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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Anwalt hielt sich derweil im Wohnzimmer an der Tür zum Garten auf. Die Bougainvilleen, noch feucht vom Regen der letzten Nacht, schimmerten prächtig im Sonnenlicht. Dossantos war stolz. Das war sein Reich. Sein Luxus. Sein Erfolg. Nein, niemand würde ihm den nehmen.
Niemand!
Unter seiner Haut begann es zu kribbeln.
    »Ich muss mit dir reden«, sagte Claudio.
    Wem hilft es schon, zu reden?
»Geht es um den Zeugen?« Dossantos schniefte. »Das ist inzwischen geregelt.«
    »Wieso?« Claudio drehte sich alarmiert herum. »Was ist passiert?«
    Dossantos fläzte sich auf die Ledercouch. Er beugte den Kopf nach links und nach rechts, ließ die Halswirbel knacken. Er fühlte sich schon wieder besser, sogar deutlich besser. Eines seiner größten Probleme war gelöst. Er gewann die Kontrolle über sein Leben zurück.
    Im Plauderton berichtete er von den Ereignissen des gestrigen Abends. Als er die Erzählung beendet hatte, waren Claudios Augen ungläubig aufgerissen. »Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?«
    Dossantos fuhr sich mit der Zunge über die pelzigen Zähne. Er war eine Weile damit beschäftigt und ärgerte sich, dass er heute Morgen noch nicht dazu gekommen war, sich die Zähne zu putzen. Solche Nachlässigkeiten passten genauso wenig zu ihm wie die Falten. Er nahm sich vor, später am Tag einen Termin beim Arzt für eine neue Botox-Kur zu vereinbaren. »Wieso soll ich den Verstand verloren haben?«
    »Ausgerechnet Hönig? Ausgerechnet der beste Freund von Frieder von Hirschfeldt? Hast du eine Ahnung, was passiert, wenn er nicht auf deine Forderung eingeht? Wenn er alles auffliegen lässt?«
    »Mach dir nicht ins Hemd. Ich sagte doch schon: Die Sache ist längst erledigt.«
    »Klar, natürlich, aber wenn was schiefgelaufen wäre: Wer hätte dich dann wieder aus der Scheiße holen müssen?«
    »Dafür bezahle ich dich.«
    »Was ist bloß los mit dir?« Claudio war enttäuscht.
    »Ausgerechnet du fragst mich, wo du ganz genau weißt, was in den letzten Tagen passiert ist?«
    »Aber das ist noch lange kein Grund, übermütig zu werden.«
    »Übermütig?« Dossantos gähnte. »Ich würde es eher konsequent nennen.«
    »Vielleicht auch dumm?«
    Wie vom Blitz getroffen, sprang Dossantos auf. »Pass ja auf, was du sagst.«
    »Drohst du mir?«
    »Nein«, sagte der Portugiese beschwichtigend und ließ sich zurück auf die Couch fallen. »Wir sind Freunde. Ich würde dir niemals drohen.«
    »Und was war das gerade?«
    Dossantos ging nicht darauf ein. »Ich finde nur, auch unter Freunden sollte man sich gegenseitig mit …« Seine Lider zuckten. Er rieb sich die Augen, ließ noch einmal seine Gelenke knacken. Jetzt lag die Welt wieder ganz klar vor ihm. »Claudio, wo liegt eigentlich dein Problem?«
    »Mein Problem?« Der Anwalt gestikulierte wild mit den Händen. »Du bist das Problem, Miguel. Du wirst unvorsichtig. Könntest du die Sache nicht wenigstens – wie früher – Bruno erledigen lassen?«
    »Wer sagt denn, dass ich mich darum kümmere?«
    »Also doch Bruno?«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    »Die Schwestern.«
    Claudio verzog seine Mundwinkel. »Ich dachte, wir waren uns einig, dass du mit ihnen …«
    »Das ist einige Jahre her. Seitdem hat sich viel verändert – meine Frau hat mich verraten. Ich habe einen Mörder in meinen Reihen.«
    »Genau darüber wollte ich mit dir reden.«
    »Worüber?«
    »Über Samuels Mörder.«

110
    Der Potsdamer Platz enthüllte auf wenigen Quadratmetern den ganzen architektonischen Irrsinn Berlins: unterkühlt und ohne jegliches Gefühl. Eigentlich genau der richtige Ort für ein Bordell. Dementsprechend fügte sich das
Apollo
mit seiner Fassade aus Chrom und Glas nahtlos in die neue Mitte ein. Lediglich ein Lichterbogen verhieß mit bunten, grellen Neonfarben
Love & Emotion.
Der Schriftzug hätte auch Werbung für Eiscreme oder einen Schokoriegel sein können.
    Der Empfangsbereich war bewusst dezent gehalten, strahlte aber gerade durch das Fehlen jeglichen Schnörkels und schwülstigen Pomps, mit dem derartige Etablissements üblicherweise assoziiert wurden, eine gewisse Vornehmheit aus.
    Den Eindruck unterstrich auch der Portier, ein rüstiger Rentner in Pagenuniform, der den Männern unterschiedlichster Generation, allein und in Gruppen, die Eingangstür aufhielt. Mit dem Job schien er seine karge Rente aufzubessern. Und er musste sich nicht langweilen: Am heutigen Feiertag herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, als handelte es sich bei dem
Apollo
nicht um einen

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