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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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In der oberen Leiste des Bildschirmrahmens befand sich eine Webkamera. Der junge Mann trug sackartige kakifarbene Kleidung, und auf seinen wuscheligen, pechschwarz gefärbten Haaren saß ein mit Totenköpfen verzierter riesiger Kopfhörer. Mit einem kurzen Blick auf das Umfeld des Schreibtischs konnte Sara ausmachen, dass eine erschreckende Unordnung im Zimmer des Teenagers herrschte. Die fahle Aprilsonne schien durch ein verdrecktes Fenster herein und ließ das glänzende schwarze Haar des jungen Mannes leuchten, der nun damit beschäftigt war, den Kopfhörer ohne Verluste von den dunklen Strähnen zu ziehen. Sie stieß ein rasches »Sorry« aus und schloss die Tür wieder. Als sie sich umdrehte, stand die Tür gegenüber offen und wies in eine umso kontrastreicher erscheinende Dunkelheit. Sie trat näher und warf einen Blick hinein.
    Im gedämpften bläulichen Licht eines Computerbildschirms sah sie Kerstin Holm einen blonden, groß gewachsenen Mann im Anzug begrüßen. Jetzt wandte er sich Sara zu und streckte die Hand aus.
    Â»Das ist Kriminalinspektorin Sara Svenhagen«, stellte Kerstin sie vor.
    Â»Freut mich, hej«, sagte der Mann mit seiner tiefen Baritonstimme. »Carl-Henric Stiernmarck. Wir sollten vielleicht irgendwo anders hingehen. Mein Arbeitszimmer ist etwas dunkel.«
    Â»Hier ist es schon in Ordnung«, entgegnete Kerstin Holm. »Wenn Sie nur noch etwas Licht machen würden?«
    Â»Ich habe mich verlaufen«, gestand Sara Svenhagen und wies vage auf die gegenüberliegende Tür.
    Â»Und sind bei Johannes gelandet.« Stiernmarck nickte mit einem schiefen Lächeln. »Er hat heute Lehrerfortbildungstag. Man muss sich nur einmal vorstellen, dass sein Zimmer bis vor zwei Stunden noch vollkommen sauber und ordentlich war.«
    Â»Sie haben also jemanden, der bei Ihnen putzt?«, fragte Kerstin Holm, während sie den Kopf in einer unschuldsvollen Geste etwas schief legte.
    Stiernmarck lachte auf und sagte: »Ja, wir haben jemanden, der uns ein wenig hilft, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie deswegen hergekommen sind. Bitte setzen Sie sich doch. Es gibt hier in der Dunkelheit sogar ein Besuchersofa. Warten Sie, ich mache Ihnen Licht.«
    Eine ziemlich unbehagliche Neonröhre breitete ihr helles Licht über das Arbeitszimmer aus.
    Â»Entschuldigen Sie die Lampe«, sagte Stiernmarck und nahm in einem Sessel gegenüber den beiden Frauen auf dem Sofa Platz. »Wir haben es noch nicht geschafft, sie auszuwechseln, obwohl wir bereits vor drei Jahren eingezogen sind. Wir wussten nicht recht, was wir mit diesem dunklen Raum anfangen sollten, als wir das Haus kauften. Schließlich habe ich mich geopfert. Ich arbeite sowieso nicht so viel zu Hause.«
    Â»Sondern im Hauptbüro Ihres Firmensitzes in Nacka strand?«
    Â»Ja, hauptsächlich, aber ich bin auch oft in der Fabrikation.«
    Â»Also in der Möbelfabrik außerhalb von Nynäshamn?«
    Â»Korrekt. Die Endymion möbelsystem AB . Wie Sie sicher wissen. Sie sitzen übrigens gerade auf einem klassischen Endymion -Sofa, dem inzwischen vergriffenen Modell Mesomene.«
    Â»Ziemlich bequem«, befand Sara Svenhagen aufrichtig und lehnte sich zurück.
    Â»Stagnelius, oder?«, fragte Kerstin Holm. »›Nur im Traum zu den Menschen / steigt der Olympus herab.‹ Endymion ist der schöne schlafende Hirte, in den sich die Mondgöttin Selene verliebt.«
    Â»Wunderbar, einer gebildeten Polizistin gegenüberzusitzen«, sagte Carl-Henric Stiernmarck mit einem breiten Lächeln. »Vor allem aber schläft Endymion richtig gut. Mein Vater hatte den Einfall, als er die Firma aufbaute. Auf unseren Möbelstücken sitzt oder liegt man immer so gut, dass man Gefahr läuft einzuschlafen.«
    Â»Zweifellos«, gab Sara Svenhagen zu.
    Â»Aber wenn ich mich recht erinnere«, meinte Kerstin Holm nachdenklich, »bekam Endymion lediglich im Traum Besuch von der Göttin Selene.«
    Â»Dann hat Selene es aber sehr geschickt angestellt, die Schlafmütze aufzuwecken«, entgegnete Stiernmarck und lächelte immer noch. »Sie haben immerhin fünfzig Kinder bekommen.«
    Â»Fünfzig?«, rief Sara aus, der langsam bewusst wurde, welche Rolle sie in diesem Gespräch übernehmen würde.
    Â»Ja.« Stiernmarck nickte.
    Â»Es kommt nicht gerade oft vor, dass sich schwedische Unternehmer so gut in klassischer

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