade an dem Inhalt des Haftbefehls interessiert gezeigt.«
    »Also?« Der Anwalt pochte ungeduldig auf den Tisch.
    »Die Anklage lautet auf Steuerhinterziehung und Unterschlagung. Ach so, und außerdem haben wir noch Erpressung und Bestechung im Angebot.«
    Dossantos lachte höhnisch, aber seine Verunsicherung war herauszuhören.
    »Ich an Ihrer Stelle würde das nicht auf die leichte Schulter nehmen«, sagte Harenstett. »Oh, und habe ich den Anklagepunkt Mord schon erwähnt?«
    Der Portugiese brauste auf wie ein Tornado. Lediglich den Handschellen war es zu verdanken, dass er nicht auf den LKA-Mann losging. »Wie wäre es, wenn Sie sich zur Abwechslung mal um echte Morde kümmern würden? Den an meinem Sohn zum Beispiel?«
    »Spielen Sie nicht den Betroffenen. Wer selbst ohne Skrupel …«
    »Dafür haben Sie keinerlei Beweise!«
    »Mehr als genug«, versicherte Harenstett.
    Auch von Hirschfeldt wollte den Erfolg auskosten. Hier und jetzt wollte er mit ansehen, wie diesem Schurken seine grenzenlose Überheblichkeit im Hals stecken blieb; er wollte sich an Dossantos’ entgleisenden Gesichtszügen weiden, wollte miterleben, wie er innerhalb weniger Sekunden um Jahre alterte. Doch er verkniff sich jede weitere Bemerkung.
Haltung bewahren!
    »Ist das alles?«, erkundigte sich der Anwalt.
    »Ich verstehe Ihre Neugierde«, sagte Harenstett, »aber Ihnen als Verteidiger sollte doch klar sein, dass wir jetzt noch keine Auskunft über unsere Ermittlungen und die Beweise geben müssen, die wir vorlegen werden.«
    »Dann verlange ich die sofortige Freilassung meines Mandanten.«
    »Muss ich Ihnen jetzt auch noch erklären, dass darüber frühestens morgen der Richter beim Haftprüfungstermin befinden wird?« Harenstett grinste auf Dossantos hinab. »Allerdings möchte ich Ihnen keine großen Hoffnungen machen: Diesmal kommen Sie nicht aus der Geschichte raus.«
    »Das haben Sie beim letzten Mal auch behauptet. Und was war?« Dossantos führte Daumen und Zeigefinger zusammen. »Ihren kleinen Bullenschwanz mussten Sie einziehen.«
    »Herr von Hirschfeldt?« Harenstett legte seine Hand wie einen Trichter hinter die Ohrmuschel. »Habe ich da gerade etwa eine Beamtenbeleidigung vernommen?«
    »Mir war, als hätte ich da tatsächlich etwas gehört«, bestätigte der Politiker mit einem süffisanten Unterton und dachte an den vergangenen Samstag. Was hatte der Anwalt noch gesagt? »Herr Dossantos, man darf rechtschaffene Menschen nicht ungestraft beleidigen und verleumden.« »Ich will Ihnen die Beleidigung nachsehen«, sagte Harenstett. »Denn bald wandern Sie sowieso in den Knast – und zwar für Jahre. Wenn Sie Pech haben, verbringen Sie Ihren Lebensabend hinter Gittern. Sie werden in Ihrer Zelle verrotten.«
    »Sie gehen zu weit!«, versuchte Boccachi zu unterbinden.
    »Nein«, entgegnete Harenstett, »ich gehe jetzt nach Hause. Und Sie, Herr Dossantos? Was machen Sie?« Harenstett fächelte sich mit der Hand Luft zu. »Übrigens: An Ihrer Stelle würde ich mich mal waschen.«

74
    Die Chefin der Kriminaltechnischen Abteilung begann ohne große Einführung: »Die drei Leichen in der Küche des
Café

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