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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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ihren schlimmsten Zeiten hatte Ellen ihm ständig vorgeworfen, er hätte sich Käthe Marias entledigt, so wie er es auch mit seiner Familie getan hatte. Aber so war es nicht gewesen.
    »Ich habe dir schon damals angeboten, dass ich sie …«
    »Ja, ich weiß«, unterbrach er Ellen. Er saß auf glühenden Kohlen. Aber ein unbestimmtes Gefühl drängte ihn dazu, das Thema zu klären, jetzt und ein für alle Mal, bevor sie sich erneut daran zerrieben. »Ich habe einfach nicht die Zeit, um mich rund um die Uhr um meine Mutter zu kümmern und …«
    »Das weiß ich.«
    »… und du auch nicht.«
    Sie strich sich durchs Haar. Die Farbe wuchs langsam raus. Er entdeckte mehrere graue Strähnen. »Doch, ich habe Zeit.«
    »Und was ist mit deiner Arbeit?«
    »Welcher Arbeit?«
    »Du bist doch auf der Suche nach einem neuen Job?«
    »Ja«, stimmte sie zu. »Das bin ich.«
    »Und?«
    »Und was?« Sie klang gereizt. »Meine Fallmanagerin hat gesagt, ich sollte mir keine großen Hoffnungen mehr machen – in meinem Alter.« Ihre Lippen bebten. Eine Träne rann ihre Wange hinunter. »Pah. Ich bin gerade erst vierzig!« Jetzt weinte sie. »Kannst du dir vorstellen, was das für ein Gefühl ist, wenn man so was gesagt bekommt?« Die Tränen rannen ihr Gesicht hinab, tropften auf ihren Bademantel.
    Kalkbrenner streckte die Arme aus und zog seine schluchzende Frau an sich. Sie barg ihren Kopf an seiner Schulter. Er hielt sie fest, bis sie sich beruhigt hatte. »Danke«, sagte sie schließlich und setzte sich an den Tisch. »Paul, es ist nur ein Vorschlag, mehr nicht.«
    »Ich weiß.«
    »Ich halte das nur nicht länger aus, dieses Herumsitzen zu Hause.« Sie wischte sich die Tränen von den Wangen. »Das Nichtstun.«
    »Ich kann das verstehen.«
    »Und dann bin ich dazu noch alleine, jetzt, da Jessy auch aus dem Haus ist … Und du bist ständig am Arbeiten …«
    Sie stoppte ihren Redefluss, wartete auf seine Reaktion. Er biss in sein Brot, kaute und schluckte.
    »Ich denke nur, dass deine Mutter in dem Heim leidet. Und wenn du jetzt nach deinem Urlaub wieder mit der Arbeit beginnst und …« Sie schnäuzte sich in ein Taschentuch. »… und ich so viel Zeit habe … und …«
    Ein weiterer Bissen von der Stulle.
    »… und wir beide noch mal von vorne anfangen …«
    Kauen und Schlucken.
    »Aber Paul, es ist …«
    Obwohl er keinen Hunger mehr hatte, schmierte Kalkbrenner sich ein weiteres Brot.
    »… ja nur eine Idee. Du kannst es dir überlegen.«
    Er trank vom Kaffee, der inzwischen kalt geworden war, aber das ließ er sich nicht anmerken. »Ja, lass uns darüber nachdenken. Wir sollten nichts überstürzen.«

81
    »Mal langsam«, sagte das Mädchen. »Wir müssen vorher noch was klären.«
    Er mochte es noch immer nicht, wenn sie das sagten. Es verdarb ihm die Stimmung. Aber heute war es ihm fast egal. Das Mädchen schloss die Tür hinter ihm. Kerzen flackerten im Windzug. Die Schatten hüpften hektisch an der Wand. Sie wühlten sein Gemüt auf, noch mehr, als es durch das Kokain ohnehin schon der Fall war.
    »Hier im
Apollo
ist eine halbe Stunde Standard. Sonderwünsche kosten extra.«
    Der Raum hatte eine gewölbte Decke. Wände aus Backstein. Eine schwere Holztür. Eigentlich war er ein Kerker. Eine Folterkammer. In der Zimmermitte stand ein Holzbock, an der Wand eine Konstruktion in X-Form.
    »Aber deswegen bist du ja hier. Wegen der Sonderwünsche.«
    Sie wandte sich zum Regal an der Wand. Peitschen, Gerten und anderes Spielzeug lagen dort in einer Reihe geordnet. Sie bewegte sich elegant auf den High Heels, gekonnt wie all die anderen. So professionell. Neben den hohen Schuhen trug sie Strapse und ein Korsett. Verlogen.
    »Also?«, wollte sie wissen.
    Er warf zwei Geldscheine in den Staub. Sie bückte sich mit einem missbilligenden Ächzen danach. Sie taumelte kurz, behielt aber das Gleichgewicht. Wie ein Profi. Eine Lüge.
    »Ich hab dich gestern gesehen«, sagte er.
    Sie gab sich geschäftig. »Ach ja?«
    »In dem Club.«
    Sie überlegte, schien sich aber nicht zu entsinnen.
    »Im Darkroom.«
    »Ach, das. Hat es dir gefallen?« Sie streckte dienstbereit ihren Hintern vor. »Möchtest du es noch mal?«
    Betty konnte sich also nicht an ihn erinnern. Das machte ihn traurig. Wie hatte er nur annehmen können, dass sie einander verstanden? Es war immer das Gleiche. Nichts war, wie es schien. Alles nur eine große Chimäre.
Betty!
Der Name war so falsch wie das Verlies in diesem Puff.
    Jetzt beugte sie ihren

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