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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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widerwilliges Knurren erklang am anderen Ende.
    »Wir haben heute Morgen eine Frauenleiche gefunden. Ziemlich übel zugerichtet. Sieht nach einer Prostituierten aus.«
    »Jetzt sag nicht, du willst wissen, wer sie ist?«
    Schon einmal hatte Kalbrenner um Mithilfe bei der Identifikation einer unbekannten Frauenleiche gebeten. Damals war Harenstetts Reaktion ähnlich abweisend ausgefallen.
    Doch Paul scherte sich nicht darum. »Ich mache gleich einen Scan vom Bild der Frau und schick ihn dir per Mail. Sag mir Bescheid, sobald ihr etwas herausgefunden habt.«
    »Sagst du mir auch noch, warum ich das tun sollte?«
    »Weil ich was bei dir guthabe.«
    Stille. Erst nach einer halben Minute brummte Harenstett: »Okay, aber dann sind wir quitt.«

105
    Karl-Edmund Hönig hielt das Handy in seiner Hand, unschlüssig, was er tun sollte. Frieder stand vor ihm.
Ertappt!
Aber es war doch nur ein Mobiltelefon, das klingelte.
    »Willst du nicht rangehen?«, fragte von Hirschfeldt.
    »Ja«, sagte Hönig und nahm das Gespräch trotzdem nicht entgegen. Er war wie gelähmt. Nur eine Person konnte ihn auf diesem Telefon anrufen. Hönig wollte und konnte nicht mit ihr reden. Nicht mit Frieder zur gleichen Zeit vis-à-vis. Er würde sich sicherlich verraten. Wenn er sich nicht sowieso schon am Morgen während der Sitzung entlarvt hatte, indem er so nervös gewesen war und sich so verdammt auffällig benommen hatte.
Jetzt reiß dich am Riemen.
    »Geh doch ran«, sagte Frieder noch einmal.
    Notgedrungen hob Hönig ab. »Ja?«, fragte er verzagt und leise.
    Fordernd drang es aus dem Hörer: »Kümmern Sie sich um mein Problem?«
    Eine einfache Frage, doch sie entfachte in Hönigs Kopf einen Hurrikan, der seinen Verstand auszulöschen drohte. Eine Stimme antwortete: »Es tut mir leid, mein Schatz, aber ich bin gerade mit Frieder im Gespräch.«
    Überrascht stellte Hönig fest, dass er selbst es war, der sprach. Er hielt sogar die Hand über das Mikrofon. »Es ist Martina.«
    Frieder sagte: »Grüß sie von mir.«
    »Ich soll dich von Frieder grüßen.«
    »Sehr schön. Dann fragen Sie ihn doch gleich nach meinem Problem.«
    »Ja, mein Schatz, ich kümmere mich darum. Ich habe es versprochen.«
    Überstürzt legte Hönig auf. Als er noch einmal auf das Display schaute, stellte er fest, dass das Gespräch beendet war. Hatte er das getan? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern.
    »Mein Gott, Karl-Edmund«, entfuhr es Frieder entgeistert. »Du siehst plötzlich furchtbar bleich aus.«
    »Immer noch der Magen.«
    »Du solltest zum Arzt gehen.«
    Der kann mir auch nicht mehr helfen.
»Ist halb so wild. Nur eine Verstimmung.«
    »Nimm das nicht auf die leichte Schulter.«
    Wenn du wüsstest, was auf meiner Schulter lastet.
    Frieder beäugte das Telefon. »Du hast ein neues Handy?«
    »Ähm, ja, nein, ein altes.« Es war wieder seine Stimme, die für ihn log, und irgendwie war sie es auch nicht. »Mein neues Handy habe ich in dem Trubel der letzten Tage verlegt.«
    »Aber wir haben doch gestern Abend noch miteinander telefoniert?«
    »Stimmt, ja, nach gestern Abend war’s.«
    »Hast du die Nummer sperren lassen?«
    »Ja, ja, klar.«
    »Gut.« Frieder machte eine Pause. »Ich muss weg. Wegen dieser Sache mit Dossantos. Ich möchte dich deshalb um etwas bitten: Vertrittst du mich bei der Feierstunde am Mittag?«
    »Ich?«
    »Klar du, wer sonst? Du bist der neue Fraktionsvorsitzende.« Er zeigte sich erheitert. »Ich bin zuversichtlich, dass du das schaffst.«
    Schon machte er sich auf den Weg und ließ Hönig allein. Nicht zum ersten Mal. Karl-Edmund hielt noch immer das Handy in der Hand. Er fühlte sich mies. Wie ein Schurke. Wie Dossantos.
    Ich kümmere mich darum. Ich habe es versprochen.
Nein, er konnte Frieder nicht hintergehen. Auf keinen Fall. Eine Notlüge war das eine, aber ihn auf diese infame Weise zu verraten, das war gegen jegliches Ehrgefühl. Seine Eltern hatten ihm als kleinem Jungen stets Anstand gepredigt, und niemals hatte Hönig die Hoffnung aufgegeben, dass man mit ihm immer noch am weitesten kam.
    Er erinnerte sich an Frieders Worte:
Du bekommst die Sache in den Griff – keine weiteren Schlagzeilen über deinen Sohn.
    Hönig konnte seinen Freund nicht enttäuschen. Nicht jetzt, wo dieser sein großes Ziel erreicht hatte und ihn so dringend brauchte. Gerade hatte er gesagt:
Ich bin zuversichtlich, dass du das schaffst.
Doch Hönigs Hoffnung war längst gestorben. Er war drauf und dran, seine Seele zu verkaufen.
    Ihm wurde

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