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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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glaube, ich geh dann mal besser«, flüsterte er, griff nach seiner Tasche und erhob sich vom Stuhl. Sein lahmer Fuß stieß gegen das Tischbein.
    »Ja, ja«, sagte Dossantos ungeduldig.

40
    Ein Schreibtisch nahm den Großteil des kleinen, schmalen Arbeitszimmers ein; darauf lagen pedantisch geordnet Bücher und Hefter. Brodbeck war zweifelsohne ein ordnungsliebender Mensch gewesen, selbst die Seiten vom iBook, dessen kleine Leuchte im Ruhezustand blinkte, waren parallel zu den Enden der Schreibtischplatte ausgerichtet. An der einen Wand standen zusätzliche Bücherregale. Auch die Bücher waren alphabetisch nach Autor sortiert. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Bild in hellen, warmen Farben, mit einer Schraffur bearbeitet.
Andreas Lemberg
hatte es signiert.
    Kalkbrenner schritt die Bücherregale ab. Er setzte sich an den Schreibtisch und blätterte ein paar Hefter durch. Er fand Schularbeiten, korrigiert und mit Noten versehen. Übungsblätter. Vorbereitungen auf den Unterricht. Nichts weckte seine Neugierde.
    Nacheinander zog er Schubladen auf. Außer weiteren Heftern mit ähnlichem Inhalt, leeren Blättern und Stiften fand er im obersten Schub einen Timer. Er schlug die Seite vom vergangenen Dienstag auf. Für den Abend war ein Termin eingetragen: mit
K. N.
um 19.00 Uhr.
    Er blätterte einige Tage zurück. Brodbeck war gewissenhaft vorgegangen. Prüfungstermine waren aufgelistet. Ein Elternabend. Die Schulferien waren rot markiert. Zwei- oder dreimal abends war ein Termin mit
Judith
verzeichnet, was Kalkbrenner übertrieben fand. Einmal ein Treffen mit
Christian.
Dann zweimal mit
Petra und Erich. K. N.
tauchte nicht wieder auf.
    Kalkbrenner lehnte sich zurück und betrachtete das Bild. Er glaubte, sich zu erinnern, dass ihm seine Tochter von Andreas Lemberg erzählt hatte. Er würde sie noch einmal nach ihm fragen.
K. N.
    Es gab Leute, die sich bei Kalkbrenner beschwerten, weil TV-Ermittler in einschlägigen Krimis Terminkalender durchstöberten und dabei auf Initialen stießen.
Unrealistisch!,
klagten diese Leute. Aber das war es nicht. Es war Realität! Auch Leute, die etwas zu verbergen hatten, notierten sich Termine. Erst recht, wenn sie pedantisch waren. Vielleicht verhielten sie sich auch so, weil sie Angst davor hatten, andernfalls durch Schludrigkeit ihr Geheimnis zu verraten. Warum auch immer: Meist notierten sie ihre Termine mit Initialen.
    Er steckte den Timer in die Jackentasche und klappte den Deckel des Laptops hoch. Das Startfenster ploppte auf und verlangte nach einem Passwort. Auf gut Glück gab er
Judith
ein, aber der Rechner verweigerte den Zugriff. Er versuchte es mit
Judith Brodbeck.
Ebenso vergebens.
Brodbeck.
Fehlanzeige.
    Er sah sich sorgfältiger auf dem Schreibtisch um, doch das Klingeln seines Handys unterbrach ihn. »Herr Kalkbrenner?« Es war Pfleger Peer.
    »Was ist mit meiner Mutter?«
    »Sie ist verschwunden.«
    »Wie kann das sein? Sie sagten doch, sie hätte sich im Heim eingewöhnt?«
    »Ja, das hatte ich auch angenommen. Aber heute Mittag nach dem Essen hat sie die Gelegenheit genutzt.«
    Kalkbrenner stöhnte. »Ich mache mich gleich auf den Weg.«
    Er legte auf und sah Judith im Türrahmen stehen. »Deine Mutter lebt im Heim? Was ist mit ihr?«
    »Sie ist dement.«
    »Wie traurig. Ich kann mich noch daran erinnern, wie sie in Kreuzberg mit dir zu Deep Purple durch die Wohnung tanzte. Sie war ein ausgelassener Mensch. Und so glücklich.«
    »Das ist sie heute auch noch. Irgendwie jedenfalls.« Mit einer ausholenden Handbewegung deutete er ins Arbeitszimmer. »Dein Mann liebte anscheinend die Ordnung.«
    »Wundert dich das? Nachdem ihm sein ganzes wirkliches Leben immer mehr entglitt.«
    Er wies auf das iBook. »Kennst du das Passwort?«
    »Caro«, sagte sie. »Matthias hat sich immer eine Tochter gewünscht. Sie sollte Caro heißen. Ihm gefiel der Name.«
    Kalkbrenner gab den Namen ein. Keine Freigabe. »Dein Mann hat es geändert?«
    Verwirrt nickte Judith. »Anscheinend. Das verstehe ich nicht.«
    »Hast du eine Ahnung, welches andere Passwort er verwendet haben könnte?«
    Sie versuchten es mit den Namen seiner Eltern und seines Bruders, aber vergebens. Kalkbrenner sah sich noch einmal auf dem Schreibtisch um. »Hatte dein Mann ein Handy?«
    »Wieso?«
    »Manche Leute speichern Passwörter in ihren Mobiltelefonen ab.«
    Sie ging ins Wohnzimmer und kehrte nach wenigen Sekunden zurück. Mit zitternden Händen reichte sie ihm ein kleines Nokia. »Man hat es mir mit

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