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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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werdenden
Mutter, von der Mrs Heller sprach?«
    »Die Frau
war damals schon recht alt«, sagte Mum leise. »Wahrscheinlich ist sie
mittlerweile senil.«
    »Möglicherweise.
Aber sie hatte überhaupt keine Probleme damit, das junge Mädchen von damals auf
einem Foto wiederzuerkennen«, sagte Mr Whitman. »Das junge Mädchen, das in
dieser Nacht eine Tochter gebar.«
    »Es war
ein Foto von Lucy.«
    Falks
Worte trafen mich wie eine Faust in den Magen. Während sich im Drachensaal
eisiges Schweigen ausbreitete, gaben meine Knie nach und ich rutschte langsam
an der Wand hinab auf den Boden.
    »Das
ist... ein Irrtum«, hörte ich Mum schließlich flüstern. Schritte näherten sich
auf dem Gang, aber ich war unfähig, den Kopf zu drehen. Erst als er sich über
mich beugte, erkannte ich, dass es Gideon war.
    »Was ist
los?«, flüsterte er und hockte sich vor mich auf den Boden.
    Ich konnte
ihm nicht antworten, ich schüttelte nur stumm den Kopf.
    »Ein
Irrtum, Grace?« Falk de Villiers war mühelos zu verstehen. »Die Frau hat auch
dich auf einem Foto wiedererkannt, die vorgebliche große Schwester, die ihr
einen Umschlag mit einer unfassbar hohen Geldsumme überreicht hatte. Und sie
erkannte den Mann, der Lucy während der Geburt die Hand gehalten hat! Meinen
Bruder!«
    Und als ob
ich es noch nicht begriffen hätte, setzte er hinzu: »Gwendolyn ist das Kind
von Lucy und Paul!«
    Mir
entwich ein merkwürdiges Wimmern. Gideon, der ganz blass im Gesicht geworden
war, nahm meine Hände.
    Drinnen im
Drachensaal begann meine Mum zu weinen.
    Nur dass
es nicht meine Mum war.
    »Das wäre
alles nicht nötig gewesen, wenn ihr sie in Ruhe gelassen hättet«, schluchzte
sie. »Wenn ihr sie nicht so gnadenlos verfolgt hättet.«
    »Niemand
wusste, dass Lucy und Paul ein Kind erwarteten!«, sagte Falk heftig.
    »Sie
hatten einen Diebstahl begangen«, schnaubte Dr. White. »Sie hatten den
wertvollsten Besitz der Loge gestohlen und waren im Begriff, alles zunichte zu
machen, was über Jahrhunderte ...«
    »Ach,
seien Sie doch still«, rief Mum. »Sie haben diese jungen Menschen gezwungen,
ihre geliebte Tochter zurückzulassen, nur zwei Tage nach ihrer Geburt!«
    Das war
der Moment, an dem ich - ich weiß nicht wie - zurück auf meine Beine sprang.
Ich konnte unmöglich auch nur noch eine Sekunde länger zuhören.
    »Gwenny!«,
sagte Gideon eindringlich, aber ich schüttelte seine Hände ab und rannte los.
    »Wo willst
du hin?« Nach wenigen Schritten hatte er mich eingeholt.
    »Nur weg
von hier!« Ich rannte noch schneller. Das Porzellan in den Vitrinen, an denen
wir vorbeikamen, klirrte leise.
    Gideon
griff nach meiner Hand. »Ich komme mit dir!«, sagte er. »Ich lass dich jetzt
nicht allein.«
    Irgendwo
hinter uns in den Gängen rief jemand unsere Namen.
    »Ich will
nicht...«, keuchte ich. »Ich will mit niemandem reden.«
    Gideons
Griff um meine Hand wurde fester. »Ich weiß, wo uns die nächsten Stunden
niemand findet. Hier entlang!«
     
    Aus
den Inquisitionsprotokollen des Dominikanerpaters Gian Petro Baribi Archive der
Universitätsbibliothek Padua (entschlüsselt, übersetzt und bearbeitet von Dr.
M. Giordano)
     
    27. Juni 1542 Ohne mein Wissen hat M. Pater Dominikus vom dritten Orden,
einen Mann mit überaus zweifelhaftem Ruf, zu einem Exorzismus der besonderen
Art überredet, um seine Tochter Elisabetta von ihrer angeblichen Besessenheit
zu heilen. Als mich die Kunde von diesem frevlerischen Vorhaben ereilte, war es
bereits zu spät. Obwohl ich mir Zugang zu der Kapelle verschaffte, in der der
schändliche Vorgang stattfand, konnte ich nicht verhindern, dass dem Mädchen
fragwürdige Substanzen verabreicht wurden, die sie aus dem Mund schäumen, die
Augäpfel verdrehen und in wirren Zungen reden ließen, während Pater Dominikus
sie mit Weihwasser besprengte. Infolge dieser Behandlung, von der ich mich
nicht scheue, das Wort »Folter« anzuwenden, verlor Elisabetta noch in derselben
Nacht die Frucht ihres Leibes. Vor seiner Abreise zeigte der Vater sich ohne
Reue, aber voller Triumph über die Austreibung des Dämons. Elisabettas
Geständnis, unter dem Einfluss der Substanzen und Schmerzen entstanden, hat er
sorgfältig protokolliert und als Beweis für seinen Irrsinn niedergeschrieben.
Ich habe eine Abschrift dankend abgelehnt — mein Bericht an den Leiter der
Kongregation wird ohnehin schon auf Unverständnis stoßen, so viel ist sicher.
Ich wünschte mir nur, mit meinem Berieht dazu beitragen zu können, dass M.

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