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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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Geigenton
erklang. Endlich! Das war sicher das längste Menuett der Welt gewesen! Ich sank
erleichtert in meine Reverenz und wandte mich zum Gehen, bevor Gideon mir seine
Hand reichen (oder vielmehr nach meiner greifen) konnte. Ich ärgerte mich über
mein wenig durchdachtes Gespräch mit James - es schien mir doch
unwahrscheinlich, dass er zu unserer Verabredung im Park erscheinen würde. Ich
musste noch einmal mit ihm reden und versuchen, ihm dieses Mal die Wahrheit zu
sagen.
    Wo war er
nur? Diese blöden weißen Männerperücken sahen aber auch alle gleich aus. Die
Tanzreihen hatten sich Z-förmig durch den riesigen Saal geschlängelt und nun waren
wir an einer ganz anderen Stelle angelangt. Ich reckte den Kopf über das
Menschengewusel und bemühte mich um Orientierung. Gerade glaubte ich, einen
Blick auf James' roten Samtrock zu erhaschen, als Gideon mich am Ellenbogen
festhielt.
    »Hier
geht's lang!«, sagte er knapp.
    Ich hatte
seinen Befehlston allmählich wirklich satt! Es war aber gar nicht mehr nötig,
ihn abzuschütteln, das erledigte Lady Lavinia, die sich in einer Wolke von
Maiglöckchenduft zwischen uns schob.
    »Ihr habt
mir noch einen Tanz versprochen«, sagte sie schmollend und ihr Lächeln zauberte
gleichzeitig niedliche Grübchen in ihre Wangen.
    Hinter ihr
bahnte sich Lord Brompton schnaufend einen Weg durch die Menge. »So! Genug
getanzt für diese Saison«, sagte er. »Ich werde allmählich zu fe... alt für
dieses Vergnügen. Apropos Vergnügen: Hat noch jemand außer mir meine liebe
Gattin mit diesem schneidigen Konteradmiral gesehen, der angeblich erst
kürzlich in der Schlacht seinen Arm verloren hat? Nun, alles Gerüchte! Ich
konnte deutlich erkennen, dass es zwei Arme waren, mit denen er nach ihr
gegriffen hat.« Er lachte und seine zahlreichen Doppelkinne gerieten gefährlich
ins Beben.
    Das
Orchester begann wieder zu spielen und schon formierten sich neue Reihen.
»Ach, bitte! Ihr werdet mich doch nicht abweisen«, sagte Lady Lavinia, wobei
sie sich an Gideons Rockaufschläge krallte und schmachtend zu ihm aufsah. »Nur
diesen einen Tanz.«
    »Ich hatte
meiner Schwester gerade versprochen, ihr etwas zu trinken zu besorgen«, sagte
Gideon und bedachte mich mit einem finsteren Blick. Na klar, er war sauer, dass
ich ihn vom Flirten abhielt. »Und der Graf wartet dort hinten auf unsere
Gesellschaft.« Der Graf hatte inzwischen seinen Platz auf dem Balkon verlassen,
aber nicht etwa, um sich hinzusetzen und etwas auszuruhen. Er spähte mit seinen
Adleraugen zu uns hinüber und sah aus, als ob er jedes Wort verstünde.
    »Es wäre
mir eine Ehre, Ihrer werten Schwester etwas zu trinken zu besorgen«, mischte
sich Lord Brompton ein und zwinkerte mir zu. »Bei mir ist sie in den
allerbesten Händen.«
    »Seht
Ihr!« Lady Lavinia zog Gideon lachend zurück auf die Tanzfläche.
    »Ich bin
gleich wieder da«, versicherte er mir über seine Schulter hinweg. »Nur keine
Eile«, knurrte ich.
    Lord
Brompton setzte seine Fettmassen in Bewegung. »Ich kenne da ein ganz besonderes
Plätzchen«, sagte er und winkte mir zu. »Man nennt es auch den Winkel der
alten Jungfern, aber das soll uns nicht weiter stören. Die werden wir schon mit
unanständigen Geschichten vergraulen.« Er führte mich ein paar Stufen auf eine
kleine Empore hinauf, wo ein Sofa stand, von dessen erhöhter Lage man eine
großartige Übersicht hatte. Hier saßen tatsächlich zwei nicht mehr ganz so
junge und ganz so hübsche Damen, die bereitwillig ihre Röcke beiseiterafften,
um mir Platz zu machen.
    Lord
Brompton rieb sich die Hände. »Gemütlich, nicht wahr? Ich werde mit dem Grafen
und etwas zu trinken wiederkommen. Ich eile!« Das tat er wirklich, wie ein
galoppierendes Flusspferd schob er seinen massigen Leib durch das Samt-,
Seiden- und Brokatmeer. Ich nutzte meinen erhöhten Posten, um nach James
Ausschau zu halten. Aber ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Dafür sah ich Lady
Lavinia und Gideon ganz in der Nähe tanzen und es versetzte mir einen Stich,
wie gut sie miteinander harmonierten. Sogar die Farbe ihrer Kleidung passte zusammen,
als hätte Madame Rossini sie höchstpersönlich ausgesucht. Jedes Mal wenn ihre
Hände sich berührten, schienen elektrische Funken zwischen ihnen zu fliegen und
sie unterhielten sich offensichtlich blendend miteinander. Mir war, als könne
ich Lady Lavinias perlendes Lachen bis hierhin vernehmen.
    Die beiden
alten Jungfern neben mir seufzten sehnsüchtig. Abrupt stand ich auf. Das musste
ich

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