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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Hauptbelastungszeuge von einem Bus überfahren, verschwand auf Nimmerwiedersehen oder litt unter plötzlichem Gedächtnisschwund. Für einen Großteil dieser
Unfälle
machen wir Dossantos’ rechte Hand Bruno verantwortlich. Wir gehen aber ebenso davon aus, dass er Auftragskiller beschäftigt, zum Beispiel die für die italienische Camorra arbeitenden Schwestern Battaglia, ein skrupelloses Pärchen. Aber auch dafür fehlen bis heute eindeutige Beweise. Häufig musste Dossantos allerdings gar nicht so weit gehen. Wenn sich eine Sache nur lange genug hinzog, wurde das Verfahren plötzlich abgeschlossen. Der Polizist, der die Verhaftung vorgenommen hatte, wurde versetzt, es fehlten wichtige Beweisstücke, oder einer Staatsanwältin unterliefen erstaunliche Verfahrensfehler.«
    »Sie scherzen, oder?«, sagte Berger.
    »Es gibt gewisse Dinge, da vergeht mir der Humor. Dossantos macht Millionengeschäfte, hat einen Ruf wie Donnerhall und pflegt Kontakte bis in höchste Kreise. Die Beziehungen, die ihm in der einen oder anderen Situation noch fehlen, kauft er sich mit großzügigen Geld- und Sachgeschenken.«
    »Das ist ja widerwärtig«, stellte Berger fest.
    »Das ist Berlin«, wies Harenstett ihn zurecht, »denn genau hier, in der Hauptstadt, liegt unser Problem. 2002 verabschiedete der Bundestag das Prostitutionsgesetz. Das Gesetz war gut gemeint, aber für Dossantos der Freibrief: Von einem Tag auf den anderen waren seine Bordelle, Nachtbars und Stripclubs zu legalen Geschäften geworden. Nichts musste er mehr verheimlichen oder verklausulieren. Das
Hermano
ist das beste Beispiel: Da geben sich Stars und Starlets, Superluden und Luxusnutten die Klinke in die Hand. Früher hätten wir so einen Laden sofort wegen der Förderung von Prostitution schließen können, heute ist alles, weswegen wir Dossantos jahrelang dranzukriegen versucht haben, nur noch eine Lachnummer.
    Wenn man ihn heutzutage auch nur andeutungsweise mit schmutzigen Geschäften in Verbindung bringt, hat man sofort Boccachi und ein Rudel seiner besten Anwälte am Hals: Rufschädigung, Verleumdung, einstweilige Verfügung, Unterlassungsklage. So geht das dann.«
    »Statt mit MG kämpft das Milieu heute also mit BGB«, versuchte Kalkbrenner einen Scherz.
    »Du bringst es auf den Punkt«, bestätigte Harenstett. »Es wundert also nicht, dass Dossantos mit seinem Sohn Samuel bereits einen emsigen Nachfolger herangezogen hatte. Samuel führte das
Apollo
am Potsdamer Platz, das größte Bordell Europas – mit Hotel, Restaurant, Wellnessoase, Pornokino, SM-Verlies, Strip- und Tabledance-Bars.«
    Von dem Etablissement, einer Art Luxusbordell, hatte Kalkbrenner schon gehört.
    »Und hinter den Kulissen zieht sein Vater bereits die Fäden für ein weiteres, ähnliches Unternehmen an ebenso prominenter Stelle, direkt am Messegelände. Dort soll ein Drive-in-Puff entstehen, mit Auto-Einfahrboxen für die schnelle Nummer auf dem Weg zur Messe …«
    »Aber darum geht es hier doch nicht, oder? Warum erzählst du uns das alles?«
    Harenstett wollte zur Antwort ansetzen, doch die Kellnerin servierte endlich das Bier. Der Schaum lief über den Rand und vermengte sich auf dem Tisch mit der langsam trocknenden Kaffeelache. Harenstett verfluchte die Bedienung mit einem bösen Blick, doch die scherte sich nicht darum. Sie räumte nicht einmal die leere Tasse weg, sondern sagte nur: »Rauchen ist hier drinnen übrigens verboten!«
    Harenstett drückte seine Zigarette in der Kaffeetasse aus und grinste in Richtung Kellnerin. Aber die war bereits schon wieder hinter der Theke.
    Der LKA-Mann nahm einen Schluck vom Bier und stieß einen zufriedenen Rülpser aus: »Ich erzähle euch das, damit ihr wisst, was auf euch zukommt.«
    Dr. Salm, der bisher nur geschwiegen hatte, nickte.
    »Wir beobachten schon seit geraumer Zeit, um genau zu sein, seit dem Fall des Eisernen Vorhangs, dass das organisierte Verbrechen aus den ehemaligen Ostblockstaaten – Litauen, Tschechien, Polen und Rumänien – nach Westeuropa drängt. Für die Russenmafia ist Berlin die Hauptstadt Europas. Hier waschen die in der GUS ansässigen Banden das Geld aus internationalen Wirtschaftsverbrechen: 80 Prozent der Berliner Spielhallen wurden inzwischen schon von Russen aufgekauft, insbesondere die Gebrüder Jalzin tun sich dabei hervor. Unseren Informationen zufolge arbeiten sie im Auftrag des Moskauer Oligarchen Boriz Ilnowijtsch, eines einflussreichen Geschäftsmanns, der die chaotischen Zustände nach dem

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