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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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der damaligen Freundin.
Jeder hat seine Jugendsünden
. Bilder von Brodbecks Studium erschienen auf dem Bildschirm, mit Kommilitonen, sein erster Schultag als Lehrer, Klassenausflüge, wieder einige Aufnahmen von Berlin.
    Kalkbrenner entdeckte auch Bilder mit Judith. Sie wirkte so wie in ihrer gemeinsamen Zeit. Wie ein Teenager, lausbübisch und aufgedreht. Dann Fotos von ihrer Hochzeit. Es war ein eigentümliches Gefühl, sie in dem langen weißen Kleid zu sehen, daneben ihr Mann im Anzug, steif und förmlich. Seltsam fremd. Das passte nicht zu ihr.
    »Was ist?«, fragte Berger.
    »Nichts«, sagte Kalkbrenner. »Der Strand hat mich an meinen eigenen Urlaub an der Ostsee erinnert.«
    Fotos der Flitterwochen. Meer. Das Hotel. Noch mehr Bilder aus Berlin und von einem weiteren Urlaub.
    Keines der Bilder bestätigte ihre Verdachtsmomente, also nahmen sie sich das Mail-Programm vor. Auch hier hatte Brodbeck klare Strukturen walten lassen. Seiner Arbeit und dem Privatleben waren Ordner zugeteilt, die wiederum mit etlichen Unterordnern versehen waren. Es gab elektronische Briefwechsel mit der Schulleitung, mit Kollegen, mit Freunden, sogar mit Judith.
    Sie hatten etwa die Hälfte durchgeschaut, als Rita den Kopf zur Tür hereinsteckte. »Das solltet ihr euch anhören! Schnell!«
    Sie folgten ihr ins Vorzimmer und bekamen gerade noch die letzten Worte des Moderators mit.
    Berger fragte ungläubig: »Habe ich das gerade eben richtig verstanden?«
    Kalkbrenner hielt die Jacke bereits in der Hand. »Sebastian, worauf wartest du noch?«

83
    Das Amtsgericht Tiergarten residierte im ehemaligen Kriminalgericht Moabit. Der 100 Jahre alte, monumentale Justizpalast mit den zwei riesigen Türmen war damals in der Kaiserzeit als »kaiserlicher Faustschlag ins Gesicht der Moabiter Arbeiterklasse« bezeichnet worden.
    Die bekanntesten der dort verhandelten Fälle waren bisher die des Hauptmanns von Köpenick, der Terroranschläge auf die Discothek
La Belle
und das Restaurant
Mykonos
sowie der Prozess gegen das Zentralkomitee der SED gewesen.
    Dieser Liste würde bald noch ein weiterer aufsehenerregender Prozess hinzugefügt werden müssen, glaubte Frieder von Hirschfeldt voller Optimismus, als er des Aufmarschs der Journaille an diesem Morgen in dem Gerichtsgebäude gewahr wurde.
    »Wir haben versucht, es zu verhindern«, entschuldigte sich Ludwig Harenstett, nachdem sie sich begrüßt hatten. »Aber Dossantos’ Anwalt bestand auf einer öffentlichen Verhandlung.«
    »Ein Gutes hat die Sache ja. Die Presse darf endlich über Dossantos’ Aktivitäten schreiben, ohne dass …«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, widersprach Harenstett mit ernster Miene. »Selbst wenn man den Portugiesen wegen Erpressung, Bestechung oder sogar Mordes rechtskräftig verurteilt, wird er vermutlich versuchen, die Presse wegen Rufschädigung zu verklagen.«
    »Sie scherzen, oder?«
    Harenstett lachte tatsächlich. Im selben Moment erspähten die ersten Journalisten von Hirschfeldt. Im Nu bildete sich eine dichte Menschentraube um ihn und Harenstett. »Welche Vorwürfe werden gegen Herrn Dossantos erhoben?«
    »Hat es was mit dem Mord an seinem Sohn zu tun?«
    »Geht es um seine Rotlichtaktivitäten?«
    »Wann wird es zum Prozess kommen?«
    Von Hirschfeldts Personenschützer strengten sich an, die Schreiberlinge und Kameramänner auf Distanz zu halten. Weil ihnen das aber nur mit Mühe gelang, hatte von Hirschfeldt schließlich ein Einsehen und trat vor die Mikrofone und Diktiergeräte: »Ich habe es im Vorfeld der Wahlen beteuert. Ich habe es am Sonntag nach den Wahlen versprochen. Heute, keine zwei Tage, nachdem man unserer Politik das Vertrauen ausgesprochen hat, freut es mich, zu sehen, dass dem Gesetz endlich Genüge getan wird. Mit Gewalt, Drogenhandel und Prostitution ist nun endgültig Schluss. Ich werde ein Zeichen setzen. Sie haben mein Wort. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.«
    Über den großen, ehrwürdigen Gerichtssaal wölbten sich stuckverzierte Decken. Zwischen den hohen Pfeilern hallte das Gemurmel der Zuschauer wider, die sich ihre Plätze auf den Holzbänken gesichert hatten, und erweckte den Eindruck, als wären nicht nur ein paar Dutzend, sondern Hunderte von interessierten Prozessbeobachtern anwesend.
    Kaum dass von Hirschfeldt sich neben Harenstett niedergelassen hatte, wurde Dossantos hereingeführt. Er trug noch immer den Anzug vom Vorabend, der inzwischen jegliche Form verloren hatte. Sein Gesicht war von Müdigkeit

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