Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
Vom Netzwerk:
Ausländerinnen«, räumt die grüne Bundestagsabgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk ein, »hat das Gesetz nichts genützt.«
    ~
    Die Tage in Berlin zogen ins Land. Der Mann und seine beiden Freude, bei denen Anja in Berlin untergekommen war, wussten sie zu vertrösten. Erst hätte es Probleme mit den Tickets gegeben. »Der Flug ist ausgebucht«, erklärten sie. Dann hätte sich der Antrag ihres Ausweises verzögert. »Dein Ausweis muss in Spanien noch bearbeitet werden«, sagten sie. Für Anja durchaus verständliche Gründe. Sie beruhigte die Mutter eines anderen Mädchens, die sich Sorgen darüber machte, was mit ihrer Tochter in Spanien geschehen würde. Anja wusste die Mutter zu besänftigen, so dass diese zurück nach Polen fuhr. Sie freundete sich mit Bela, so der Name des Mädchens, an. Bela und Anja teilten fortan nicht nur ihr Zimmer, sondern auch ihr Glück: »Unser Leben wird besser werden!«
    Zwei Tage, nachdem ihr Touristenvisum abgelaufen war, erreichte Anja die Hiobsbotschaft: »Spanien ist zu teuer! Der Job ist weg!« Die Männer klärten sie darüber auf, dass sie illegal in Deutschland sei und zurück nach Polen müsse. Anja gab zu verstehen, dass sie auf keinen Fall zurück nach Polen wolle und dass sie durchaus auch einen anderen Job übernehmen könne. »Ich muss ja nicht unbedingt in einer Bäckerei arbeiten.«
    Die Männer boten ihr daraufhin einen Pass an, mit dem sie in Deutschland bleiben könne Der Pass war nicht auf ihren Namen ausgestellt. Es war ein deutscher Name. Auf dem Foto war aber ein Mädchen zu sehen, das ihr ähnlich sah. Zum ersten Mal kamen Anja Zweifel: »Was ist mit meinem Personalausweis geschehen?« Lief damit vielleicht ein anderes Mädchen herum und gab sich als Anja aus?
    Anja stellte die Männer zur Rede. Diese erklärten ihr, plötzlich gar nicht mehr so freundlich: »Spanien ist nicht, Rückreise nach Polen auch nicht. Du musst hier bleiben. Und überhaupt: Was denkst du denn? Bäckerei? Denk doch mal genau nach! Du wirst in der Prostitution arbeiten.«
    Anja lehnte ab. Woraufhin man ihr mit der Polizei drohte, die sie als »Illegale« ins Gefängnis stecken würde. Anja weigerte sich dennoch. Die Männer erklärten ihr: »Dann verdienst du nichts. Dann kannst du nichts essen.« Anja musste in der Wohnung bleiben und bekam nichts zu essen. Bela reichte ihr heimlich einen Teil ihrer Speisen. Als die Männer dahinter kamen, wurde Bela verprügelt und Anja in ein Einzelzimmer gesperrt. Tagelang hungerte sie, bis sie übermüdet und am Ende ihrer Kräfte nachgab und anzuschaffen begann. Anja musste in Clubs und Bordellen arbeiten, die Freunde der drei Männer betrieben.
    ~
    Als Nicht- EU -Bürgerinnen besitzen die Migrantinnen keine Aufenthalts- und damit keine Arbeitsgenehmigung. Christiane Howe von Agisra e. V.: »Dadurch, dass Frauen nicht legal nach Deutschland einreisen können, sind sie auf Hilfe und Unterstützung angewiesen, auf sogenannte Vermittler, was im Grunde auch in Ordnung ist. Diese Vermittler nehmen Geld für ihre Arbeit, was ebenfalls grundsätzlich okay ist. Das alles führt einerseits dazu, dass den Frauen eine Arbeitsmigration ermöglicht wird, sie andererseits aber aufgrund der Illegalität in unsichere Strukturen geraten, die Möglichkeiten für Zwang, Ausbeutung und Erpressung bieten.«
    Die litauische Prostituierte Tania erklärt: »Es ist psychisch schwer zu verkraften, in der Prostitution zu arbeiten und permanent Angst zu haben, kontrolliert und mitgenommen zu werden. Niemandem würde es gefallen, wie ein Schwerverbrecher abgeführt und in Haft genommen zu werden. Ich möchte nichts Illegales machen, aber sie erlauben es mir nicht, mich zu legalisieren.«
    Von den Behörden drohen den Frauen also Strafen, Gefängnis, meist Abschiebung. Die Zuhälter wiederum »bieten« ihnen Sicherheit im Zimmer einer Wohnung in einem anonymen Hochhaus. Dieser Situation können und werden die Frauen nicht entfliehen. Wohin auch? »Die Frauen wissen, dass sie rechtlos sind«, erklärt Veronika Munk, die mit Amnesty for Women in Hamburg auch das Migrantinnen-Projekt Tampep koordiniert. »Die Täter wiederum wissen, dass die Frauen sich nicht wehren können, zum Beispiel gegen die überzogenen Mietpreise.«
    Für die in der Regel heruntergekommenen Zimmer müssen die Frauen zusätzlich zu den Schulden, die sie ohnehin bei den Menschenhändlern haben, zwischen 50 und 100 Euro Miete pro Tag bezahlen. Ein Taxifahrer, der nicht wirklich einer ist, sondern ein Kurier,

Weitere Kostenlose Bücher